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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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manchmal selbst mit Edelsteinen ausgelegt. Die Preise davon sind je nach der
Gattung verschieden, die gewöhnlichsten sind: für einen Taban 8 Dukaten, für
einen Dimiskia 14, für einen Schaum 20, für einen Kararosnan 34 Dukaten.
In der Handhabung und Wirkung gleicht diese eigenthümliche Mordwaffe zumeist
den Entermessern der Matrosen; Serben und Türken wissen sie gleich gut zu
brauchen, sie sind bereu fürchterlichste Waffe und zum orientalischen Garaus, dem
Kopfabschneiden, ganz besonders geeignet.

Am nächsten Morgen bewunderten wir bei einer Parade die fürstlich serbi¬
schen Truppen, die ritterliche Haltung und gute Schule. Die Uniformirung muß
als geschmackvoll gerühmt werden, wenn wir auch bei derselben den nationalen
Typus ungern vermißten. Die Infanterie trägt lange stahlgrüne Waffenröcke
nach russischem Zuschnitt mit rothen Aufschlägen, an den Aermeln paspoilirte Stege,
dunkelgraue Pantalons mit rothen Streifen und schwarzpolirte Pickelhauben mit
weißer Montirung und mächtigen Noßbüschen. Die Waffenröcke der Kavallerie
sind franzblau, die Pickelhauben blank; ihre Bewaffnung besteht in einem Korb-
säbel, dem Karabiner und einer langen Lanze, woran ein blau-weiß-rothes Fähn¬
chen flattert. Die Infanterie hat schöne Lütticher Bajonnetgewehre. Die Officiers-
auszeichnungen bei beiden Waffengattungen siud goldgesäumte Stege an den
Aermelaufschlägen, goldene Epaulettes und blau-weiß-rothe Feldbiuden. Um das
Heerwesen steht es in Serbien sehr gut. Jeder Serbe ohne Unterschied ist wehr¬
pflichtig, die Dienstzeit dauert blos zwei Jahre, bei der Artillerie jedoch etwas
länger. Das Exerzierreglement ist nach dem russischen, selbst die Kommandoworte
sind den russischen nachgebildet und blos obenhin in serbische Form gebracht.
Reguläre Uniform hat jedoch nur die nach den Traktaten zwischen den Türken,
Serben und Russen dem serbischen Fürstenthume gestattete Truppenanzahl. Nichts
desto weniger wird die übrige größere Menge auf dem Lande von den Kreischefs,
die immer nebenbei eine Obristcncharge bekleiden, und den Kreisunterbeamten
fleißig exercirt, was rasch und wacker von Statten geht, da in Serbien jeder
Waucrnkuabe seine Waffe hat und sie zu führen weiß.

Nicht minder gut organisirt ist Serbiens Polizeiwesen. Die Polizeisoldaten
oder Panduren -- wie man sie bei allen südslavischcn Stämmen nennt -- tragen
keine Uniformen, sondern bürgerliche Kleidung, Pistolen und Messer im Gürtel,
damit sie weniger auffallen und leichter unvermuthet einschreiten können. Die
Polizei kümmert sich nur um Erhaltung der Ordnung und Schutz des Eigenthums.
Die Rede ist in Serbien völlig frei. Allenthalben an den öffentlichen Orten be¬
kömmt man die schärfsten Kritiken über diese oder jene Maßnahme der serbischen
Regierung, nicht selten selbst tadelnde Verbesserungen gegen die Person des regie¬
renden Fürsten Alexander und Lobeserhebungen des geächteten Exfürsten Michael
zu hören. Die Sicherheit des Eigenthums wird in Belgrad durch die ungemein
strengen Verordnungen und unermüdliche Aufsicht so vortrefflich gewahrt, daß seit


manchmal selbst mit Edelsteinen ausgelegt. Die Preise davon sind je nach der
Gattung verschieden, die gewöhnlichsten sind: für einen Taban 8 Dukaten, für
einen Dimiskia 14, für einen Schaum 20, für einen Kararosnan 34 Dukaten.
In der Handhabung und Wirkung gleicht diese eigenthümliche Mordwaffe zumeist
den Entermessern der Matrosen; Serben und Türken wissen sie gleich gut zu
brauchen, sie sind bereu fürchterlichste Waffe und zum orientalischen Garaus, dem
Kopfabschneiden, ganz besonders geeignet.

Am nächsten Morgen bewunderten wir bei einer Parade die fürstlich serbi¬
schen Truppen, die ritterliche Haltung und gute Schule. Die Uniformirung muß
als geschmackvoll gerühmt werden, wenn wir auch bei derselben den nationalen
Typus ungern vermißten. Die Infanterie trägt lange stahlgrüne Waffenröcke
nach russischem Zuschnitt mit rothen Aufschlägen, an den Aermeln paspoilirte Stege,
dunkelgraue Pantalons mit rothen Streifen und schwarzpolirte Pickelhauben mit
weißer Montirung und mächtigen Noßbüschen. Die Waffenröcke der Kavallerie
sind franzblau, die Pickelhauben blank; ihre Bewaffnung besteht in einem Korb-
säbel, dem Karabiner und einer langen Lanze, woran ein blau-weiß-rothes Fähn¬
chen flattert. Die Infanterie hat schöne Lütticher Bajonnetgewehre. Die Officiers-
auszeichnungen bei beiden Waffengattungen siud goldgesäumte Stege an den
Aermelaufschlägen, goldene Epaulettes und blau-weiß-rothe Feldbiuden. Um das
Heerwesen steht es in Serbien sehr gut. Jeder Serbe ohne Unterschied ist wehr¬
pflichtig, die Dienstzeit dauert blos zwei Jahre, bei der Artillerie jedoch etwas
länger. Das Exerzierreglement ist nach dem russischen, selbst die Kommandoworte
sind den russischen nachgebildet und blos obenhin in serbische Form gebracht.
Reguläre Uniform hat jedoch nur die nach den Traktaten zwischen den Türken,
Serben und Russen dem serbischen Fürstenthume gestattete Truppenanzahl. Nichts
desto weniger wird die übrige größere Menge auf dem Lande von den Kreischefs,
die immer nebenbei eine Obristcncharge bekleiden, und den Kreisunterbeamten
fleißig exercirt, was rasch und wacker von Statten geht, da in Serbien jeder
Waucrnkuabe seine Waffe hat und sie zu führen weiß.

Nicht minder gut organisirt ist Serbiens Polizeiwesen. Die Polizeisoldaten
oder Panduren — wie man sie bei allen südslavischcn Stämmen nennt — tragen
keine Uniformen, sondern bürgerliche Kleidung, Pistolen und Messer im Gürtel,
damit sie weniger auffallen und leichter unvermuthet einschreiten können. Die
Polizei kümmert sich nur um Erhaltung der Ordnung und Schutz des Eigenthums.
Die Rede ist in Serbien völlig frei. Allenthalben an den öffentlichen Orten be¬
kömmt man die schärfsten Kritiken über diese oder jene Maßnahme der serbischen
Regierung, nicht selten selbst tadelnde Verbesserungen gegen die Person des regie¬
renden Fürsten Alexander und Lobeserhebungen des geächteten Exfürsten Michael
zu hören. Die Sicherheit des Eigenthums wird in Belgrad durch die ungemein
strengen Verordnungen und unermüdliche Aufsicht so vortrefflich gewahrt, daß seit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/506>, abgerufen am 29.06.2024.