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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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und während er früher den Glanz der königlichen Hoheit ausmachte, soll er jetzt
"in!^e8tas populi" heißen, und dem Volke selbst souveraine Herrlichkeit ver¬
leihen. Aber die täppische Menge, deren trefflich gezeichneter Repräsentant Jakob
ist, vermag das Geheimniß des Diamanten nicht zu fassen, und ehe sie sich noch
darein findet, tritt der Jude auf und betrügt sie um das kostbare Kleinod, indem
er es heimlich verschluckt. Der gestohlene und verschluckte Diamant hat nun andere
Bedeutung, anderen; Namen und heißt nun Geldherrschaft, Geldmacht. Dasselbe
Kleinod, welches der König früher ans der Krone stolz zur Schau trug, hat uun
die Habsucht gierig verschlungen: was früher Glorie und höchste Zierde war, ist
jetzt ein geizig festgehaltener, an ekelster Stelle bewahrter Besitz. An den Juden
treten nun die Repräsentanten der entarteten Gesellschaft heran, um ihm die Allein¬
herrschaft des Geldes streitig zu machen. Es befindet sich der Richter und der
Arzt darunter -- Stände, welche die heiligste" Pflichten in der Gesellschaft über¬
nommen haben. Diese Erbärmlichen, deren ganzes Wesen aus drei Viertheilen
Habsucht und einem Viertheil Gewissen besteht, suchen auf alle mögliche Weise
dem Juden an den Leib zu kommen, um sich des Diamanten zu bemächtigen, und
halten schon die Instrumente in Bereitschaft, um ihm ohne weiteres den Bauch
aufzuschneiden. Es beginnt nun ein allgemeines, hastig-wahnsinniges, schauerlich¬
komisches Haschen und Langen nach dem leuchtenden Punkte des Lebens, das
allem Verstände und Gewissen mit Untergang droht. Der degenerirte Theil der
Gesellschaft will den Diamanten stehlen, um so den schlechten Streich des Juden
zu wiederholen; der König sucht ihn zu viudiziren, weil davon der fernere Be¬
stand des Königthums abhängt, und dem Verlornen Edelstein auch ohne Bedenken
die Krone nachgeworfen werden kann, und das geprellte Volk sucht ihn gleichfalls
wieder zu erhalten, weil es seinen Werth an der Lüsternheit des Diebes abmaß,
und nun weiß, wieviel es durch seine Blindheit einbüßte. Der König ist bereit,
um des Diamanten willen die bedeutendsten Opfer zu bringen; Jakob hat sich
dagegen im Namen des Volkes fest vorgenommen, nach der Wiedererlangung des¬
selben sich selbst einen Vormund, und diesem wieder einen Vormund zu bestellen,
uni sich durch eine solche im Großen durchgeführte Tutel, mag sie nun Volksver¬
tretung oder wie immer heißen, gegen jeden fernern Betrug zu verwahren. Aber
der Diamant steckt so fest in den Eingeweiden des Juden Benjamin, daß er nicht
wieder den Weg zur Krone zurück machen kann. Um sich aber von seinen Pei¬
nigern zu befreien, wirst er ihnen endlich einen falschen Stein hin und bringt
ihnen die Meinung bei, er habe den Diamanten von sich gegeben und sei so
wieder zu seiner früheren socialen Bedeutungslosigkeit zurückgekehrt.

Der falsche Stein kommt nun in Jakobs Hand zurück, und der König läßt
dem Volke gern die früher versprochenen Concessionen zu Theil werden, er bringt
bereitwillig die größten Königsopfer, um nur den vermeintlichen Diamanten wie¬
der in die Krone einsetzen zu können. Jetzt glaubt man wieder im Besitze des


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und während er früher den Glanz der königlichen Hoheit ausmachte, soll er jetzt
„in!^e8tas populi" heißen, und dem Volke selbst souveraine Herrlichkeit ver¬
leihen. Aber die täppische Menge, deren trefflich gezeichneter Repräsentant Jakob
ist, vermag das Geheimniß des Diamanten nicht zu fassen, und ehe sie sich noch
darein findet, tritt der Jude auf und betrügt sie um das kostbare Kleinod, indem
er es heimlich verschluckt. Der gestohlene und verschluckte Diamant hat nun andere
Bedeutung, anderen; Namen und heißt nun Geldherrschaft, Geldmacht. Dasselbe
Kleinod, welches der König früher ans der Krone stolz zur Schau trug, hat uun
die Habsucht gierig verschlungen: was früher Glorie und höchste Zierde war, ist
jetzt ein geizig festgehaltener, an ekelster Stelle bewahrter Besitz. An den Juden
treten nun die Repräsentanten der entarteten Gesellschaft heran, um ihm die Allein¬
herrschaft des Geldes streitig zu machen. Es befindet sich der Richter und der
Arzt darunter — Stände, welche die heiligste» Pflichten in der Gesellschaft über¬
nommen haben. Diese Erbärmlichen, deren ganzes Wesen aus drei Viertheilen
Habsucht und einem Viertheil Gewissen besteht, suchen auf alle mögliche Weise
dem Juden an den Leib zu kommen, um sich des Diamanten zu bemächtigen, und
halten schon die Instrumente in Bereitschaft, um ihm ohne weiteres den Bauch
aufzuschneiden. Es beginnt nun ein allgemeines, hastig-wahnsinniges, schauerlich¬
komisches Haschen und Langen nach dem leuchtenden Punkte des Lebens, das
allem Verstände und Gewissen mit Untergang droht. Der degenerirte Theil der
Gesellschaft will den Diamanten stehlen, um so den schlechten Streich des Juden
zu wiederholen; der König sucht ihn zu viudiziren, weil davon der fernere Be¬
stand des Königthums abhängt, und dem Verlornen Edelstein auch ohne Bedenken
die Krone nachgeworfen werden kann, und das geprellte Volk sucht ihn gleichfalls
wieder zu erhalten, weil es seinen Werth an der Lüsternheit des Diebes abmaß,
und nun weiß, wieviel es durch seine Blindheit einbüßte. Der König ist bereit,
um des Diamanten willen die bedeutendsten Opfer zu bringen; Jakob hat sich
dagegen im Namen des Volkes fest vorgenommen, nach der Wiedererlangung des¬
selben sich selbst einen Vormund, und diesem wieder einen Vormund zu bestellen,
uni sich durch eine solche im Großen durchgeführte Tutel, mag sie nun Volksver¬
tretung oder wie immer heißen, gegen jeden fernern Betrug zu verwahren. Aber
der Diamant steckt so fest in den Eingeweiden des Juden Benjamin, daß er nicht
wieder den Weg zur Krone zurück machen kann. Um sich aber von seinen Pei¬
nigern zu befreien, wirst er ihnen endlich einen falschen Stein hin und bringt
ihnen die Meinung bei, er habe den Diamanten von sich gegeben und sei so
wieder zu seiner früheren socialen Bedeutungslosigkeit zurückgekehrt.

Der falsche Stein kommt nun in Jakobs Hand zurück, und der König läßt
dem Volke gern die früher versprochenen Concessionen zu Theil werden, er bringt
bereitwillig die größten Königsopfer, um nur den vermeintlichen Diamanten wie¬
der in die Krone einsetzen zu können. Jetzt glaubt man wieder im Besitze des


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/467>, abgerufen am 23.07.2024.