Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.doch anders für gut befunden, es hat den Reichstag ruhig fortträumen lassen, um Wir werden ans dem Gespräche, welches der Herr Unterstaatssecretär mit "Der Verlauf des Gespräches war folgender: Ich berief mich darauf, wie "Doch ich komme zur Hauptsache, zu dem Hauptpunkte Ihrer Anklage gegen doch anders für gut befunden, es hat den Reichstag ruhig fortträumen lassen, um Wir werden ans dem Gespräche, welches der Herr Unterstaatssecretär mit „Der Verlauf des Gespräches war folgender: Ich berief mich darauf, wie „Doch ich komme zur Hauptsache, zu dem Hauptpunkte Ihrer Anklage gegen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0081" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278591"/> <p xml:id="ID_239" prev="#ID_238"> doch anders für gut befunden, es hat den Reichstag ruhig fortträumen lassen, um<lb/> ihm dasjenige, was einzelne Mitglieder desselben aus dein Traume heransgespro-<lb/> cheu hatten, als Hochverrath zu impntiren.</p><lb/> <p xml:id="ID_240"> Wir werden ans dem Gespräche, welches der Herr Unterstaatssecretär mit<lb/> dem Abgeordneten Pinkas in jener berühmten Nacht geführt hat und das er uns<lb/> in seiner Broschüre vollständig mittheilt, ein gedrängtes Verzeichnis) der Rcichs-<lb/> tagssüudeu herauslesen können. Der Kanon der ministeriellen Moral ist leider<lb/> ein überwundener Standpunkt. Doch lassen wir den Prediger selbst zu Worte<lb/> kommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_241"> „Der Verlauf des Gespräches war folgender: Ich berief mich darauf, wie<lb/> ich es gewesen, der in Olmütz während den Octobertagen mit Brauner für die<lb/> Aufrechthaltung des Reichstags gekämpft; ich erklärte, wie ich fort und fort die<lb/> Hoffnung genährt, den Wunsch ausgesprochen habe, daß dem Reichstage es ge¬<lb/> lingen möge, die Verfassung Hand in Hand mit der Krone zu Stande zu bringe»;<lb/> ich sagte, wie ich endlich die traurige Ueberzeugung gewonnen, daß dieser<lb/> Reichstag nicht die Fähigkeit habe, das große Werk zu einem gedeihlichen Ende<lb/> zu führen; ich berief mich zum Beweise dessen auf die letzten Vorgänge in der<lb/> Kirchenfrage und hab ferner, wie der Reichstag seine Stellung und Aufgabe ganz<lb/> aus den Augen verloren, wie er sich herausgenommen, in ein Gebiet hinüberzu¬<lb/> greifen,' das nicht das seinige, über Dinge zu urtheilen, über die er uicht Richter,<lb/> einen Wirkungskreis sich anzumaßen, der ihm nicht eigen. - Sie fragen, ob<lb/> ich unter dem Verlangen nach kirchlichen Synoden Neligivusmacherei zu verstehen<lb/> beliebe. Der Himmel bewahre! das beliebe ich nicht NeligivnSmacherei zu nennen.<lb/> Sonst müßte ich mich auch derselben beschuldige»; denn ich hege selbst das leb¬<lb/> hafteste Verlange,', daß eS unsere Bischöfe für gut finden mögen, diese mächtigen<lb/> Hebel einer heilsamen Kirchenreform bald möglichst in Bewegung zu setzen. Aber,<lb/> wein Herr, Sie wissen es so gut wie ich, daß die Majorität des Reichstags es<lb/> Uttbt dabei bewenden ließ, das Verlange» nach kirchlichen Synode» zu hegen.<lb/> gesamutte Verfahren des Reichstages bei Verhandlung der Kirchenfrage, das<lb/> Verfahren, der Kirche vorzuschreiben, i» welcher Weise sie sich constituiren solle,<lb/> welche Schritte sie um ihrer Reform willen zu thun habe, — das, Herr Doctor,<lb/> beliebe ich Religion machen zu nennen." —</p><lb/> <p xml:id="ID_242" next="#ID_243"> „Doch ich komme zur Hauptsache, zu dem Hauptpunkte Ihrer Anklage gegen<lb/> duch. Sie werden sich cnnner», daß in jener Nacht fast mir von Blut, Nevo-<lb/> U'lion, Aufstehen des Volkes, wie ein Mann u. f. w. gesprochen wurde. Ich<lb/> ^Mui, haß es meinem Gemüthe bange Besorgnisse einflöße, wenn ich wahrnehme,<lb/> vie die Ersten der Nation Leidenschaftlichkeit in einem Augenblicke walten ließen,<lb/> Wo Besv»»enden vor Allem Noth thut; ich beschwor Sie, zu bedenken, welches Un-<lb/> vnleine Brandfackel, unter unser leicht entzündbares Volk geschleudert, anstiften könne;<lb/> ^ hielt es Ihnen vor, was für Folgen ein innerer Krieg in unserm Böhmen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0081]
doch anders für gut befunden, es hat den Reichstag ruhig fortträumen lassen, um
ihm dasjenige, was einzelne Mitglieder desselben aus dein Traume heransgespro-
cheu hatten, als Hochverrath zu impntiren.
Wir werden ans dem Gespräche, welches der Herr Unterstaatssecretär mit
dem Abgeordneten Pinkas in jener berühmten Nacht geführt hat und das er uns
in seiner Broschüre vollständig mittheilt, ein gedrängtes Verzeichnis) der Rcichs-
tagssüudeu herauslesen können. Der Kanon der ministeriellen Moral ist leider
ein überwundener Standpunkt. Doch lassen wir den Prediger selbst zu Worte
kommen.
„Der Verlauf des Gespräches war folgender: Ich berief mich darauf, wie
ich es gewesen, der in Olmütz während den Octobertagen mit Brauner für die
Aufrechthaltung des Reichstags gekämpft; ich erklärte, wie ich fort und fort die
Hoffnung genährt, den Wunsch ausgesprochen habe, daß dem Reichstage es ge¬
lingen möge, die Verfassung Hand in Hand mit der Krone zu Stande zu bringe»;
ich sagte, wie ich endlich die traurige Ueberzeugung gewonnen, daß dieser
Reichstag nicht die Fähigkeit habe, das große Werk zu einem gedeihlichen Ende
zu führen; ich berief mich zum Beweise dessen auf die letzten Vorgänge in der
Kirchenfrage und hab ferner, wie der Reichstag seine Stellung und Aufgabe ganz
aus den Augen verloren, wie er sich herausgenommen, in ein Gebiet hinüberzu¬
greifen,' das nicht das seinige, über Dinge zu urtheilen, über die er uicht Richter,
einen Wirkungskreis sich anzumaßen, der ihm nicht eigen. - Sie fragen, ob
ich unter dem Verlangen nach kirchlichen Synoden Neligivusmacherei zu verstehen
beliebe. Der Himmel bewahre! das beliebe ich nicht NeligivnSmacherei zu nennen.
Sonst müßte ich mich auch derselben beschuldige»; denn ich hege selbst das leb¬
hafteste Verlange,', daß eS unsere Bischöfe für gut finden mögen, diese mächtigen
Hebel einer heilsamen Kirchenreform bald möglichst in Bewegung zu setzen. Aber,
wein Herr, Sie wissen es so gut wie ich, daß die Majorität des Reichstags es
Uttbt dabei bewenden ließ, das Verlange» nach kirchlichen Synode» zu hegen.
gesamutte Verfahren des Reichstages bei Verhandlung der Kirchenfrage, das
Verfahren, der Kirche vorzuschreiben, i» welcher Weise sie sich constituiren solle,
welche Schritte sie um ihrer Reform willen zu thun habe, — das, Herr Doctor,
beliebe ich Religion machen zu nennen." —
„Doch ich komme zur Hauptsache, zu dem Hauptpunkte Ihrer Anklage gegen
duch. Sie werden sich cnnner», daß in jener Nacht fast mir von Blut, Nevo-
U'lion, Aufstehen des Volkes, wie ein Mann u. f. w. gesprochen wurde. Ich
^Mui, haß es meinem Gemüthe bange Besorgnisse einflöße, wenn ich wahrnehme,
vie die Ersten der Nation Leidenschaftlichkeit in einem Augenblicke walten ließen,
Wo Besv»»enden vor Allem Noth thut; ich beschwor Sie, zu bedenken, welches Un-
vnleine Brandfackel, unter unser leicht entzündbares Volk geschleudert, anstiften könne;
^ hielt es Ihnen vor, was für Folgen ein innerer Krieg in unserm Böhmen
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