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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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ist, daß die Execution zu neuen Verbrechen reizt, nicht einmal, sondern fort¬
dauernd, so ist sie vom Uebel geworden und es ist die höchste Zeit, damit aufzu¬
hören. Die Erbitterung des Militärs, die Aufregung der ruhigen Bürger, der
Wahnsinn exaltirter Proletarier werden auf diesem Wege täglich größer, und früher
oder später wird ein neues Blutbad die Folge sein.

Wir verlangen keine Straflosigkeit für Verbrechen, aber wir verlangen
Verurth eilung des Verbrechens durch das gewöhnliche Gericht.
Es wird möglich sein, auch die Urtheile des Civilgerichts schnell zu erreichen.

Wir fordern Aufhebung des Belagerungszustandes, oder wenn
das Ministerium nicht den Muth hat, denselben während der Dauer des ungari¬
schen Feldzugs aufzuheben, doch mildere Handhabung desselben.

Wir fordern während seiner Dauer provisorische Gesetze über die
Presse und politischen Vereine und eine provisorische, für die Dauer
der Zwangspolizei eingesetzte Jury; welche nach diesen Gesetzen über Preß ver¬
gehen und Vergehen politischer Vereine zu urtheile" hat. Wir werden
uns gefallen lassen, daß das Ministerium diese Nichtercommissivn ernennt, aber
ihre Verhandlungen müssen öffentlich sein.

Was wir fordern, ist im Interesse des Kaiserstaats. Möge das Staats¬
ministerium sich nicht durch die Loyalitätsadressen guter Bürger täuschen lassen.
Die Politik, nach welcher Wien jetzt regiert wird, hat keine guten Folgen, und
wir, conservative Männer, welche Oestreich lieben, und beruhigt und genesen wün¬
schen, erfüllen eine Pflicht, indem wir unsere Klagen öffentlich aussprechen.

So weit sind wir gekommen, daß wir außerhalb Wien und Oestreich den
Raum für diese Zeilen suchen müssen.




Die Kunst und Künstler in der Revolution.



Wer im vorigen Jahr unsere jungen Maler durch die Straßen ziehn sah,
den aufgekrämpten Hut mit rother Feder auf dem Kopf, die Blouse über den Hüf¬
ten zusammengezogen, die Büchse im Arm, der dachte wohl mit wehmüthigem Lä¬
cheln daran, daß die Staffelei der Künstler unterdeß bestäubt im Winkel stand,
während die Phantasie und Leidenschaft dieser elastischen Naturen in einer Fülle
von neuen Anschauungen und Gefühlen schwelgte. Was wird ihr Loos sein?
Wie Viele werden aus dem Taumel sich und ihre Küustlerzukunft retten? Und
die deutsche Kunst selbst, deren fröhliche Repräsentanten unsre jungen Männer bei


ist, daß die Execution zu neuen Verbrechen reizt, nicht einmal, sondern fort¬
dauernd, so ist sie vom Uebel geworden und es ist die höchste Zeit, damit aufzu¬
hören. Die Erbitterung des Militärs, die Aufregung der ruhigen Bürger, der
Wahnsinn exaltirter Proletarier werden auf diesem Wege täglich größer, und früher
oder später wird ein neues Blutbad die Folge sein.

Wir verlangen keine Straflosigkeit für Verbrechen, aber wir verlangen
Verurth eilung des Verbrechens durch das gewöhnliche Gericht.
Es wird möglich sein, auch die Urtheile des Civilgerichts schnell zu erreichen.

Wir fordern Aufhebung des Belagerungszustandes, oder wenn
das Ministerium nicht den Muth hat, denselben während der Dauer des ungari¬
schen Feldzugs aufzuheben, doch mildere Handhabung desselben.

Wir fordern während seiner Dauer provisorische Gesetze über die
Presse und politischen Vereine und eine provisorische, für die Dauer
der Zwangspolizei eingesetzte Jury; welche nach diesen Gesetzen über Preß ver¬
gehen und Vergehen politischer Vereine zu urtheile» hat. Wir werden
uns gefallen lassen, daß das Ministerium diese Nichtercommissivn ernennt, aber
ihre Verhandlungen müssen öffentlich sein.

Was wir fordern, ist im Interesse des Kaiserstaats. Möge das Staats¬
ministerium sich nicht durch die Loyalitätsadressen guter Bürger täuschen lassen.
Die Politik, nach welcher Wien jetzt regiert wird, hat keine guten Folgen, und
wir, conservative Männer, welche Oestreich lieben, und beruhigt und genesen wün¬
schen, erfüllen eine Pflicht, indem wir unsere Klagen öffentlich aussprechen.

So weit sind wir gekommen, daß wir außerhalb Wien und Oestreich den
Raum für diese Zeilen suchen müssen.




Die Kunst und Künstler in der Revolution.



Wer im vorigen Jahr unsere jungen Maler durch die Straßen ziehn sah,
den aufgekrämpten Hut mit rother Feder auf dem Kopf, die Blouse über den Hüf¬
ten zusammengezogen, die Büchse im Arm, der dachte wohl mit wehmüthigem Lä¬
cheln daran, daß die Staffelei der Künstler unterdeß bestäubt im Winkel stand,
während die Phantasie und Leidenschaft dieser elastischen Naturen in einer Fülle
von neuen Anschauungen und Gefühlen schwelgte. Was wird ihr Loos sein?
Wie Viele werden aus dem Taumel sich und ihre Küustlerzukunft retten? Und
die deutsche Kunst selbst, deren fröhliche Repräsentanten unsre jungen Männer bei


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/420>, abgerufen am 23.07.2024.