Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.Kaiser Konstantin den: Großen und der Kaiserin Helene. Konstantin wird darin Die Ankunft eines junge" Serben, dessen Bandelier die Devise slolwilv Ein Adjutant meldete, daß sich in den etwa eine halbe Stunde vom Lager
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Kaiser Konstantin den: Großen und der Kaiserin Helene. Konstantin wird darin Die Ankunft eines junge» Serben, dessen Bandelier die Devise slolwilv Ein Adjutant meldete, daß sich in den etwa eine halbe Stunde vom Lager
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<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0053" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278563"/> <p xml:id="ID_160" prev="#ID_159"> Kaiser Konstantin den: Großen und der Kaiserin Helene. Konstantin wird darin<lb/> als Slave Bulgarischen Stammes gefeiert, unter der verstümmelten Benennung<lb/> Car Kostara ist er jedem Serben geläufig, noch mehr aber Kaiserin Helene<lb/> (Carina Jelena), welche nach dem Liede an strahlender Schönheit und Milde,<lb/> Sonne, Mond und Morgenstern übertrifft*) Die Lieder, allemal im fünffüßigen<lb/> Trochäus mit regelmäßiger Cäsur nach dem zweiten Fuße, werden mit erhobener,<lb/> starker Stimme fast nnr parlando zu der eintönigen Begleitung vorgetragen und<lb/> sind von großer Schönheit, die nur der gehörig zu würdigen weiß, welcher sie<lb/> an Ort und Stelle gehört oder in den Sammlungen des Audriv Kacic und Vuk<lb/> Stefanovic-Karadzic gelesen, die deutschen Uebersetzungen sind durchweg mangel¬<lb/> haft, nicht wenige sogar unterschoben.</p><lb/> <p xml:id="ID_161"> Die Ankunft eines junge» Serben, dessen Bandelier die Devise slolwilv<lb/> su>vjll»8ton" (für die Freiheit und das Slaventhum) schmückte, unterbrach den<lb/> Gesang; er trat zu Knicanin und küßte ihm ehrerbietig die Hand. Dieser zog<lb/> ihn freundlich zu sich und fragte: „Was willst denn Du hier, Herzensjunge" —<lb/> „Mit Euch fechten, Herr Obrist." — „Wo kommst Du her?" — „Graden<lb/> Wegs vou Cupria." — „Weiß Dem Vater davon?".— „Er weiß und gab mir<lb/> diesen Brief an Euch." — Knicanin bemerkte uns während er den Brief erbrach,<lb/> der junge Mann sei der Sohn seines alten Freundes Bogdan Georgjevic, Be¬<lb/> zirkschefs und Obristen von Cupria. „Sein älterer Sohn" — fuhr Knicanin<lb/> fort — „ist bei einem Treffen unfern von Weißkirchen an meiner Seite von einer<lb/> Kartätschenkngel getödtet worden, jetzt schickt mir der Alte den zweiten Sohn Deme-<lb/> ter, den einzigen, den er noch übrig hat, als Stellvertreter für den Gefallenen.</p><lb/> <p xml:id="ID_162" next="#ID_163"> Ein Adjutant meldete, daß sich in den etwa eine halbe Stunde vom Lager<lb/> entfernten Dörfern Botos und Orlovat feindliche Truppen gezeigt. Wir sahen<lb/> einander lachend an, ein Scharmützel gleich in den ersten Stunden der Ankunft<lb/> war mehr als wir gehofft hatten. Knicanin ließ seine Stute vorführen und for¬<lb/> derte mich auf, ihn zu begleiten. Wir sprengten den Hügel hinan, auf welchem<lb/> sich das stark befestigte Lager befand, von drei Seiten von dem Temcsflnß um¬<lb/> spült und von drei großen Redouten geschützt, davou zwei nach den neuesten Re¬<lb/> geln der Fortificatiou aufgeführt waren, die dritte kreisrund nach einer ganz ver¬<lb/> alteten Art, aber sehr praktisch und zweckdienlich. Vou der Mannschaft des La¬<lb/> gers war wenig zu sehen, die meisten steckten in ihren strohgedeckten Erdhütten,<lb/> welche in eine Art paralleler Laufgräben gebant waren, so daß nur hie und dort<lb/> die rothen Käppchen herausguckten. Einige hatten sich um ein Wachtfeuer gela¬<lb/> gert, Würfel spielend und zechend, einige aufmerksam zuhörend um einen Helden-</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note xml:id="FID_2" place="foot"> <quote> <lg xml:id="POEMID_1" type="poem"> <l> *) I^ijs vue> messe, ni <1»mica,<lb/> Uit jo sunno, int j« i>rilio<krich,<lb/> Veo je vno HlovinsK» Krulica<lb/> ?o jinen» Helena ßvspoji».</l> </lg> </quote> </note><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Wrcnzbottn. II. l»is. 7</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0053]
Kaiser Konstantin den: Großen und der Kaiserin Helene. Konstantin wird darin
als Slave Bulgarischen Stammes gefeiert, unter der verstümmelten Benennung
Car Kostara ist er jedem Serben geläufig, noch mehr aber Kaiserin Helene
(Carina Jelena), welche nach dem Liede an strahlender Schönheit und Milde,
Sonne, Mond und Morgenstern übertrifft*) Die Lieder, allemal im fünffüßigen
Trochäus mit regelmäßiger Cäsur nach dem zweiten Fuße, werden mit erhobener,
starker Stimme fast nnr parlando zu der eintönigen Begleitung vorgetragen und
sind von großer Schönheit, die nur der gehörig zu würdigen weiß, welcher sie
an Ort und Stelle gehört oder in den Sammlungen des Audriv Kacic und Vuk
Stefanovic-Karadzic gelesen, die deutschen Uebersetzungen sind durchweg mangel¬
haft, nicht wenige sogar unterschoben.
Die Ankunft eines junge» Serben, dessen Bandelier die Devise slolwilv
su>vjll»8ton" (für die Freiheit und das Slaventhum) schmückte, unterbrach den
Gesang; er trat zu Knicanin und küßte ihm ehrerbietig die Hand. Dieser zog
ihn freundlich zu sich und fragte: „Was willst denn Du hier, Herzensjunge" —
„Mit Euch fechten, Herr Obrist." — „Wo kommst Du her?" — „Graden
Wegs vou Cupria." — „Weiß Dem Vater davon?".— „Er weiß und gab mir
diesen Brief an Euch." — Knicanin bemerkte uns während er den Brief erbrach,
der junge Mann sei der Sohn seines alten Freundes Bogdan Georgjevic, Be¬
zirkschefs und Obristen von Cupria. „Sein älterer Sohn" — fuhr Knicanin
fort — „ist bei einem Treffen unfern von Weißkirchen an meiner Seite von einer
Kartätschenkngel getödtet worden, jetzt schickt mir der Alte den zweiten Sohn Deme-
ter, den einzigen, den er noch übrig hat, als Stellvertreter für den Gefallenen.
Ein Adjutant meldete, daß sich in den etwa eine halbe Stunde vom Lager
entfernten Dörfern Botos und Orlovat feindliche Truppen gezeigt. Wir sahen
einander lachend an, ein Scharmützel gleich in den ersten Stunden der Ankunft
war mehr als wir gehofft hatten. Knicanin ließ seine Stute vorführen und for¬
derte mich auf, ihn zu begleiten. Wir sprengten den Hügel hinan, auf welchem
sich das stark befestigte Lager befand, von drei Seiten von dem Temcsflnß um¬
spült und von drei großen Redouten geschützt, davou zwei nach den neuesten Re¬
geln der Fortificatiou aufgeführt waren, die dritte kreisrund nach einer ganz ver¬
alteten Art, aber sehr praktisch und zweckdienlich. Vou der Mannschaft des La¬
gers war wenig zu sehen, die meisten steckten in ihren strohgedeckten Erdhütten,
welche in eine Art paralleler Laufgräben gebant waren, so daß nur hie und dort
die rothen Käppchen herausguckten. Einige hatten sich um ein Wachtfeuer gela¬
gert, Würfel spielend und zechend, einige aufmerksam zuhörend um einen Helden-
*) I^ijs vue> messe, ni <1»mica,
Uit jo sunno, int j« i>rilio<krich,
Veo je vno HlovinsK» Krulica
?o jinen» Helena ßvspoji».
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