Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.ziehen. So hat das Oberhaus Großbritanniens seine Aufgabe gefaßt; einer ent¬ Die einzige Ausgabe liegt darin, diejenigen Personen, welche ein selbststän¬ Es handelt sich, wie man steht, um eine verständige gesetzliche Definition des Nachdem aber die Verfassung durch die Anerkennung von Seiten der Kam¬ Herr v. Vincke hat erklärt, so schädlich die Politik der Regierung sei, so ziehen. So hat das Oberhaus Großbritanniens seine Aufgabe gefaßt; einer ent¬ Die einzige Ausgabe liegt darin, diejenigen Personen, welche ein selbststän¬ Es handelt sich, wie man steht, um eine verständige gesetzliche Definition des Nachdem aber die Verfassung durch die Anerkennung von Seiten der Kam¬ Herr v. Vincke hat erklärt, so schädlich die Politik der Regierung sei, so <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0277" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278787"/> <p xml:id="ID_868" prev="#ID_867"> ziehen. So hat das Oberhaus Großbritanniens seine Aufgabe gefaßt; einer ent¬<lb/> schiedenen Majorität des Unterhauses setzt es keinen Widerstand entgegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_869"> Die einzige Ausgabe liegt darin, diejenigen Personen, welche ein selbststän¬<lb/> diges Urtheil über Staatsangelegenheiten unmöglich haben können, von der Wahl<lb/> auszuschließen, um dieselbe nicht zu einem unwürdigen Hasardspiel zu machen.<lb/> Man hat schon eine gewisse Altersgrenze anerkannt, man wird auch eine Grenze<lb/> des Besitzes oder der Beschäftigung finden können. Völlig genügend wird eine<lb/> solche Grenze nie sein, so wenig man bestimmen kann, wie viel Sandkörner dazu<lb/> gehören, um einen Sandhaufen zu bilden; sie wird nur annähernd ihr Ziel er¬<lb/> reichen, und Zufall und Willkür sind nicht davou auszuschließen. Völlig aufge¬<lb/> hoben wird der Uebelstand nur dann, wenn ein kräftiges, organisches Gemeindc-<lb/> leben in Stadt und Land sich entwickelt haben wird. Darauf können wir aber<lb/> nicht warten, denn die völlige Organisation der Gemeinde wird.längere Zeit er-<lb/> fordern, als die vorläufige Organisation des Staats.</p><lb/> <p xml:id="ID_870"> Es handelt sich, wie man steht, um eine verständige gesetzliche Definition des<lb/> Begriffs „selbstständig." Auch eine solche stellt die Deutsche Reform in Aussicht.<lb/> Hätte das Ministerium am 5. December eine solche gegeben, so wäre rechtlich<lb/> dagegen so wenig einzuwenden gewesen, als gegen die Octroyirung der Verfassung<lb/> überhaupt. Es hat vorgezogen, Urwähler anzuordnen, und die zukünftige Be¬<lb/> schränkung derselben der gesetzmäßigen Revision zu überlassen. Es hat recht daran<lb/> gethan, denn die Idee der allgemeinen Wahlen war so populär geworden, daß<lb/> eine eigenmächtige Einschränkung derselben mit größeren Nachtheilen verbunden<lb/> gewesen wäre, als je aus dem allgemeinen Wahlrecht sich hätten ergeben können.</p><lb/> <p xml:id="ID_871"> Nachdem aber die Verfassung durch die Anerkennung von Seiten der Kam¬<lb/> mern rechtskräftig geworden, wäre es ein hochverräterisches Attentat gegen die<lb/> Majestät der Nation, auch uur deu kleinsten Punkt derselben, wenn anch nur<lb/> durch eine neue Interpretation, eigenmächtig wieder aufzuheben. Es wäre nicht<lb/> allein verbrecherisch, es wäre auch verderblich; denn die letzte Spur einer Achtung<lb/> vor Recht und Gesetz wäre durch ein so frevelhaftes Spiel ausgelöscht. Nicht<lb/> nur das gegenwärtige Ministerium, sondern anch die Krone, in deren Namen die<lb/> Verfassung proklamirt worden, ist mit ihrer Ehre an den Buchstaben des Gesetzes<lb/> gebunden.</p><lb/> <p xml:id="ID_872"> Herr v. Vincke hat erklärt, so schädlich die Politik der Regierung sei, so<lb/> halte er doch die Träger derselben für Ehrenmänner. Wenn sich Herr v. Man-<lb/> teuffel u. f. w. dazu hergeben sollen, wie es die Deutsche Reform ihnen eingibt,<lb/> durch einen unerhörten Wortbruch dem Rechtsgefühl der Nation und ihrem eignen<lb/> 'us Gesicht zu schlagen, so müssen wir bedauern, unsere Achtung vor dem Urtheil<lb/> jenes ausgezeichneten Mannes aufgeben zu müssen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0277]
ziehen. So hat das Oberhaus Großbritanniens seine Aufgabe gefaßt; einer ent¬
schiedenen Majorität des Unterhauses setzt es keinen Widerstand entgegen.
Die einzige Ausgabe liegt darin, diejenigen Personen, welche ein selbststän¬
diges Urtheil über Staatsangelegenheiten unmöglich haben können, von der Wahl
auszuschließen, um dieselbe nicht zu einem unwürdigen Hasardspiel zu machen.
Man hat schon eine gewisse Altersgrenze anerkannt, man wird auch eine Grenze
des Besitzes oder der Beschäftigung finden können. Völlig genügend wird eine
solche Grenze nie sein, so wenig man bestimmen kann, wie viel Sandkörner dazu
gehören, um einen Sandhaufen zu bilden; sie wird nur annähernd ihr Ziel er¬
reichen, und Zufall und Willkür sind nicht davou auszuschließen. Völlig aufge¬
hoben wird der Uebelstand nur dann, wenn ein kräftiges, organisches Gemeindc-
leben in Stadt und Land sich entwickelt haben wird. Darauf können wir aber
nicht warten, denn die völlige Organisation der Gemeinde wird.längere Zeit er-
fordern, als die vorläufige Organisation des Staats.
Es handelt sich, wie man steht, um eine verständige gesetzliche Definition des
Begriffs „selbstständig." Auch eine solche stellt die Deutsche Reform in Aussicht.
Hätte das Ministerium am 5. December eine solche gegeben, so wäre rechtlich
dagegen so wenig einzuwenden gewesen, als gegen die Octroyirung der Verfassung
überhaupt. Es hat vorgezogen, Urwähler anzuordnen, und die zukünftige Be¬
schränkung derselben der gesetzmäßigen Revision zu überlassen. Es hat recht daran
gethan, denn die Idee der allgemeinen Wahlen war so populär geworden, daß
eine eigenmächtige Einschränkung derselben mit größeren Nachtheilen verbunden
gewesen wäre, als je aus dem allgemeinen Wahlrecht sich hätten ergeben können.
Nachdem aber die Verfassung durch die Anerkennung von Seiten der Kam¬
mern rechtskräftig geworden, wäre es ein hochverräterisches Attentat gegen die
Majestät der Nation, auch uur deu kleinsten Punkt derselben, wenn anch nur
durch eine neue Interpretation, eigenmächtig wieder aufzuheben. Es wäre nicht
allein verbrecherisch, es wäre auch verderblich; denn die letzte Spur einer Achtung
vor Recht und Gesetz wäre durch ein so frevelhaftes Spiel ausgelöscht. Nicht
nur das gegenwärtige Ministerium, sondern anch die Krone, in deren Namen die
Verfassung proklamirt worden, ist mit ihrer Ehre an den Buchstaben des Gesetzes
gebunden.
Herr v. Vincke hat erklärt, so schädlich die Politik der Regierung sei, so
halte er doch die Träger derselben für Ehrenmänner. Wenn sich Herr v. Man-
teuffel u. f. w. dazu hergeben sollen, wie es die Deutsche Reform ihnen eingibt,
durch einen unerhörten Wortbruch dem Rechtsgefühl der Nation und ihrem eignen
'us Gesicht zu schlagen, so müssen wir bedauern, unsere Achtung vor dem Urtheil
jenes ausgezeichneten Mannes aufgeben zu müssen.
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