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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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wie sich aber bei seinem desfallsigen Antrag ergeben hat, ist seine Partei
nicht groß.

Wenn man sich über die Zusammensetzung eines kaiserlichen, whigistischen oder
bestimmter, arti-östreichischen Ministeriums eine Vorstellung macht, so fungiren
jedesmal die bisherigen Neichsminister darin -- Penker, Beckerath; ferner
der bisherige preußische Bevollmächtigte in Frankfurt, Camp Hausen; der Ver¬
treter der deutschen Interessen in London, Bunsen: aus den Kammern Auers-
wald, und als Ministerpräsidenten nennt man Heinrich v. Gagern. Eine
Combination, die natürlich vorläufig noch in der Luft schwebt, so lange man über¬
haupt uicht weiß, welche Wendung die Dinge in Frankfurt nehmen.

Wie sich ein solches Ministerium zu den Kammern stellen würde, ist freilich
schwer zu sagen. Außer jeuer äußersten Rechten, würde auch die uuentschiedne
Rechte. -- Blömer, Osterrath, die Immermann u. s. w. -- dagegen Op¬
position machen, die in den letzten Abstimmungen eine wunderliche Hinneigung zu
Oestreich verrathen haben. Was die Partei Nodbertus betrifft, so hat der
Chef derselben in früherer Zeit entschieden sür die deutsche Sache sich ausgespro¬
chen; wenn seine letzte politische Vergangenheit, seine allzu genaue Berührung mit
der Rechte" nicht hindernd in den Weg träten, so wäre eine Coalition -- die ein¬
zige Art, wie unsere parlamentarischen Verwickelungen sich lösen können, gar wohl
denkbar. Doch muß ich bemerken, daß er in der dänischen Frage, die mit der
deutschen enge zusammenhängt, weil die Art der Friedensunterhandlungen von der
Stellung bedingt wird, die Preußen im Reich einnimmt, ein Amendement von
friedlichem Charakter eingebracht hat. Was die äußerste Linke betrifft, so trägt
sie freilich jetzt wieder die deutschen Farben zur Schau, besonders seitdem Wesen-
donk sich an ihre Spitze gestellt hat; sie wäre jetzt, während sie früher die Sou¬
veränität der preußischen Nationalversammlung der Centralgewalt gegenüber ver¬
focht, allenfalls geneigt, Preußen zu Gunsten des Erzherzogs Johann zu Media¬
toren. Da aber vorauszusetzen ist, daß diese Fraction gegen jede Art der Re¬
gierung Opposition machen wird, so ist der augenblickliche Inhalt ihrer Forderun¬
gen von keiner erheblichen Bedeutung.

Die Sache wird einfacher, wenn man die eigenthümliche Stellung ins Auge
saßt, welche Oestreich in der deutschen Frage Preußen gegenüber eingenommen
hat. Auch die torystische Partei der preußischen Kammern ist nämlich bei aller
Abneigung gegen das revolutionäre Frankfurt und bei allen Lcgitimitätswünschcn
preußisch gesinnt, und wird auf ein Aufgeben der weltgeschichtlichen Bedeutung
des preußischen Staats eben so wenig eingehn, als ihre politischen Nebenbuhler.
Um ein solches handelt es sich aber, wenn man die Schritte des Wiener Cabi-


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wie sich aber bei seinem desfallsigen Antrag ergeben hat, ist seine Partei
nicht groß.

Wenn man sich über die Zusammensetzung eines kaiserlichen, whigistischen oder
bestimmter, arti-östreichischen Ministeriums eine Vorstellung macht, so fungiren
jedesmal die bisherigen Neichsminister darin — Penker, Beckerath; ferner
der bisherige preußische Bevollmächtigte in Frankfurt, Camp Hausen; der Ver¬
treter der deutschen Interessen in London, Bunsen: aus den Kammern Auers-
wald, und als Ministerpräsidenten nennt man Heinrich v. Gagern. Eine
Combination, die natürlich vorläufig noch in der Luft schwebt, so lange man über¬
haupt uicht weiß, welche Wendung die Dinge in Frankfurt nehmen.

Wie sich ein solches Ministerium zu den Kammern stellen würde, ist freilich
schwer zu sagen. Außer jeuer äußersten Rechten, würde auch die uuentschiedne
Rechte. — Blömer, Osterrath, die Immermann u. s. w. — dagegen Op¬
position machen, die in den letzten Abstimmungen eine wunderliche Hinneigung zu
Oestreich verrathen haben. Was die Partei Nodbertus betrifft, so hat der
Chef derselben in früherer Zeit entschieden sür die deutsche Sache sich ausgespro¬
chen; wenn seine letzte politische Vergangenheit, seine allzu genaue Berührung mit
der Rechte» nicht hindernd in den Weg träten, so wäre eine Coalition — die ein¬
zige Art, wie unsere parlamentarischen Verwickelungen sich lösen können, gar wohl
denkbar. Doch muß ich bemerken, daß er in der dänischen Frage, die mit der
deutschen enge zusammenhängt, weil die Art der Friedensunterhandlungen von der
Stellung bedingt wird, die Preußen im Reich einnimmt, ein Amendement von
friedlichem Charakter eingebracht hat. Was die äußerste Linke betrifft, so trägt
sie freilich jetzt wieder die deutschen Farben zur Schau, besonders seitdem Wesen-
donk sich an ihre Spitze gestellt hat; sie wäre jetzt, während sie früher die Sou¬
veränität der preußischen Nationalversammlung der Centralgewalt gegenüber ver¬
focht, allenfalls geneigt, Preußen zu Gunsten des Erzherzogs Johann zu Media¬
toren. Da aber vorauszusetzen ist, daß diese Fraction gegen jede Art der Re¬
gierung Opposition machen wird, so ist der augenblickliche Inhalt ihrer Forderun¬
gen von keiner erheblichen Bedeutung.

Die Sache wird einfacher, wenn man die eigenthümliche Stellung ins Auge
saßt, welche Oestreich in der deutschen Frage Preußen gegenüber eingenommen
hat. Auch die torystische Partei der preußischen Kammern ist nämlich bei aller
Abneigung gegen das revolutionäre Frankfurt und bei allen Lcgitimitätswünschcn
preußisch gesinnt, und wird auf ein Aufgeben der weltgeschichtlichen Bedeutung
des preußischen Staats eben so wenig eingehn, als ihre politischen Nebenbuhler.
Um ein solches handelt es sich aber, wenn man die Schritte des Wiener Cabi-


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[0023] wie sich aber bei seinem desfallsigen Antrag ergeben hat, ist seine Partei nicht groß. Wenn man sich über die Zusammensetzung eines kaiserlichen, whigistischen oder bestimmter, arti-östreichischen Ministeriums eine Vorstellung macht, so fungiren jedesmal die bisherigen Neichsminister darin — Penker, Beckerath; ferner der bisherige preußische Bevollmächtigte in Frankfurt, Camp Hausen; der Ver¬ treter der deutschen Interessen in London, Bunsen: aus den Kammern Auers- wald, und als Ministerpräsidenten nennt man Heinrich v. Gagern. Eine Combination, die natürlich vorläufig noch in der Luft schwebt, so lange man über¬ haupt uicht weiß, welche Wendung die Dinge in Frankfurt nehmen. Wie sich ein solches Ministerium zu den Kammern stellen würde, ist freilich schwer zu sagen. Außer jeuer äußersten Rechten, würde auch die uuentschiedne Rechte. — Blömer, Osterrath, die Immermann u. s. w. — dagegen Op¬ position machen, die in den letzten Abstimmungen eine wunderliche Hinneigung zu Oestreich verrathen haben. Was die Partei Nodbertus betrifft, so hat der Chef derselben in früherer Zeit entschieden sür die deutsche Sache sich ausgespro¬ chen; wenn seine letzte politische Vergangenheit, seine allzu genaue Berührung mit der Rechte» nicht hindernd in den Weg träten, so wäre eine Coalition — die ein¬ zige Art, wie unsere parlamentarischen Verwickelungen sich lösen können, gar wohl denkbar. Doch muß ich bemerken, daß er in der dänischen Frage, die mit der deutschen enge zusammenhängt, weil die Art der Friedensunterhandlungen von der Stellung bedingt wird, die Preußen im Reich einnimmt, ein Amendement von friedlichem Charakter eingebracht hat. Was die äußerste Linke betrifft, so trägt sie freilich jetzt wieder die deutschen Farben zur Schau, besonders seitdem Wesen- donk sich an ihre Spitze gestellt hat; sie wäre jetzt, während sie früher die Sou¬ veränität der preußischen Nationalversammlung der Centralgewalt gegenüber ver¬ focht, allenfalls geneigt, Preußen zu Gunsten des Erzherzogs Johann zu Media¬ toren. Da aber vorauszusetzen ist, daß diese Fraction gegen jede Art der Re¬ gierung Opposition machen wird, so ist der augenblickliche Inhalt ihrer Forderun¬ gen von keiner erheblichen Bedeutung. Die Sache wird einfacher, wenn man die eigenthümliche Stellung ins Auge saßt, welche Oestreich in der deutschen Frage Preußen gegenüber eingenommen hat. Auch die torystische Partei der preußischen Kammern ist nämlich bei aller Abneigung gegen das revolutionäre Frankfurt und bei allen Lcgitimitätswünschcn preußisch gesinnt, und wird auf ein Aufgeben der weltgeschichtlichen Bedeutung des preußischen Staats eben so wenig eingehn, als ihre politischen Nebenbuhler. Um ein solches handelt es sich aber, wenn man die Schritte des Wiener Cabi- 3*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/23>, abgerufen am 15.01.2025.