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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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Städtekrawallen und einer verunglückten republikanischen Invasion gediehen. In
Ungarn charakterisirt sich die Revolution als Vertheidignngs kämpf. Statt frucht¬
loser und doch blutiger Cravatte begegnen wir hier Schlachten und Siegen. Der
Geist der Gesetzgeber ist dort längst über die Spekulation des zu Gestaltenden
hinaus, und der Spekulation der Heerführer allein ist es jetzt vorbehalten, die
Revolution zu einem Resultate zu führen.

Wie immer dieser Krieg enden mag, Oestreichs Heere allein werden ihn
schwerlich ausfechten. Daß er bis auf die Spitze von Entscheidungsschlachten ge¬
trieben werden könne, hat gewiß kein Statistiker geglaubt, welcher auf der Land¬
karte richtig nachzuweisen vermochte, daß 4 Millionen eigentlicher Magyaren von
dreimal so viel feindlichen Männern umgeben sind. Diese Feindschaften aber sind,
wie Jeder weiß, noch ein Vermächtniß Metternich's, das sich über kurz oder laug
ausgegeben haben wird, und wenn Stadion auf seinem Lehnstuhle Nationen aus¬
brütet, wie eine gackernde Henne ihre Eier, so dürfte die nächste Zukunft schon
beweisen, daß die künstliche Brütezeit längst verstrichen ist und daß die Grasmücke
Stadion ihre Muttersorgen an Eiern verschwendet hat, die ihr der Kukuk Niko¬
laus mit seinen Popen unter den Steiß geschoben hat. --




Briefe ans Oestreich.
Von einem deutschen Reisenden.



I.

Im vorigen Sommer machten alle Wiener Demokraten die ärgerliche, alle
wiener Konservativen die angenehme Bemerkung, daß kein Norddeutscher dieser
,"Ul, der sich nicht zum sogenannten Schwarzgelbthum bekannte. Ich gestehe, daß
^) vor dem November ebenfalls schwarzgelb war und es noch gerne sein möchte, --
^ norddeutschen Sinne nämlich. Mau pflegte hier als eine Schmeichelei aufzu-
^I)"le>,, was von Seiten des Ausländers nur Sorge um Deutschland war. Das
Aufgehen Oestreichs im Arndt'schen Gesammtvaterlande erkannte der Kurzsichtigste
^ einen gefährlichen Prozeß; Polen, Slowake", Magyaren, Serben, Walachen
""d Kroaten konnten über dem Experiment einen Waffeutauz aufführen, in den
"ber Kurz oder Lang der Moskoff als Friedensrichter sich einmischen mußte. Dann
uns vielleicht sür alle Zukunft der Weg nach Osten verschneit, die Donau
Floren, wenn nicht noch ärgere Verwirrung daraus erfolgte. Besser also, daß
Östreich, statt mit ein paar brennenden Trümmern unserem Deutschland im
Augenblick seines Wiederaufbaues ins Haus zu fallen, ganz beisammen blieb:
^"Noth-Obdach für ein Dutzend halbnackte, verwahrloste Völker, zu stolz und
^""


Njbot-N. II. ,840. 27

Städtekrawallen und einer verunglückten republikanischen Invasion gediehen. In
Ungarn charakterisirt sich die Revolution als Vertheidignngs kämpf. Statt frucht¬
loser und doch blutiger Cravatte begegnen wir hier Schlachten und Siegen. Der
Geist der Gesetzgeber ist dort längst über die Spekulation des zu Gestaltenden
hinaus, und der Spekulation der Heerführer allein ist es jetzt vorbehalten, die
Revolution zu einem Resultate zu führen.

Wie immer dieser Krieg enden mag, Oestreichs Heere allein werden ihn
schwerlich ausfechten. Daß er bis auf die Spitze von Entscheidungsschlachten ge¬
trieben werden könne, hat gewiß kein Statistiker geglaubt, welcher auf der Land¬
karte richtig nachzuweisen vermochte, daß 4 Millionen eigentlicher Magyaren von
dreimal so viel feindlichen Männern umgeben sind. Diese Feindschaften aber sind,
wie Jeder weiß, noch ein Vermächtniß Metternich's, das sich über kurz oder laug
ausgegeben haben wird, und wenn Stadion auf seinem Lehnstuhle Nationen aus¬
brütet, wie eine gackernde Henne ihre Eier, so dürfte die nächste Zukunft schon
beweisen, daß die künstliche Brütezeit längst verstrichen ist und daß die Grasmücke
Stadion ihre Muttersorgen an Eiern verschwendet hat, die ihr der Kukuk Niko¬
laus mit seinen Popen unter den Steiß geschoben hat. —




Briefe ans Oestreich.
Von einem deutschen Reisenden.



I.

Im vorigen Sommer machten alle Wiener Demokraten die ärgerliche, alle
wiener Konservativen die angenehme Bemerkung, daß kein Norddeutscher dieser
,"Ul, der sich nicht zum sogenannten Schwarzgelbthum bekannte. Ich gestehe, daß
^) vor dem November ebenfalls schwarzgelb war und es noch gerne sein möchte, —
^ norddeutschen Sinne nämlich. Mau pflegte hier als eine Schmeichelei aufzu-
^I)»le>,, was von Seiten des Ausländers nur Sorge um Deutschland war. Das
Aufgehen Oestreichs im Arndt'schen Gesammtvaterlande erkannte der Kurzsichtigste
^ einen gefährlichen Prozeß; Polen, Slowake», Magyaren, Serben, Walachen
""d Kroaten konnten über dem Experiment einen Waffeutauz aufführen, in den
"ber Kurz oder Lang der Moskoff als Friedensrichter sich einmischen mußte. Dann
uns vielleicht sür alle Zukunft der Weg nach Osten verschneit, die Donau
Floren, wenn nicht noch ärgere Verwirrung daraus erfolgte. Besser also, daß
Östreich, statt mit ein paar brennenden Trümmern unserem Deutschland im
Augenblick seines Wiederaufbaues ins Haus zu fallen, ganz beisammen blieb:
^"Noth-Obdach für ein Dutzend halbnackte, verwahrloste Völker, zu stolz und
^»«


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/209>, abgerufen am 15.01.2025.