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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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Sie es. Was unsere Aerzte lehren, ist so widersprechend und so ungenügend als
möglich. Kennt man die Ursache der Cholera? Kennt man. den Verlauf der
Krankheit in den innern Organen des Menschen? Gibt es auf dem weiten Erden¬
rund kein Heilmittel, welches sie vertreiben kann?

Das Wesen und die Heilung der Cholera. Die Redaction ent¬
spricht dem Wunsch des geehrten Einsenders und gibt ihm auf seine Fragen die
Antwort, welche bei dem gegenwärtigen Standpunkt der medicinischen Wissenschaft
gegeben werden kann. Wir haben das Recht, einiges Vertrauen für unsere Aus¬
kunft in Anspruch zu nehmen, da sie von einer der Autoritäten herrührt, welche
in neuster Zeit im Gebiet der Heilkunde als Reformatoren aufgetreten sind, und
welche dadurch, daß sie die gesammte Heilkunde auf eine vernünftige und sichere
Grundlage gestellt haben, eine totale Umwälzung der alten Heilmethoden und eine
Vernichtung der anmaßenden Charlatanerie unwissender Aerzte herbeiführe" werden.

Es wird in einer Zeit, wo ein ehrlicher Manu alle Ursache hat, um die
Gesundheit seines Körpers besorgt zu sein, unseren Lesern Interesse gewähren,
über die neue Richtung und den bedeutenden Fortschritt, welche die Heilwissen-
schaft in unserer Zeit gefunden hat, Näheres zu erfahren. In einem der nächsten
Hefte werden die Grenzboten dies in Anspruch nehmen.

Aus dem Folgenden wird unser anfragender Freund sehen, daß die Wissen¬
schaft den letzten Grund der Cholera noch gar nicht, den Entwicklungsproceß der
Krankheit im Körper nur zum Theil kennt. Deshalb können auch die zu reichen¬
den Mittel noch nicht mit Sicherheit als radikale betrachtet werden. Ein wichtiges
Ding für unsere Medicin ist die Ehrlichkeit, hat man sich erst klar gemacht, was
man nicht weiß, so ist Hoffnung da, daß fortgesetztes Beobachten und Forschen
das Fehlende ergänzen wird. -- Das Heilmittel, welches unsere ärztliche Auto¬
rität empfiehlt, stimmt -- nebenbei gesagt -- in der Hauptsache, in der Anwen¬
dung einer Menge warmer Flüssigkeit mit der Heilmethode, welche in Paris als
glänzendes Mittel gefeiert wird. Der französische Arzt heilt durch heißen Thee
von Kannten u. s. w. in ungewöhnlich großen Massen genommen. Das Nähere
darüber haben in diesen Tagen die meisten deutschen Zeitungen mitgetheilt. --
Wir lassen Einen, der weiser ist, als wir, selbst reden:

Das Wesen der Cholera ist bis jetzt den Aerzten noch ganz unbekannt ge¬
blieben, nur zwei wichtige Veränderungen sind regclmäsiig in den Leichen von Cholera-
kranken'gefunden worden, welche einiges Licht auf diesen Krankhcitsproceß werfen. Die
eine derselben besteht in entzündlicher Affection der D armschlcimh ant (vor¬
zugsweise des dünnen Darmes), und zwar in sehr verschiedenem Grade, mit Ausschei¬
dung einer enormen Menge von wässrigen Bestandtheilen des Blutes; die andere besteht
dagegen in einer Entartung des Blutes und zwar in der Regel in so bedeuten¬
der Ein dickung desselben, daß die Circulation erschwert und selbst gehemmt wird.
Die letztere Veränderung, die Eindicknng des Blutes, welche höchst wahrscheinlich durch


Sie es. Was unsere Aerzte lehren, ist so widersprechend und so ungenügend als
möglich. Kennt man die Ursache der Cholera? Kennt man. den Verlauf der
Krankheit in den innern Organen des Menschen? Gibt es auf dem weiten Erden¬
rund kein Heilmittel, welches sie vertreiben kann?

Das Wesen und die Heilung der Cholera. Die Redaction ent¬
spricht dem Wunsch des geehrten Einsenders und gibt ihm auf seine Fragen die
Antwort, welche bei dem gegenwärtigen Standpunkt der medicinischen Wissenschaft
gegeben werden kann. Wir haben das Recht, einiges Vertrauen für unsere Aus¬
kunft in Anspruch zu nehmen, da sie von einer der Autoritäten herrührt, welche
in neuster Zeit im Gebiet der Heilkunde als Reformatoren aufgetreten sind, und
welche dadurch, daß sie die gesammte Heilkunde auf eine vernünftige und sichere
Grundlage gestellt haben, eine totale Umwälzung der alten Heilmethoden und eine
Vernichtung der anmaßenden Charlatanerie unwissender Aerzte herbeiführe» werden.

Es wird in einer Zeit, wo ein ehrlicher Manu alle Ursache hat, um die
Gesundheit seines Körpers besorgt zu sein, unseren Lesern Interesse gewähren,
über die neue Richtung und den bedeutenden Fortschritt, welche die Heilwissen-
schaft in unserer Zeit gefunden hat, Näheres zu erfahren. In einem der nächsten
Hefte werden die Grenzboten dies in Anspruch nehmen.

Aus dem Folgenden wird unser anfragender Freund sehen, daß die Wissen¬
schaft den letzten Grund der Cholera noch gar nicht, den Entwicklungsproceß der
Krankheit im Körper nur zum Theil kennt. Deshalb können auch die zu reichen¬
den Mittel noch nicht mit Sicherheit als radikale betrachtet werden. Ein wichtiges
Ding für unsere Medicin ist die Ehrlichkeit, hat man sich erst klar gemacht, was
man nicht weiß, so ist Hoffnung da, daß fortgesetztes Beobachten und Forschen
das Fehlende ergänzen wird. — Das Heilmittel, welches unsere ärztliche Auto¬
rität empfiehlt, stimmt — nebenbei gesagt — in der Hauptsache, in der Anwen¬
dung einer Menge warmer Flüssigkeit mit der Heilmethode, welche in Paris als
glänzendes Mittel gefeiert wird. Der französische Arzt heilt durch heißen Thee
von Kannten u. s. w. in ungewöhnlich großen Massen genommen. Das Nähere
darüber haben in diesen Tagen die meisten deutschen Zeitungen mitgetheilt. —
Wir lassen Einen, der weiser ist, als wir, selbst reden:

Das Wesen der Cholera ist bis jetzt den Aerzten noch ganz unbekannt ge¬
blieben, nur zwei wichtige Veränderungen sind regclmäsiig in den Leichen von Cholera-
kranken'gefunden worden, welche einiges Licht auf diesen Krankhcitsproceß werfen. Die
eine derselben besteht in entzündlicher Affection der D armschlcimh ant (vor¬
zugsweise des dünnen Darmes), und zwar in sehr verschiedenem Grade, mit Ausschei¬
dung einer enormen Menge von wässrigen Bestandtheilen des Blutes; die andere besteht
dagegen in einer Entartung des Blutes und zwar in der Regel in so bedeuten¬
der Ein dickung desselben, daß die Circulation erschwert und selbst gehemmt wird.
Die letztere Veränderung, die Eindicknng des Blutes, welche höchst wahrscheinlich durch


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/511>, abgerufen am 15.01.2025.