Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.Brescia mit dem zeitgemäßen Beispiele Barbarossa's entschuldigen! Von Hohen- Wie man mit Wien verfuhr, wird Deutschland nicht vergessen, denn aus Nur so viel muß ich bemerken, daß ein Erzfeind des Hauses Oestreich nicht zusammentreiben und niederschießen. Die Wiener Zeitung besann sich zwei Tage, "achten sie die Katastrophe gemeldet, darauf, daß diese Greuel einiger Beschönigung bedurs- und erwähnte eines "stark verbreiteten Gerüchtes" von unerhörten Metzeleien, ^lebe die Brescianer vor ihrer Beilegung unter den dortigen (!) Deutschen angerichtet hätten. ^Uf dieses i"ot <I'c""Irs regnete es in allen gutgesinnten Blättern "Gerüchte," "Privatbriefe," "verläßliche Nachrichten," welche durch die plumpsten Erfindungen die g-fallemn Brec-ciancr "°es >in Grabe verleumden. -- Der Fehler ist, daß man die schwierigsten pelitischen Auf¬ gaben, wie die Pacification einer empörten Provinz, dem Säbel allein überläßt. Wenn irgend ein Leidmarschall oder Feldzeugmeister sich satt gewüthet, stellt man ihm eine Dosis Staatscunst, Gestalt eines unfähigen oder ohnmächtigen Civilgouverneurs, an die Seite. So in Prag,w Italien und Ungarn. 27*
Brescia mit dem zeitgemäßen Beispiele Barbarossa's entschuldigen! Von Hohen- Wie man mit Wien verfuhr, wird Deutschland nicht vergessen, denn aus Nur so viel muß ich bemerken, daß ein Erzfeind des Hauses Oestreich nicht zusammentreiben und niederschießen. Die Wiener Zeitung besann sich zwei Tage, "achten sie die Katastrophe gemeldet, darauf, daß diese Greuel einiger Beschönigung bedurs- und erwähnte eines „stark verbreiteten Gerüchtes" von unerhörten Metzeleien, ^lebe die Brescianer vor ihrer Beilegung unter den dortigen (!) Deutschen angerichtet hätten. ^Uf dieses i»ot <I'c»«Irs regnete es in allen gutgesinnten Blättern „Gerüchte," „Privatbriefe," "verläßliche Nachrichten," welche durch die plumpsten Erfindungen die g-fallemn Brec-ciancr "°es >in Grabe verleumden. — Der Fehler ist, daß man die schwierigsten pelitischen Auf¬ gaben, wie die Pacification einer empörten Provinz, dem Säbel allein überläßt. Wenn irgend ein Leidmarschall oder Feldzeugmeister sich satt gewüthet, stellt man ihm eine Dosis Staatscunst, Gestalt eines unfähigen oder ohnmächtigen Civilgouverneurs, an die Seite. So in Prag,w Italien und Ungarn. 27*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0211" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278721"/> <p xml:id="ID_647" prev="#ID_646"> Brescia mit dem zeitgemäßen Beispiele Barbarossa's entschuldigen! Von Hohen-<lb/> staufischem Schwung hat die Welt an dem Habsburger wenig bemerkt. Fällt es<lb/> ihnen im 19. Jahrhundert ein, plötzlich hvhcnstaufisch zu werden? Dann sollten<lb/> sie auch an Konradin denken.</p><lb/> <p xml:id="ID_648"> Wie man mit Wien verfuhr, wird Deutschland nicht vergessen, denn aus<lb/> der Soldatenrache, die mau hier zu Gericht sitzen ließ, blickte eine ganz speci¬<lb/> fische Malice aus das Deutschthum. Die Thaten deö Fürsten Windischgrätz will<lb/> ich diesmal ruhen lassen. Nie ward ein Mann schrecklicher verkannt als dieser<lb/> angebliche Feldherr, der ein philiströser Aristokrat, ein „eiserner Ladstock mit höl¬<lb/> zernem Knopf" ist, wie der Wiener sagt. Nachdem der Magyar ihm die wohl¬<lb/> feil errungenen Bombardementslorbeeren in den Staub getreten, zog er sich nach<lb/> Ollmütz zurück, zufrieden, daß man ihm seine Ahnen nicht rauben kann. Der<lb/> Hof hat ihn zu seinem Polonius ernannt und als Obersthofmeisterin eingekleidet.<lb/> Dort geht er nun auf den Festungswällen spazieren, mit Schleier und Feder-<lb/> Hut, — dieser Abkömmling Wallenstein's — betet, wie der Volkswitz murmelt,<lb/> einen Rosenkranz, dessen Kügelchen kleine Raketen sind, und singt still vor sich<lb/> hin: Nacht muß es sein, wo Friedland's Sterne strahlen! — Also Friede<lb/> Mit ihm! —</p><lb/> <p xml:id="ID_649" next="#ID_650"> Nur so viel muß ich bemerken, daß ein Erzfeind des Hauses Oestreich nicht<lb/> schlauer hätte wirthschaften können, als Fürst Windischgrätz, Melden und das Mi¬<lb/> nisterium gethan. Nach dem Einzuge der Armee in Wien hielten die hohen Militärs<lb/> Nath über das Loos der Besiegten (am 3. November). Marchese P......., rühmlichst<lb/> bekannt als Krieger nud Gelehrter, sprach für Milde und Schonung. Jellachich<lb/> stimmte ihm bei. Da hieß es: P. ist ein Italiener und ein Philosoph, also ein<lb/> doppelter Jdeologe, Jellachich ist zwar gut habsbnrgisch, macht aber serbische Verse,<lb/> ^ nichts da, Standrecht, habe deine» Lauf! — Gewiß ist, daß eine Amnestie<lb/> damals ganz Wien binnen 14 Tagen bekehrt batie. Der Kaiser, der Fürst, die<lb/> ganze Armee zu Fuß und zu Pferde wären auf Händen getragen worden. Statt<lb/> ^sseu bemühte man sich, die schwarzsichtigen Weissagungen der radikalen Presse<lb/> ehedem wahr zu macheu und zu beweisen, daß der Sieg bei Custozza wirklich</p><lb/> <note xml:id="FID_17" prev="#FID_16" place="foot"> zusammentreiben und niederschießen. Die Wiener Zeitung besann sich zwei Tage,<lb/> "achten sie die Katastrophe gemeldet, darauf, daß diese Greuel einiger Beschönigung bedurs-<lb/> und erwähnte eines „stark verbreiteten Gerüchtes" von unerhörten Metzeleien,<lb/> ^lebe die Brescianer vor ihrer Beilegung unter den dortigen (!) Deutschen angerichtet hätten.<lb/> ^Uf dieses i»ot <I'c»«Irs regnete es in allen gutgesinnten Blättern „Gerüchte," „Privatbriefe,"<lb/> "verläßliche Nachrichten," welche durch die plumpsten Erfindungen die g-fallemn Brec-ciancr<lb/> "°es >in Grabe verleumden. — Der Fehler ist, daß man die schwierigsten pelitischen Auf¬<lb/> gaben, wie die Pacification einer empörten Provinz, dem Säbel allein überläßt. Wenn irgend ein<lb/> Leidmarschall oder Feldzeugmeister sich satt gewüthet, stellt man ihm eine Dosis Staatscunst,<lb/> Gestalt eines unfähigen oder ohnmächtigen Civilgouverneurs, an die Seite. So in Prag,w Italien und Ungarn.</note><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 27*</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0211]
Brescia mit dem zeitgemäßen Beispiele Barbarossa's entschuldigen! Von Hohen-
staufischem Schwung hat die Welt an dem Habsburger wenig bemerkt. Fällt es
ihnen im 19. Jahrhundert ein, plötzlich hvhcnstaufisch zu werden? Dann sollten
sie auch an Konradin denken.
Wie man mit Wien verfuhr, wird Deutschland nicht vergessen, denn aus
der Soldatenrache, die mau hier zu Gericht sitzen ließ, blickte eine ganz speci¬
fische Malice aus das Deutschthum. Die Thaten deö Fürsten Windischgrätz will
ich diesmal ruhen lassen. Nie ward ein Mann schrecklicher verkannt als dieser
angebliche Feldherr, der ein philiströser Aristokrat, ein „eiserner Ladstock mit höl¬
zernem Knopf" ist, wie der Wiener sagt. Nachdem der Magyar ihm die wohl¬
feil errungenen Bombardementslorbeeren in den Staub getreten, zog er sich nach
Ollmütz zurück, zufrieden, daß man ihm seine Ahnen nicht rauben kann. Der
Hof hat ihn zu seinem Polonius ernannt und als Obersthofmeisterin eingekleidet.
Dort geht er nun auf den Festungswällen spazieren, mit Schleier und Feder-
Hut, — dieser Abkömmling Wallenstein's — betet, wie der Volkswitz murmelt,
einen Rosenkranz, dessen Kügelchen kleine Raketen sind, und singt still vor sich
hin: Nacht muß es sein, wo Friedland's Sterne strahlen! — Also Friede
Mit ihm! —
Nur so viel muß ich bemerken, daß ein Erzfeind des Hauses Oestreich nicht
schlauer hätte wirthschaften können, als Fürst Windischgrätz, Melden und das Mi¬
nisterium gethan. Nach dem Einzuge der Armee in Wien hielten die hohen Militärs
Nath über das Loos der Besiegten (am 3. November). Marchese P......., rühmlichst
bekannt als Krieger nud Gelehrter, sprach für Milde und Schonung. Jellachich
stimmte ihm bei. Da hieß es: P. ist ein Italiener und ein Philosoph, also ein
doppelter Jdeologe, Jellachich ist zwar gut habsbnrgisch, macht aber serbische Verse,
^ nichts da, Standrecht, habe deine» Lauf! — Gewiß ist, daß eine Amnestie
damals ganz Wien binnen 14 Tagen bekehrt batie. Der Kaiser, der Fürst, die
ganze Armee zu Fuß und zu Pferde wären auf Händen getragen worden. Statt
^sseu bemühte man sich, die schwarzsichtigen Weissagungen der radikalen Presse
ehedem wahr zu macheu und zu beweisen, daß der Sieg bei Custozza wirklich
zusammentreiben und niederschießen. Die Wiener Zeitung besann sich zwei Tage,
"achten sie die Katastrophe gemeldet, darauf, daß diese Greuel einiger Beschönigung bedurs-
und erwähnte eines „stark verbreiteten Gerüchtes" von unerhörten Metzeleien,
^lebe die Brescianer vor ihrer Beilegung unter den dortigen (!) Deutschen angerichtet hätten.
^Uf dieses i»ot <I'c»«Irs regnete es in allen gutgesinnten Blättern „Gerüchte," „Privatbriefe,"
"verläßliche Nachrichten," welche durch die plumpsten Erfindungen die g-fallemn Brec-ciancr
"°es >in Grabe verleumden. — Der Fehler ist, daß man die schwierigsten pelitischen Auf¬
gaben, wie die Pacification einer empörten Provinz, dem Säbel allein überläßt. Wenn irgend ein
Leidmarschall oder Feldzeugmeister sich satt gewüthet, stellt man ihm eine Dosis Staatscunst,
Gestalt eines unfähigen oder ohnmächtigen Civilgouverneurs, an die Seite. So in Prag,w Italien und Ungarn.
27*
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |