Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.und genehmigt, welcher jene unbedingte Giltigkeit aller deutschen Reichsgesetze und genehmigt, welcher jene unbedingte Giltigkeit aller deutschen Reichsgesetze <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0067" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278577"/> <p xml:id="ID_204" prev="#ID_203" next="#ID_205"> und genehmigt, welcher jene unbedingte Giltigkeit aller deutschen Reichsgesetze<lb/> für Hamburg auszusprechen bestimmt ist. Um auch durch eiuen greifbaren Beweis<lb/> ihr unverbrüchliches Festhalten an den Grundrechten des deutschen Volkes zu be¬<lb/> kunden, folgte die coustituireude Versammlung bereitwillig einer Einladung deö<lb/> Centralcvmitl-S der verbundenen Vereine, und wohnte der Feier jener Grundrechte<lb/> am 25. Februar d. I. als Körperschaft bei. — Der demokratischen Partei<lb/> gegenüber steht die conservative, namentlich vertreten in dem „patriotischen Vereine."<lb/> Sie setzt dem überstürzenden Eifer jener Ruhe nud Mäßigung und oft die größere<lb/> Intelligenz entgegen. Das Gute früherer Zustände conserviren zu wollen, eben<lb/> weil es sich als gut bewährt hat, ist vollkommen vernunftgemäß; thöricht aber<lb/> ist es — und diesen Fehler begeht die conservative Partei nicht selten — auch<lb/> das festhalten zu wollen, was im entschiedenen Widerspruch mit geläuterten Zeit¬<lb/> ideen steht. Der Parteienkampf ist ein gesundes Element des Staatslebens, wenn<lb/> der Kampf ehrlich und würdig geführt wird; aber hier, wie leider auch anderswo<lb/> sind Verdächtigungen, unwürdige Persönlichkeiten und Schmähungen nur zu oft<lb/> die unreine» Waffen, welche ans beiden Seiten in den Kampf geführt werden,<lb/> und gerade diese Art des Streites ist Schuld daran, daß die conservative Partei<lb/> häusig da, wo die bessere Einsicht für sie spricht, anch bei den gemäßigten und<lb/> unbefangenen Gegnern nnr Erbitterung erzeugt, ein Umstand, der im Interesse<lb/> der Freiheit selbst im höchsten Grade beklagenswert!) genannt werden muß. Daß<lb/> das erwachte politische Leben sich hier auch literarisch und gesellig geltend macht,<lb/> ist natürlich. Was die politische Literatur Hamburgs betrifft — die überall leider<lb/> für jetzt noch jede andere absorbirt - - so ist es am besten, darüber zu schweigen.<lb/> Gedruckt wird zum Entsetzen viel, und die politischen Blätter kommen wahrhaft<lb/> wie Pilze nach einem warmen Regen zum Vorschein; aber es ist auch nicht eins,<lb/> das sich über das Niveau der gewöhnlichsten Alltäglichkeit erhübe, keins, in dem<lb/> ein Princip, eine Idee, und in dem sie auf eine würdige Weise vertreten wäre.<lb/> Es existirt hier an der Börse eine sogenannte Schandtafcl, ein schwarzes Brett,<lb/> ans dem die Namen der schlechte» Fallitcu verzeichnet werden; eine solche Tafel<lb/> für die hiesigen Scribler wäre in der That el» unabweisbares Bedürfniß. Eine<lb/> so empörende Maßregel deö alten Polizeistaates es war, mißliebige Schriftsteller<lb/> auszuweisen, eine so wohlthätige Einrichtung würde ein Mittel sein, solche lite¬<lb/> rarische Misere zum Schweigen zu verurtheilen. Auch das gesellige Leben hat<lb/> sich dem politischen Zuge dieser Zelt nicht entziehen tonnen; Theater, Concerte<lb/> und die kleine ein-nmPi«) i-c-lui-llvuso bilden nicht mehr die ausschließlichen Gegen¬<lb/> stände der Unterhaltung. Aber wie einst Heine von Hamburg sagte: „Es gibt<lb/> Gerichte zwischen dem Waudrahmcn und dem Dreckwall, wovon unsere Philosophen<lb/> keine Ahnung haben, so könnte man jetzt behaupten, daß es politische Kannen¬<lb/> gießerei hier gebe, von der Deutschland keinen Begriff habe. Die Politik mit<lb/> ihrer schönsten Errungenschaft ist hier sogar in die Damenwelt gefahren, und es</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0067]
und genehmigt, welcher jene unbedingte Giltigkeit aller deutschen Reichsgesetze
für Hamburg auszusprechen bestimmt ist. Um auch durch eiuen greifbaren Beweis
ihr unverbrüchliches Festhalten an den Grundrechten des deutschen Volkes zu be¬
kunden, folgte die coustituireude Versammlung bereitwillig einer Einladung deö
Centralcvmitl-S der verbundenen Vereine, und wohnte der Feier jener Grundrechte
am 25. Februar d. I. als Körperschaft bei. — Der demokratischen Partei
gegenüber steht die conservative, namentlich vertreten in dem „patriotischen Vereine."
Sie setzt dem überstürzenden Eifer jener Ruhe nud Mäßigung und oft die größere
Intelligenz entgegen. Das Gute früherer Zustände conserviren zu wollen, eben
weil es sich als gut bewährt hat, ist vollkommen vernunftgemäß; thöricht aber
ist es — und diesen Fehler begeht die conservative Partei nicht selten — auch
das festhalten zu wollen, was im entschiedenen Widerspruch mit geläuterten Zeit¬
ideen steht. Der Parteienkampf ist ein gesundes Element des Staatslebens, wenn
der Kampf ehrlich und würdig geführt wird; aber hier, wie leider auch anderswo
sind Verdächtigungen, unwürdige Persönlichkeiten und Schmähungen nur zu oft
die unreine» Waffen, welche ans beiden Seiten in den Kampf geführt werden,
und gerade diese Art des Streites ist Schuld daran, daß die conservative Partei
häusig da, wo die bessere Einsicht für sie spricht, anch bei den gemäßigten und
unbefangenen Gegnern nnr Erbitterung erzeugt, ein Umstand, der im Interesse
der Freiheit selbst im höchsten Grade beklagenswert!) genannt werden muß. Daß
das erwachte politische Leben sich hier auch literarisch und gesellig geltend macht,
ist natürlich. Was die politische Literatur Hamburgs betrifft — die überall leider
für jetzt noch jede andere absorbirt - - so ist es am besten, darüber zu schweigen.
Gedruckt wird zum Entsetzen viel, und die politischen Blätter kommen wahrhaft
wie Pilze nach einem warmen Regen zum Vorschein; aber es ist auch nicht eins,
das sich über das Niveau der gewöhnlichsten Alltäglichkeit erhübe, keins, in dem
ein Princip, eine Idee, und in dem sie auf eine würdige Weise vertreten wäre.
Es existirt hier an der Börse eine sogenannte Schandtafcl, ein schwarzes Brett,
ans dem die Namen der schlechte» Fallitcu verzeichnet werden; eine solche Tafel
für die hiesigen Scribler wäre in der That el» unabweisbares Bedürfniß. Eine
so empörende Maßregel deö alten Polizeistaates es war, mißliebige Schriftsteller
auszuweisen, eine so wohlthätige Einrichtung würde ein Mittel sein, solche lite¬
rarische Misere zum Schweigen zu verurtheilen. Auch das gesellige Leben hat
sich dem politischen Zuge dieser Zelt nicht entziehen tonnen; Theater, Concerte
und die kleine ein-nmPi«) i-c-lui-llvuso bilden nicht mehr die ausschließlichen Gegen¬
stände der Unterhaltung. Aber wie einst Heine von Hamburg sagte: „Es gibt
Gerichte zwischen dem Waudrahmcn und dem Dreckwall, wovon unsere Philosophen
keine Ahnung haben, so könnte man jetzt behaupten, daß es politische Kannen¬
gießerei hier gebe, von der Deutschland keinen Begriff habe. Die Politik mit
ihrer schönsten Errungenschaft ist hier sogar in die Damenwelt gefahren, und es
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