Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.namentlich in Absicht auf die czechische Nationalität, die Ihnen doch zunächst am Welche Staatsweisheit und welch großer Sinn kündigt sich in diesem albernen Nachdem nun der Herr Unterstaatssecretär noch mancherlei von dem Schmerze, Solch' stille Verachtung ist der letzte Trost der Unfähigkeit; es liegt eine Noch ein Wort, ehe wir uus trennen. Wenn Sie manchmal die Grenzboten namentlich in Absicht auf die czechische Nationalität, die Ihnen doch zunächst am Welche Staatsweisheit und welch großer Sinn kündigt sich in diesem albernen Nachdem nun der Herr Unterstaatssecretär noch mancherlei von dem Schmerze, Solch' stille Verachtung ist der letzte Trost der Unfähigkeit; es liegt eine Noch ein Wort, ehe wir uus trennen. Wenn Sie manchmal die Grenzboten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0082" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278592"/> <p xml:id="ID_243" prev="#ID_242"> namentlich in Absicht auf die czechische Nationalität, die Ihnen doch zunächst am<lb/> Herzen liege, haben müsse; ich erinnerte Sie, daß gerade die Periode der höch¬<lb/> sten Kraftentwicklung unseres Heimathlandes, die Zeit der Religionskriege es ge¬<lb/> wesen, welche die Macht des Landes gebrochen, Bildung und Gesittung auf<lb/> Jahrhunderte zurückgeworfen, die zu so hoher Stufe gediehne Pflege einheimi¬<lb/> scher Sprache und Literatur aufgehalten, gelähmt, unterdrückt habe; ich stellte<lb/> Ihnen vor, daß ein Bürgerkrieg in dem jetzigen Zeitpunkte nnr die Folge haben<lb/> könne, daß sich die deutschen Kreise Böhmens Deutschland in die Arme werfen<lb/> und die Czechen von der Macht des gesammten Deutschlands erdrückt werden,<lb/> oder --so endigte ich — „die nickt czechischen Kreise sagen sich los von den an¬<lb/> dern und schlagen sich zu Deutschland. — Sie sollen zum Teufel gehen, wenn<lb/> sie nicht bei uns bleiben wollen, warfen Sie heftig darein. — Darauf ich: wenn<lb/> Ihnen das für nichts gilt, mir ist es nicht gleichgültig; mir „würde es das Herz<lb/> zerschneiden, wenn ich mein schönes Vaterland getheilt sähe!" —<lb/> '</p><lb/> <p xml:id="ID_244"> Welche Staatsweisheit und welch großer Sinn kündigt sich in diesem albernen<lb/> Geklätsch an! Hätte der Unterstaatssecretär mit dem Deputirten Pinkas in jener<lb/> Nacht eine Parthie l'Hombre gespielt, ich würde es weit eher entschuldigt haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_245"> Nachdem nun der Herr Unterstaatssecretär noch mancherlei von dem Schmerze,<lb/> verkannt zu sein, von dem Bewußtsein, das seiue Brust gegen die Pfeile stählt,<lb/> die von allen Seiten ans ihn abgeschossen werden, und von der festen Ergebung,<lb/> mit der er die Widerwärtigkeiten seiner Stellung zu tragen denke, gesprochen,<lb/> schließt er mit folgende» Worten: „Dies, mein Herr, meine Erwiderung! Dies<lb/> einemal habe ich geantwortet, damit es für die Zukunft nicht den Anschein habe,<lb/> als könne ich nicht antworten, wenn ich nicht antworten will! Ich werde mich<lb/> nicht mehr einlassen, weder gegen Sie, noch gegen andere. Einmal ob der Wucht<lb/> meiner Geschäfte, die mir wahrlich nicht die Zeit läßt, jeden Handschuh aufzuhe¬<lb/> ben, der mir herausfordernd umgeworfen wird. Dann aber, weil ich es unter<lb/> meiner Würde halte - wohl gemerkt, damit Sie nicht ans eine falsche Vermu¬<lb/> thung kommen, nicht unter meiner Würde als Unterstaatssecretär, sondern unter<lb/> meiner Würde als Maun von Ehre, dem es nur zu wohl bekannt ist, daß er in<lb/> solcher Zeit Angriffen und Verdächtigungen nicht entgeht. Mir schwebt dabei ein<lb/> Ausspruch Nöthe's vor Ange». Gegen diesen beklagte sich einst Jean Paul über<lb/> die Plumpheit der Angriffe, denen er ausgesetzt sei, und meinte: Nun werde er<lb/> aber nicht mehr antworten, es sei denn, daß ihn jemand beschuldige, einen sil¬<lb/> bernen Löffel gestohlen zu haben." — „Auch dann thun Sie es uicht, mein<lb/> Freund!" erwiederte ruhig lächelnd Altmeister Goethe. „Wer dnrch ein Dorf<lb/> reitet, den bellen die Hunde an, weil er hoch sitzt und schneller vorwärts kommt,<lb/> als sie!"</p><lb/> <p xml:id="ID_246"> Solch' stille Verachtung ist der letzte Trost der Unfähigkeit; es liegt eine<lb/> Romantik darin, auf die sich ein frommes Gemüth sehr wohl verstehen wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_247" next="#ID_248"> Noch ein Wort, ehe wir uus trennen. Wenn Sie manchmal die Grenzboten<lb/> gelesen haben, so werden Sie sich zu erinnern wissen, daß es eine Zeit gab, wo<lb/> Sie zu unserer Partei gehörten. Wir sind der dithyrambischen Neligionöschwär-<lb/> merei der Jugend entgegengetreten, welcher der Feuertrank des Idealismus zu<lb/> Kopfe stieg, aber eben so bestimmt müssen wir uus gege^> die Frivolität der Be¬<lb/> schränktheit erklären, der es an Ideen fehlt. Wir erwarteten, daß Ihre Gönner<lb/> der Revolution ein verständiges Maß geben, nicht aber unter der Aegide des all¬<lb/> gemeinen Belagerungszustandes einen Tempelraub begehen würden; so wie man<lb/> etwa die Hausbewohner zu binden und zu knebeln pflegt, wenn man silberne Löffel<lb/> und andere Dinge von Werth entwenden will. Daß mich Sie Ihre Hand M<lb/> der häßlichen Geschichte hatten, ist vollends unverzeihlich; denn Sie sind noch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0082]
namentlich in Absicht auf die czechische Nationalität, die Ihnen doch zunächst am
Herzen liege, haben müsse; ich erinnerte Sie, daß gerade die Periode der höch¬
sten Kraftentwicklung unseres Heimathlandes, die Zeit der Religionskriege es ge¬
wesen, welche die Macht des Landes gebrochen, Bildung und Gesittung auf
Jahrhunderte zurückgeworfen, die zu so hoher Stufe gediehne Pflege einheimi¬
scher Sprache und Literatur aufgehalten, gelähmt, unterdrückt habe; ich stellte
Ihnen vor, daß ein Bürgerkrieg in dem jetzigen Zeitpunkte nnr die Folge haben
könne, daß sich die deutschen Kreise Böhmens Deutschland in die Arme werfen
und die Czechen von der Macht des gesammten Deutschlands erdrückt werden,
oder --so endigte ich — „die nickt czechischen Kreise sagen sich los von den an¬
dern und schlagen sich zu Deutschland. — Sie sollen zum Teufel gehen, wenn
sie nicht bei uns bleiben wollen, warfen Sie heftig darein. — Darauf ich: wenn
Ihnen das für nichts gilt, mir ist es nicht gleichgültig; mir „würde es das Herz
zerschneiden, wenn ich mein schönes Vaterland getheilt sähe!" —
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Welche Staatsweisheit und welch großer Sinn kündigt sich in diesem albernen
Geklätsch an! Hätte der Unterstaatssecretär mit dem Deputirten Pinkas in jener
Nacht eine Parthie l'Hombre gespielt, ich würde es weit eher entschuldigt haben.
Nachdem nun der Herr Unterstaatssecretär noch mancherlei von dem Schmerze,
verkannt zu sein, von dem Bewußtsein, das seiue Brust gegen die Pfeile stählt,
die von allen Seiten ans ihn abgeschossen werden, und von der festen Ergebung,
mit der er die Widerwärtigkeiten seiner Stellung zu tragen denke, gesprochen,
schließt er mit folgende» Worten: „Dies, mein Herr, meine Erwiderung! Dies
einemal habe ich geantwortet, damit es für die Zukunft nicht den Anschein habe,
als könne ich nicht antworten, wenn ich nicht antworten will! Ich werde mich
nicht mehr einlassen, weder gegen Sie, noch gegen andere. Einmal ob der Wucht
meiner Geschäfte, die mir wahrlich nicht die Zeit läßt, jeden Handschuh aufzuhe¬
ben, der mir herausfordernd umgeworfen wird. Dann aber, weil ich es unter
meiner Würde halte - wohl gemerkt, damit Sie nicht ans eine falsche Vermu¬
thung kommen, nicht unter meiner Würde als Unterstaatssecretär, sondern unter
meiner Würde als Maun von Ehre, dem es nur zu wohl bekannt ist, daß er in
solcher Zeit Angriffen und Verdächtigungen nicht entgeht. Mir schwebt dabei ein
Ausspruch Nöthe's vor Ange». Gegen diesen beklagte sich einst Jean Paul über
die Plumpheit der Angriffe, denen er ausgesetzt sei, und meinte: Nun werde er
aber nicht mehr antworten, es sei denn, daß ihn jemand beschuldige, einen sil¬
bernen Löffel gestohlen zu haben." — „Auch dann thun Sie es uicht, mein
Freund!" erwiederte ruhig lächelnd Altmeister Goethe. „Wer dnrch ein Dorf
reitet, den bellen die Hunde an, weil er hoch sitzt und schneller vorwärts kommt,
als sie!"
Solch' stille Verachtung ist der letzte Trost der Unfähigkeit; es liegt eine
Romantik darin, auf die sich ein frommes Gemüth sehr wohl verstehen wird.
Noch ein Wort, ehe wir uus trennen. Wenn Sie manchmal die Grenzboten
gelesen haben, so werden Sie sich zu erinnern wissen, daß es eine Zeit gab, wo
Sie zu unserer Partei gehörten. Wir sind der dithyrambischen Neligionöschwär-
merei der Jugend entgegengetreten, welcher der Feuertrank des Idealismus zu
Kopfe stieg, aber eben so bestimmt müssen wir uus gege^> die Frivolität der Be¬
schränktheit erklären, der es an Ideen fehlt. Wir erwarteten, daß Ihre Gönner
der Revolution ein verständiges Maß geben, nicht aber unter der Aegide des all¬
gemeinen Belagerungszustandes einen Tempelraub begehen würden; so wie man
etwa die Hausbewohner zu binden und zu knebeln pflegt, wenn man silberne Löffel
und andere Dinge von Werth entwenden will. Daß mich Sie Ihre Hand M
der häßlichen Geschichte hatten, ist vollends unverzeihlich; denn Sie sind noch
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