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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.

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bewaffneten Bauern verfolgt, in ihre Festung zurück. Mit diesem übelberechneten
Schlage haben Ew. Excellenz drei Uebel angerichtet: erstens, daß dreizehn ganz
unschuldige Menschen verloren gingen und mehr als soviel Häuser eingeäschert
wurden; daß zweite, daß Sie die serbische Nation aus ihrem legalen Wege heraus¬
schleuderten; das dritte und größte Uebel endlich, daß Sie den gegenwärtigen
Bürgerkrieg entzündeten und ihm den gegenwärtigen greulichen Charakter vor¬
zeichneten."

An der Spitze jenes Häufleins serbischer Bauern und einiger Landwehrmän-
uer aus dem Peterwardeiner Regimentsbezirk hatte sich Stratünirovic gestellt. In
Karlowit/s blutigen Pfingsten sind die Würfel der Entscheidung zwischen Krieg
und Frieden gefallen, jung und alt, wer nur ein Gewehr zu führen vermochte,
rüstete und stellte sich uuter Waffen in die Römerschanzen zwischen die Donau und
Theiß. Das Peterwardeiner Grenzregimeut und das unvergleichliche Cajkistenba-
taillonerhob sich in Masse, und bald folgte das deutschbanater Grenzregiment.
Eine stattliche, wvhlbewcihrte, kampfbegierige Schaar war da, aber kein Führer!
Zu den k. k. Offizieren, den fremden und despotischen Drängern der biedern Grenz¬
mannschaft, hatte das Volk kein Zutrauen, die "leisten von ihnen waren >-- nach¬
dem durch ihre elenden Intriguen im Stabsvrte Mitrvvitz Bürgerblut geflossen --
feig geflohen oder von erbittertem Volk theils gefangen, theils verjagt worden.
Das versammelte Volk wählte Stratimirvvic zu seinem Oberfeldherrn, der in ven
Offizieren Milojevic, Joanvvic, Snrducky, Bobalic und Böhmle bald bewährte
Unterfeldherrn fand. Die Operationslinie wurde erweitert und außer den be¬
rühmten Nömerschanzen feste Lager zu Karlowitz, Se. Thomas, Perlaz und Ali-
bunar errichtet und bezogen. Freiwillige aus dem unter türkischer Oberhohheit
befindlichen Fürstenthum Serbien, aus Bosnien und untern Slavenländern kamen
herbei, ihren Stammgenossen zu helfen, ihre Zahl erwuchs bald dergestalt, daß
sie unter des bekannten Kriegshelden Stefan Petrovic Knicanin ein eignes Ar-
meecorps zu bilden stark genug waren. Neben vielen kleinen Gefechten schlug Stra-
timirovic im Monat August die drei Schlachten von Se. Thomas, Temerin und
Eczka siegreich.

Se. Thomas ist der wichtigste Punkt in der Vertheidigungslinie der serbischen
Wojwodschaft, es ist der Schlüssel zu Javok und dem Cajkistenbataillone, mit Se.
Thomas wäre mehr als die Wojwodschaft verloren gegangen Se. Thomas ist,




Das Cajkistcnbataillon besteht aus lauter Serben und bildete einen wichtigen Theil des
östreichischen Militärgrenzcordons gegen die Türkei und besorgt zugleich die östreichische Donau-
und Theis-flonlle. Die Ccijkisten (Saikassi) sind im Land- und Wasserdienst gleich geübt, im
Artillerie - und Pionirwesen wohl erfahren.
**) Vollkommen verbürgte Nachrichten versichern, daß es beim fünften Angriff zu Ende
März 1849 dem Maguarcnführer Perczel gelungen ist, das feste Lager von Se. Thomas zu
nehmen, doch erst über die Leiche des löwenkühncn serbischen Befehlbabers Böhmle. Die Ein¬
nahme von Se. Thomas ist für die Ungarn ein unberechenbar hoher Vortheil.

bewaffneten Bauern verfolgt, in ihre Festung zurück. Mit diesem übelberechneten
Schlage haben Ew. Excellenz drei Uebel angerichtet: erstens, daß dreizehn ganz
unschuldige Menschen verloren gingen und mehr als soviel Häuser eingeäschert
wurden; daß zweite, daß Sie die serbische Nation aus ihrem legalen Wege heraus¬
schleuderten; das dritte und größte Uebel endlich, daß Sie den gegenwärtigen
Bürgerkrieg entzündeten und ihm den gegenwärtigen greulichen Charakter vor¬
zeichneten."

An der Spitze jenes Häufleins serbischer Bauern und einiger Landwehrmän-
uer aus dem Peterwardeiner Regimentsbezirk hatte sich Stratünirovic gestellt. In
Karlowit/s blutigen Pfingsten sind die Würfel der Entscheidung zwischen Krieg
und Frieden gefallen, jung und alt, wer nur ein Gewehr zu führen vermochte,
rüstete und stellte sich uuter Waffen in die Römerschanzen zwischen die Donau und
Theiß. Das Peterwardeiner Grenzregimeut und das unvergleichliche Cajkistenba-
taillonerhob sich in Masse, und bald folgte das deutschbanater Grenzregiment.
Eine stattliche, wvhlbewcihrte, kampfbegierige Schaar war da, aber kein Führer!
Zu den k. k. Offizieren, den fremden und despotischen Drängern der biedern Grenz¬
mannschaft, hatte das Volk kein Zutrauen, die »leisten von ihnen waren >— nach¬
dem durch ihre elenden Intriguen im Stabsvrte Mitrvvitz Bürgerblut geflossen —
feig geflohen oder von erbittertem Volk theils gefangen, theils verjagt worden.
Das versammelte Volk wählte Stratimirvvic zu seinem Oberfeldherrn, der in ven
Offizieren Milojevic, Joanvvic, Snrducky, Bobalic und Böhmle bald bewährte
Unterfeldherrn fand. Die Operationslinie wurde erweitert und außer den be¬
rühmten Nömerschanzen feste Lager zu Karlowitz, Se. Thomas, Perlaz und Ali-
bunar errichtet und bezogen. Freiwillige aus dem unter türkischer Oberhohheit
befindlichen Fürstenthum Serbien, aus Bosnien und untern Slavenländern kamen
herbei, ihren Stammgenossen zu helfen, ihre Zahl erwuchs bald dergestalt, daß
sie unter des bekannten Kriegshelden Stefan Petrovic Knicanin ein eignes Ar-
meecorps zu bilden stark genug waren. Neben vielen kleinen Gefechten schlug Stra-
timirovic im Monat August die drei Schlachten von Se. Thomas, Temerin und
Eczka siegreich.

Se. Thomas ist der wichtigste Punkt in der Vertheidigungslinie der serbischen
Wojwodschaft, es ist der Schlüssel zu Javok und dem Cajkistenbataillone, mit Se.
Thomas wäre mehr als die Wojwodschaft verloren gegangen Se. Thomas ist,




Das Cajkistcnbataillon besteht aus lauter Serben und bildete einen wichtigen Theil des
östreichischen Militärgrenzcordons gegen die Türkei und besorgt zugleich die östreichische Donau-
und Theis-flonlle. Die Ccijkisten (Saikassi) sind im Land- und Wasserdienst gleich geübt, im
Artillerie - und Pionirwesen wohl erfahren.
**) Vollkommen verbürgte Nachrichten versichern, daß es beim fünften Angriff zu Ende
März 1849 dem Maguarcnführer Perczel gelungen ist, das feste Lager von Se. Thomas zu
nehmen, doch erst über die Leiche des löwenkühncn serbischen Befehlbabers Böhmle. Die Ein¬
nahme von Se. Thomas ist für die Ungarn ein unberechenbar hoher Vortheil.
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[0170] bewaffneten Bauern verfolgt, in ihre Festung zurück. Mit diesem übelberechneten Schlage haben Ew. Excellenz drei Uebel angerichtet: erstens, daß dreizehn ganz unschuldige Menschen verloren gingen und mehr als soviel Häuser eingeäschert wurden; daß zweite, daß Sie die serbische Nation aus ihrem legalen Wege heraus¬ schleuderten; das dritte und größte Uebel endlich, daß Sie den gegenwärtigen Bürgerkrieg entzündeten und ihm den gegenwärtigen greulichen Charakter vor¬ zeichneten." An der Spitze jenes Häufleins serbischer Bauern und einiger Landwehrmän- uer aus dem Peterwardeiner Regimentsbezirk hatte sich Stratünirovic gestellt. In Karlowit/s blutigen Pfingsten sind die Würfel der Entscheidung zwischen Krieg und Frieden gefallen, jung und alt, wer nur ein Gewehr zu führen vermochte, rüstete und stellte sich uuter Waffen in die Römerschanzen zwischen die Donau und Theiß. Das Peterwardeiner Grenzregimeut und das unvergleichliche Cajkistenba- taillonerhob sich in Masse, und bald folgte das deutschbanater Grenzregiment. Eine stattliche, wvhlbewcihrte, kampfbegierige Schaar war da, aber kein Führer! Zu den k. k. Offizieren, den fremden und despotischen Drängern der biedern Grenz¬ mannschaft, hatte das Volk kein Zutrauen, die »leisten von ihnen waren >— nach¬ dem durch ihre elenden Intriguen im Stabsvrte Mitrvvitz Bürgerblut geflossen — feig geflohen oder von erbittertem Volk theils gefangen, theils verjagt worden. Das versammelte Volk wählte Stratimirvvic zu seinem Oberfeldherrn, der in ven Offizieren Milojevic, Joanvvic, Snrducky, Bobalic und Böhmle bald bewährte Unterfeldherrn fand. Die Operationslinie wurde erweitert und außer den be¬ rühmten Nömerschanzen feste Lager zu Karlowitz, Se. Thomas, Perlaz und Ali- bunar errichtet und bezogen. Freiwillige aus dem unter türkischer Oberhohheit befindlichen Fürstenthum Serbien, aus Bosnien und untern Slavenländern kamen herbei, ihren Stammgenossen zu helfen, ihre Zahl erwuchs bald dergestalt, daß sie unter des bekannten Kriegshelden Stefan Petrovic Knicanin ein eignes Ar- meecorps zu bilden stark genug waren. Neben vielen kleinen Gefechten schlug Stra- timirovic im Monat August die drei Schlachten von Se. Thomas, Temerin und Eczka siegreich. Se. Thomas ist der wichtigste Punkt in der Vertheidigungslinie der serbischen Wojwodschaft, es ist der Schlüssel zu Javok und dem Cajkistenbataillone, mit Se. Thomas wäre mehr als die Wojwodschaft verloren gegangen Se. Thomas ist, Das Cajkistcnbataillon besteht aus lauter Serben und bildete einen wichtigen Theil des östreichischen Militärgrenzcordons gegen die Türkei und besorgt zugleich die östreichische Donau- und Theis-flonlle. Die Ccijkisten (Saikassi) sind im Land- und Wasserdienst gleich geübt, im Artillerie - und Pionirwesen wohl erfahren. **) Vollkommen verbürgte Nachrichten versichern, daß es beim fünften Angriff zu Ende März 1849 dem Maguarcnführer Perczel gelungen ist, das feste Lager von Se. Thomas zu nehmen, doch erst über die Leiche des löwenkühncn serbischen Befehlbabers Böhmle. Die Ein¬ nahme von Se. Thomas ist für die Ungarn ein unberechenbar hoher Vortheil.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_278509/170>, abgerufen am 15.01.2025.