Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. II. Band.trug, dessen Häubchen mit rothen Bändern geziert war, die Weisung, augenblicklich Ich kann Ihnen den deprimirenden Eindruck nicht beschreiben, den die ganze Doch halt, ja! nach der falschen Seite hin, nach Deutschland entwickelt trug, dessen Häubchen mit rothen Bändern geziert war, die Weisung, augenblicklich Ich kann Ihnen den deprimirenden Eindruck nicht beschreiben, den die ganze Doch halt, ja! nach der falschen Seite hin, nach Deutschland entwickelt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0148" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278658"/> <p xml:id="ID_433" prev="#ID_432"> trug, dessen Häubchen mit rothen Bändern geziert war, die Weisung, augenblicklich<lb/> nach Hanse zu gehen und dem Kinde die rothen Bänder abzunehmen, widrigen¬<lb/> falls sie mit sammt dem Kinde „eingeführt" werden solle! — Es gibt eine Krank¬<lb/> heit — ich glaube sie heißt Diabetes — die allen Nahrungsstoff, der dem Körper<lb/> zugeführt wird, in Zucker verwandelt; gewöhnlich ist sie unheilbar; das arme<lb/> Oestreich laborirt jetzt, Dank der Geschicklichkeit seiner Aerzte, an einem solchen<lb/> HochverrathSdiabetes, der selbst aus den Häubchen der Säuglinge Hochverrath zu<lb/> bereiten weiß; ich fürchte, die Krankheit ist unheilbar!</p><lb/> <p xml:id="ID_434"> Ich kann Ihnen den deprimirenden Eindruck nicht beschreiben, den die ganze<lb/> irrationelle verächtliche Wirthschaft hier — ich brauche sehr milde Ausdrücke —<lb/> auf Jeden machen muß, der wie wir, das Bestehen eines vernünftigen östreichi¬<lb/> schen Staates von jeher aufrichtig gewünscht hat; für den freilich, der auf den<lb/> Auseinanderfall Oestreichs spekulirte, stehen die Aktien jetzt günstiger als je. Nie<lb/> waren große Entschlüsse, große Maßregeln nöthiger in Oestreich als jetzt, und nie<lb/> war weniger Aussicht dazu da, daß die rechten Männer sich finden werden. Der<lb/> ungarische Krieg ist die Lebensfrage für Oestreich; sichere Nachrichten vom Kriegs¬<lb/> schauplatze fehlen uns hier seit den letzten Tagen durchaus, aber, wer auch nur<lb/> die letzten verrückten Bulletins gelesen hat, in denen bald vorwärts retirirt, bald<lb/> rückwärts vorgedrungen, bald ein Sieg erfochten wird, dessen glänzendes Resultat<lb/> ist, daß man auf dem Rückzüge von dem Feinde nur wenig belästigt worden, weiß,<lb/> daß es dort ganz verzweifelt steht, und wer es noch nicht weiß, der kann es ans<lb/> dem Lloyd herauslesen, der mit einem Male höchst sentimental wird, die Entdeckung<lb/> macht, daß die scheußlichen ungarischen Rebellen die besten Patrioten, und nur<lb/> etwas unklare Köpfe sind, mit denen man sich schleunigst verständige« müsse. Ver¬<lb/> ständige euch jetzt einmal, nachdem ihr es durch eure brutale Verachtung der<lb/> „feigen ungarischen Rebellen" dahin gebracht habt, mit dem heißblütigen Magyaren,<lb/> dessen Stolz. Uebermuth und Selbstüberschätzung wenigstens noch dreimal so groß<lb/> ist als seine Tapferkeit; wir wollen sehen, was dabei herauskommt! Wie die Sachen<lb/> jetzt stehen, müßte der letzte Hauch von Mann und Roß aufgeboten, nöthigenfalls<lb/> die ganze Armee aus den italienischen Provinzen, die man auf diese Weise wenig¬<lb/> stens noch mit Ehren los werden könnte, herausgezogen und nach Ungarn geworfen,<lb/> und die Insurrektion um jeden Preis bewältigt werden, dann, aber erst dann<lb/> könnte man von Verständigung sprechen. Aber freilich, wo soll die Energie her¬<lb/> kommen? es ist davon zuviel auf die Executionen im Stadtgraben und die Ver¬<lb/> haftung von Säuglingen verwendet worden; an den dummen Schnickschnack von<lb/> Patriotismus nud dergleichen darf man ohnedies nicht appelliren; rufen doch selbst<lb/> die Slaven schon: Eljen Kossuth!</p><lb/> <p xml:id="ID_435" next="#ID_436"> Doch halt, ja! nach der falschen Seite hin, nach Deutschland entwickelt<lb/> wenigstens das östreichische Ministerium noch immer einige Energie; es scheint<lb/> instinktmäßig zu fühlen, daß man in Deutschland noch immer zuvorkommend genug</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0148]
trug, dessen Häubchen mit rothen Bändern geziert war, die Weisung, augenblicklich
nach Hanse zu gehen und dem Kinde die rothen Bänder abzunehmen, widrigen¬
falls sie mit sammt dem Kinde „eingeführt" werden solle! — Es gibt eine Krank¬
heit — ich glaube sie heißt Diabetes — die allen Nahrungsstoff, der dem Körper
zugeführt wird, in Zucker verwandelt; gewöhnlich ist sie unheilbar; das arme
Oestreich laborirt jetzt, Dank der Geschicklichkeit seiner Aerzte, an einem solchen
HochverrathSdiabetes, der selbst aus den Häubchen der Säuglinge Hochverrath zu
bereiten weiß; ich fürchte, die Krankheit ist unheilbar!
Ich kann Ihnen den deprimirenden Eindruck nicht beschreiben, den die ganze
irrationelle verächtliche Wirthschaft hier — ich brauche sehr milde Ausdrücke —
auf Jeden machen muß, der wie wir, das Bestehen eines vernünftigen östreichi¬
schen Staates von jeher aufrichtig gewünscht hat; für den freilich, der auf den
Auseinanderfall Oestreichs spekulirte, stehen die Aktien jetzt günstiger als je. Nie
waren große Entschlüsse, große Maßregeln nöthiger in Oestreich als jetzt, und nie
war weniger Aussicht dazu da, daß die rechten Männer sich finden werden. Der
ungarische Krieg ist die Lebensfrage für Oestreich; sichere Nachrichten vom Kriegs¬
schauplatze fehlen uns hier seit den letzten Tagen durchaus, aber, wer auch nur
die letzten verrückten Bulletins gelesen hat, in denen bald vorwärts retirirt, bald
rückwärts vorgedrungen, bald ein Sieg erfochten wird, dessen glänzendes Resultat
ist, daß man auf dem Rückzüge von dem Feinde nur wenig belästigt worden, weiß,
daß es dort ganz verzweifelt steht, und wer es noch nicht weiß, der kann es ans
dem Lloyd herauslesen, der mit einem Male höchst sentimental wird, die Entdeckung
macht, daß die scheußlichen ungarischen Rebellen die besten Patrioten, und nur
etwas unklare Köpfe sind, mit denen man sich schleunigst verständige« müsse. Ver¬
ständige euch jetzt einmal, nachdem ihr es durch eure brutale Verachtung der
„feigen ungarischen Rebellen" dahin gebracht habt, mit dem heißblütigen Magyaren,
dessen Stolz. Uebermuth und Selbstüberschätzung wenigstens noch dreimal so groß
ist als seine Tapferkeit; wir wollen sehen, was dabei herauskommt! Wie die Sachen
jetzt stehen, müßte der letzte Hauch von Mann und Roß aufgeboten, nöthigenfalls
die ganze Armee aus den italienischen Provinzen, die man auf diese Weise wenig¬
stens noch mit Ehren los werden könnte, herausgezogen und nach Ungarn geworfen,
und die Insurrektion um jeden Preis bewältigt werden, dann, aber erst dann
könnte man von Verständigung sprechen. Aber freilich, wo soll die Energie her¬
kommen? es ist davon zuviel auf die Executionen im Stadtgraben und die Ver¬
haftung von Säuglingen verwendet worden; an den dummen Schnickschnack von
Patriotismus nud dergleichen darf man ohnedies nicht appelliren; rufen doch selbst
die Slaven schon: Eljen Kossuth!
Doch halt, ja! nach der falschen Seite hin, nach Deutschland entwickelt
wenigstens das östreichische Ministerium noch immer einige Energie; es scheint
instinktmäßig zu fühlen, daß man in Deutschland noch immer zuvorkommend genug
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