Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.liedersänger, dessen Gusle zum Lobe des Milos Odilia erklang, den Fall des liedersänger, dessen Gusle zum Lobe des Milos Odilia erklang, den Fall des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0054" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278564"/> <p xml:id="ID_163" prev="#ID_162" next="#ID_164"> liedersänger, dessen Gusle zum Lobe des Milos Odilia erklang, den Fall des<lb/> Helden und den Unglückstag von Kossovopolje beweinend. Knicanin ließ 60<lb/> Freiwillige ausheben, die sich in Parthien zu 10 bis 20 aus dem Lager schleichen<lb/> und bei Orlvvat und Lotos recognosciren sollten. Es waren lauter Burschen,<lb/> denen man es ansah , daß sie schon etwelches Leder im Kampfe abgetragen, ihre<lb/> guten Klingen öfter mit Feindesblut getränkt und manche ungläubige Seele von<lb/> ihrer irdischen Hülle befreit. Ein kleines Kreuzchen von Messing ans der linken<lb/> Brust, bezeichnete den einen zwanzig Kopfe starken Zug der sechzig AuSfallsmänner<lb/> als Brüder Haiduken. Da wurde signalisirt, feindliche Plänkler haben sich in der<lb/> Nähe der äußersten Lagerwachen gezeigt, die Ausfallsmannschaft blieb nun zurück,<lb/> nur zwanzig Haiduken wurden auf Schleichpatrouille geschickt. Wir bestiegen, um<lb/> das bevorstehende Gefecht überblicken zu können, ein hölzernes Observationsgerüst, daS<lb/> über dem Denkmal eines an dieser Stelle gefallenen tapfern Grenzvffiziers errich¬<lb/> tet war. Im Jahre 1788 nämlich hatte Hauptmann Radwojewic mit hundert<lb/> Grenzerschützen Tomasovac gegen eine neunfach stärkere türkische Uebermacht ver¬<lb/> theidigt und war an dieser Stelle den Heldentod gestorben. — Unsere Haiduken<lb/> schlichen gebückt ans den Verschanzungen in ein Maisfeld, krochen dann auf dem<lb/> Bauche über eine breite Wiese in einen Weingarten und so fort, bis sie den Hu¬<lb/> saren auf Schußweite unvermerkt nahe gekommen waren. Auf die erste wohlge¬<lb/> zielte Salve sielen sechs, auf die zweite vier Husaren; aus einem Versteck<lb/> stürzten mehrere Horwath-heraus und es ging an ein Handgemenge, Säbel und<lb/> Messer blitzten in der Abendsonne, da knatterten Flintenschüsse, ein Haiduke stürzte<lb/> zusammen, nach kurzem Kampfe aber wichen die Feinde und unsere Haidnken<lb/> kamen mit fünf Gefangenen, einem Husaren und vier Honved's, Burschen in<lb/> blauen Blousen mit schwarzen Schnüren und runden schwarzen Federhüten zurück.<lb/> Auf zusammengesteckten Aesten brachten sie zwei ihrer Kameraden, einen todt,<lb/> den audern schwer verwundet. Wie die Kämpfer das Lager wieder betraten, kro-<lb/> >Hrn die neugierigen Waffenbrüder aus ihren niedern Strohhütten und Erdlöchern<lb/> hervor. Ein überaus bunter, phantastischer Anblick, ein wahrer Maskenball!<lb/> Ein solches Gemisch von Trachten hat wohl selten ein Lagers Umkreis in sich ver¬<lb/> eint! Hier regulirte Grenzer, gleich zwar in der Bewaffnung, aber bunt ver¬<lb/> schieden im Kostüm; die Ueberzahl davon sind Serben, doch finden sich auch<lb/> Slovccken und Wallachen, selbst einige Deutsche darunter. Und erst die Frei-<lb/> schaaren! von all den 3000 sind nicht zwei gleichgekleidet! Hier Serben, dort<lb/> Bosnier, da Arnauten, da Herzogovinaner, dort wieder die stolzen, hochgewachse¬<lb/> nen Söhne der schwarzen Berge, edle Montenegriner, selbst ein Häuflein Türken<lb/> und veritabler Griechen und um das Nationalitätengemäß ganz voll zu machen,<lb/> auch zwei im Bornus, Araber, die früher eines Belgrader Bassa Sclaven waren<lb/> und nach ihrer Freilassung serbisches Handgeld nahmen. Das Trachtenquodlibet<lb/> wird noch bunter durch den Gebrauch, sich mit den Beutstücken nach Möglichkeit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0054]
liedersänger, dessen Gusle zum Lobe des Milos Odilia erklang, den Fall des
Helden und den Unglückstag von Kossovopolje beweinend. Knicanin ließ 60
Freiwillige ausheben, die sich in Parthien zu 10 bis 20 aus dem Lager schleichen
und bei Orlvvat und Lotos recognosciren sollten. Es waren lauter Burschen,
denen man es ansah , daß sie schon etwelches Leder im Kampfe abgetragen, ihre
guten Klingen öfter mit Feindesblut getränkt und manche ungläubige Seele von
ihrer irdischen Hülle befreit. Ein kleines Kreuzchen von Messing ans der linken
Brust, bezeichnete den einen zwanzig Kopfe starken Zug der sechzig AuSfallsmänner
als Brüder Haiduken. Da wurde signalisirt, feindliche Plänkler haben sich in der
Nähe der äußersten Lagerwachen gezeigt, die Ausfallsmannschaft blieb nun zurück,
nur zwanzig Haiduken wurden auf Schleichpatrouille geschickt. Wir bestiegen, um
das bevorstehende Gefecht überblicken zu können, ein hölzernes Observationsgerüst, daS
über dem Denkmal eines an dieser Stelle gefallenen tapfern Grenzvffiziers errich¬
tet war. Im Jahre 1788 nämlich hatte Hauptmann Radwojewic mit hundert
Grenzerschützen Tomasovac gegen eine neunfach stärkere türkische Uebermacht ver¬
theidigt und war an dieser Stelle den Heldentod gestorben. — Unsere Haiduken
schlichen gebückt ans den Verschanzungen in ein Maisfeld, krochen dann auf dem
Bauche über eine breite Wiese in einen Weingarten und so fort, bis sie den Hu¬
saren auf Schußweite unvermerkt nahe gekommen waren. Auf die erste wohlge¬
zielte Salve sielen sechs, auf die zweite vier Husaren; aus einem Versteck
stürzten mehrere Horwath-heraus und es ging an ein Handgemenge, Säbel und
Messer blitzten in der Abendsonne, da knatterten Flintenschüsse, ein Haiduke stürzte
zusammen, nach kurzem Kampfe aber wichen die Feinde und unsere Haidnken
kamen mit fünf Gefangenen, einem Husaren und vier Honved's, Burschen in
blauen Blousen mit schwarzen Schnüren und runden schwarzen Federhüten zurück.
Auf zusammengesteckten Aesten brachten sie zwei ihrer Kameraden, einen todt,
den audern schwer verwundet. Wie die Kämpfer das Lager wieder betraten, kro-
>Hrn die neugierigen Waffenbrüder aus ihren niedern Strohhütten und Erdlöchern
hervor. Ein überaus bunter, phantastischer Anblick, ein wahrer Maskenball!
Ein solches Gemisch von Trachten hat wohl selten ein Lagers Umkreis in sich ver¬
eint! Hier regulirte Grenzer, gleich zwar in der Bewaffnung, aber bunt ver¬
schieden im Kostüm; die Ueberzahl davon sind Serben, doch finden sich auch
Slovccken und Wallachen, selbst einige Deutsche darunter. Und erst die Frei-
schaaren! von all den 3000 sind nicht zwei gleichgekleidet! Hier Serben, dort
Bosnier, da Arnauten, da Herzogovinaner, dort wieder die stolzen, hochgewachse¬
nen Söhne der schwarzen Berge, edle Montenegriner, selbst ein Häuflein Türken
und veritabler Griechen und um das Nationalitätengemäß ganz voll zu machen,
auch zwei im Bornus, Araber, die früher eines Belgrader Bassa Sclaven waren
und nach ihrer Freilassung serbisches Handgeld nahmen. Das Trachtenquodlibet
wird noch bunter durch den Gebrauch, sich mit den Beutstücken nach Möglichkeit
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