Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.haben: es ist ihm gelungen, die Gährung durch alle Schichten der Gesellschaft zu In einem andern Leitartikel (v. 1. Mai) wird nachgewiesen: es stehe der haben: es ist ihm gelungen, die Gährung durch alle Schichten der Gesellschaft zu In einem andern Leitartikel (v. 1. Mai) wird nachgewiesen: es stehe der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0304" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278814"/> <p xml:id="ID_935" prev="#ID_934"> haben: es ist ihm gelungen, die Gährung durch alle Schichten der Gesellschaft zu<lb/> verbreiten, das unzufriedene Volk zum Bundesgenossen des revolutionäre» Volkshau-<lb/> feus zu machen. Dieselbe Bedeutung, welche das Ministerium Stadion-Schwarzenberg<lb/> in Oestreich gewonnen, wird das Ministerium Manteuffel-Braudeiibnrg in Preußen<lb/> gewinnen. Die Geschichte wußte was sie that, als sie solche gute Männer an<lb/> die Spitze der Staaten stellte. Sie bilden das eigentliche revolutionäre Element<lb/> unserer Zeit; jeder Einzelne von ihnen macht für die Bewegungspartei mehr Pro¬<lb/> paganda, als alle Freiheitsapvstel der Gegenwart zusammengenommen. Die Män¬<lb/> ner des Umsturzes, die Faustkämpfer der Freiheit mögen frohlocken über sie; die<lb/> Partei der Gemäßigten, welche auch die Freiheit will, aber uicht durch blutigen<lb/> Umsturz, kann nur trauern darüber. Es ist so weit gekommen, daß alle unab¬<lb/> hängigen Blätter, mit Ansnahme der berüchtigten Kreuzzeitung, auf der Seite<lb/> der Opposition stehen; aber das Ministerium kümmert sich so wenig um die Mei¬<lb/> nung der Presse, wie es sich um die Meinung des Reichstags kümmert-e; die<lb/> „deutsche Reform", das einzige Journal, worauf mau im Cabinet einige Rücksicht<lb/> nahm, wurde durch Nedactionswcchsel und reiche Subventimien aus seiner bishe¬<lb/> rigen Bahn getrieben und in ein ministerielles Organ umgewandelt. Dadurch<lb/> hat dieses Blatt, welches eben im kräftigsten Aufblühen begriffen war, allen Cre¬<lb/> dit verloren und wird in den meisten Häusern und öffentlichen Lokalen gar nicht<lb/> mehr gelesen. Und in der That, hätte noch Jemand zweifeln können an Schlecht<lb/> tigkeit der Sache des Ministeriums, die letzten Artikel der Reform, worin das<lb/> Ministerium? seine eigenen Maßregeln vertheidigt, wären hinreichend, alle Zweifel<lb/> zu zerstreuen. Ich habe Herrn v. Manteuffel in Verdacht, der Verfasser dieser<lb/> Artikel zu sein, denn sie sind eben so stotterhaft geschrieben, wie er von der Mi-<lb/> nisterbank herab stvtterhaft sprach. Ergötzlich sind die schlauen Prophezeiungen,<lb/> welche gewöhnlich Morgens durch die Spalten des ministeriellen Blattes schleichen,<lb/> und dann schon Abends in Erfüllung gehen. Im Morgenblatte heißt es: „wir<lb/> hegen die feste Erwartung, daß unsere Regierung auf die negative Erklärung<lb/> v. 28. Apr. über die Nichtannahme der Frankfurter Verfassung, jetzt eine posi¬<lb/> tive Erklärung über dasjenige, was zu thun sei, folgen lassen wird." Danach<lb/> beginnt dann der Leitartikel des Abendblattes: „In unserer Erwartung über den<lb/> von der .'e. haben wir uns nicht getäuscht; wir konnten das Kommende um so<lb/> leichter voraussehen, als bei der bekannten Offenheit und Ehrlichkeit unserer Re¬<lb/> gierung ze. ze."</p><lb/> <p xml:id="ID_936" next="#ID_937"> In einem andern Leitartikel (v. 1. Mai) wird nachgewiesen: es stehe der<lb/> zweiten Kammer uicht an, sich auf deu Standpunkt des offenbar ungenügen¬<lb/> den geschriebenen Rechts zu versetzen, nachdem von den Mitgliedern der<lb/> Majorität in dieser Kammer so oft auf die politische Nothwendigkeit eines über<lb/> geschriebenen Gesetzen stehenden Rechts hingewiesen worden sei! ferner habe<lb/> man Unrecht, die preußischen Zustände mit den englischen zu vergleichen; in Eng-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0304]
haben: es ist ihm gelungen, die Gährung durch alle Schichten der Gesellschaft zu
verbreiten, das unzufriedene Volk zum Bundesgenossen des revolutionäre» Volkshau-
feus zu machen. Dieselbe Bedeutung, welche das Ministerium Stadion-Schwarzenberg
in Oestreich gewonnen, wird das Ministerium Manteuffel-Braudeiibnrg in Preußen
gewinnen. Die Geschichte wußte was sie that, als sie solche gute Männer an
die Spitze der Staaten stellte. Sie bilden das eigentliche revolutionäre Element
unserer Zeit; jeder Einzelne von ihnen macht für die Bewegungspartei mehr Pro¬
paganda, als alle Freiheitsapvstel der Gegenwart zusammengenommen. Die Män¬
ner des Umsturzes, die Faustkämpfer der Freiheit mögen frohlocken über sie; die
Partei der Gemäßigten, welche auch die Freiheit will, aber uicht durch blutigen
Umsturz, kann nur trauern darüber. Es ist so weit gekommen, daß alle unab¬
hängigen Blätter, mit Ansnahme der berüchtigten Kreuzzeitung, auf der Seite
der Opposition stehen; aber das Ministerium kümmert sich so wenig um die Mei¬
nung der Presse, wie es sich um die Meinung des Reichstags kümmert-e; die
„deutsche Reform", das einzige Journal, worauf mau im Cabinet einige Rücksicht
nahm, wurde durch Nedactionswcchsel und reiche Subventimien aus seiner bishe¬
rigen Bahn getrieben und in ein ministerielles Organ umgewandelt. Dadurch
hat dieses Blatt, welches eben im kräftigsten Aufblühen begriffen war, allen Cre¬
dit verloren und wird in den meisten Häusern und öffentlichen Lokalen gar nicht
mehr gelesen. Und in der That, hätte noch Jemand zweifeln können an Schlecht
tigkeit der Sache des Ministeriums, die letzten Artikel der Reform, worin das
Ministerium? seine eigenen Maßregeln vertheidigt, wären hinreichend, alle Zweifel
zu zerstreuen. Ich habe Herrn v. Manteuffel in Verdacht, der Verfasser dieser
Artikel zu sein, denn sie sind eben so stotterhaft geschrieben, wie er von der Mi-
nisterbank herab stvtterhaft sprach. Ergötzlich sind die schlauen Prophezeiungen,
welche gewöhnlich Morgens durch die Spalten des ministeriellen Blattes schleichen,
und dann schon Abends in Erfüllung gehen. Im Morgenblatte heißt es: „wir
hegen die feste Erwartung, daß unsere Regierung auf die negative Erklärung
v. 28. Apr. über die Nichtannahme der Frankfurter Verfassung, jetzt eine posi¬
tive Erklärung über dasjenige, was zu thun sei, folgen lassen wird." Danach
beginnt dann der Leitartikel des Abendblattes: „In unserer Erwartung über den
von der .'e. haben wir uns nicht getäuscht; wir konnten das Kommende um so
leichter voraussehen, als bei der bekannten Offenheit und Ehrlichkeit unserer Re¬
gierung ze. ze."
In einem andern Leitartikel (v. 1. Mai) wird nachgewiesen: es stehe der
zweiten Kammer uicht an, sich auf deu Standpunkt des offenbar ungenügen¬
den geschriebenen Rechts zu versetzen, nachdem von den Mitgliedern der
Majorität in dieser Kammer so oft auf die politische Nothwendigkeit eines über
geschriebenen Gesetzen stehenden Rechts hingewiesen worden sei! ferner habe
man Unrecht, die preußischen Zustände mit den englischen zu vergleichen; in Eng-
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