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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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Faust hin und im ausschließlich eigenen Vortheile, die Fäden, um sich das heimische
Feld zu sichern.

Wir müssen dabei sogleich eine naheliegende Folgerung ziehen. Wenn näm¬
lich auch der magyarische herrschsüchtige Geist gebändigt sein wird (was wir hoffen),
so wird der zur Vereinigung gegen die Magyaren zwingende äußere Grund, wel¬
cher Walachen, Deutsche, Serben und Kroaten, theilweise auch Slovaken verband,
allerdings wegfallen, aber das zwischen letzteren Völkern mittlerweile im Getümmel
der Gefechte und Plünderungen ganz unberücksichtigte Verhältniß derselben Völker
unter einander ist noch um keinen Augenmerk geschlichtet worden, vielmehr um so
mehr verwirrt worden, als hervorstechende Personen an der Spitze vereinter Unter¬
nehmungen standen, deren Ruhm, wie das auch eine Segnung nationaler Wirren
bis dato geblieben ist, von ihre" Landsleuten in Anspruch genommen, mithin
den Bundesgenossen gleichsam post. fest"," vor dem Munde weggenommen wird,
wie z. B. die Serben nicht säumen, den Anfang zu machen. Wir kennen nur
strichweise das wieder aufgefundene Land der Wvjwodina und müssen uns daher
auf die Schilderungen verlassen, welche uns Reisende und in jüngster Zeit unsere
Regierung entwerfen, die sich im Geschrei nach Gleichberechtigung nicht anders
zu helfen wußte, als selber einmal den Leuten ins Gesicht zu schauen und dar¬
nach eine Tabelle zu entwerfen, in welcher nur denn die authentische Bekanntschaft
mit den ungeahnten Mengen unserer landsmannschaftlichen Nationalitäten machen.
Dabei ficht diese Wojwvdina freilich bald mehr wie eine walachische Provinz, bald
wie eine mit verschiedenen nationalen Farben angespritzte Karte ans, je nachdem
man dieselbe von einem oder dem anderen Gesichtspunkte betrachtet.

Wir werden aber nicht allein in der Wvjwodina, sondern anch im russcnischen
Antheile--wo wieder die hunderttausende von Moldauern auftauchen -- in Sie¬
benbürgen, deren verhältnißmäßig betrachtete Majorität wallachisch ausfällt, Gele¬
genheit haben, jene Folgerung kennen zu lernen. Es wird gleichgiltig sein, ob sich
die eine bis heute vereint dampfende Nation gegen die Suprematie des Wojwoden
der bundesgenössischcn Nation auflehnen wird, oder gegen das Gubernium, wie die
Nuthenen dies im friedlichen, diplomatischen Tone gethan haben. Kurz der von
allen gegen Eine Nation aufgebotene Widerstand wird natürlicherweise im Detail
fortgesetzt werden. Kein Mensch kann hierbei den konstitutionellen Grundsatz mehr
citiren, daß die Minorität sich der Majorität fügen müsse, da man den Minoritäten
in Ungarn allgemein recht gibt, wenn sie sich gegen die Majorität unterfangen; die
deutschen Serben, hauptsächlich die walachischen Serben dürfen jenen Grundsatz eben
so aus dem Felde schlagen, wie dies die serbischen Serben (es kostet Mühe, die
Nomenclatur zu merken!) gethan haben, sobald sie nur mit Hilfe ihrer Kanonen
auch die feindlichen zum Schweigen bringen, wozu ihnen eine Gefahr des Bestandes
Oestreichs nicht fehlen, daher sehr nützlich werden wird. Wenn dann auch in den
bis jetzt in keinen blutigen Krieg verwickelten deutschöstreichischen Deutschen, Cze-


Faust hin und im ausschließlich eigenen Vortheile, die Fäden, um sich das heimische
Feld zu sichern.

Wir müssen dabei sogleich eine naheliegende Folgerung ziehen. Wenn näm¬
lich auch der magyarische herrschsüchtige Geist gebändigt sein wird (was wir hoffen),
so wird der zur Vereinigung gegen die Magyaren zwingende äußere Grund, wel¬
cher Walachen, Deutsche, Serben und Kroaten, theilweise auch Slovaken verband,
allerdings wegfallen, aber das zwischen letzteren Völkern mittlerweile im Getümmel
der Gefechte und Plünderungen ganz unberücksichtigte Verhältniß derselben Völker
unter einander ist noch um keinen Augenmerk geschlichtet worden, vielmehr um so
mehr verwirrt worden, als hervorstechende Personen an der Spitze vereinter Unter¬
nehmungen standen, deren Ruhm, wie das auch eine Segnung nationaler Wirren
bis dato geblieben ist, von ihre» Landsleuten in Anspruch genommen, mithin
den Bundesgenossen gleichsam post. fest»,» vor dem Munde weggenommen wird,
wie z. B. die Serben nicht säumen, den Anfang zu machen. Wir kennen nur
strichweise das wieder aufgefundene Land der Wvjwodina und müssen uns daher
auf die Schilderungen verlassen, welche uns Reisende und in jüngster Zeit unsere
Regierung entwerfen, die sich im Geschrei nach Gleichberechtigung nicht anders
zu helfen wußte, als selber einmal den Leuten ins Gesicht zu schauen und dar¬
nach eine Tabelle zu entwerfen, in welcher nur denn die authentische Bekanntschaft
mit den ungeahnten Mengen unserer landsmannschaftlichen Nationalitäten machen.
Dabei ficht diese Wojwvdina freilich bald mehr wie eine walachische Provinz, bald
wie eine mit verschiedenen nationalen Farben angespritzte Karte ans, je nachdem
man dieselbe von einem oder dem anderen Gesichtspunkte betrachtet.

Wir werden aber nicht allein in der Wvjwodina, sondern anch im russcnischen
Antheile—wo wieder die hunderttausende von Moldauern auftauchen — in Sie¬
benbürgen, deren verhältnißmäßig betrachtete Majorität wallachisch ausfällt, Gele¬
genheit haben, jene Folgerung kennen zu lernen. Es wird gleichgiltig sein, ob sich
die eine bis heute vereint dampfende Nation gegen die Suprematie des Wojwoden
der bundesgenössischcn Nation auflehnen wird, oder gegen das Gubernium, wie die
Nuthenen dies im friedlichen, diplomatischen Tone gethan haben. Kurz der von
allen gegen Eine Nation aufgebotene Widerstand wird natürlicherweise im Detail
fortgesetzt werden. Kein Mensch kann hierbei den konstitutionellen Grundsatz mehr
citiren, daß die Minorität sich der Majorität fügen müsse, da man den Minoritäten
in Ungarn allgemein recht gibt, wenn sie sich gegen die Majorität unterfangen; die
deutschen Serben, hauptsächlich die walachischen Serben dürfen jenen Grundsatz eben
so aus dem Felde schlagen, wie dies die serbischen Serben (es kostet Mühe, die
Nomenclatur zu merken!) gethan haben, sobald sie nur mit Hilfe ihrer Kanonen
auch die feindlichen zum Schweigen bringen, wozu ihnen eine Gefahr des Bestandes
Oestreichs nicht fehlen, daher sehr nützlich werden wird. Wenn dann auch in den
bis jetzt in keinen blutigen Krieg verwickelten deutschöstreichischen Deutschen, Cze-


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[0415] Faust hin und im ausschließlich eigenen Vortheile, die Fäden, um sich das heimische Feld zu sichern. Wir müssen dabei sogleich eine naheliegende Folgerung ziehen. Wenn näm¬ lich auch der magyarische herrschsüchtige Geist gebändigt sein wird (was wir hoffen), so wird der zur Vereinigung gegen die Magyaren zwingende äußere Grund, wel¬ cher Walachen, Deutsche, Serben und Kroaten, theilweise auch Slovaken verband, allerdings wegfallen, aber das zwischen letzteren Völkern mittlerweile im Getümmel der Gefechte und Plünderungen ganz unberücksichtigte Verhältniß derselben Völker unter einander ist noch um keinen Augenmerk geschlichtet worden, vielmehr um so mehr verwirrt worden, als hervorstechende Personen an der Spitze vereinter Unter¬ nehmungen standen, deren Ruhm, wie das auch eine Segnung nationaler Wirren bis dato geblieben ist, von ihre» Landsleuten in Anspruch genommen, mithin den Bundesgenossen gleichsam post. fest»,» vor dem Munde weggenommen wird, wie z. B. die Serben nicht säumen, den Anfang zu machen. Wir kennen nur strichweise das wieder aufgefundene Land der Wvjwodina und müssen uns daher auf die Schilderungen verlassen, welche uns Reisende und in jüngster Zeit unsere Regierung entwerfen, die sich im Geschrei nach Gleichberechtigung nicht anders zu helfen wußte, als selber einmal den Leuten ins Gesicht zu schauen und dar¬ nach eine Tabelle zu entwerfen, in welcher nur denn die authentische Bekanntschaft mit den ungeahnten Mengen unserer landsmannschaftlichen Nationalitäten machen. Dabei ficht diese Wojwvdina freilich bald mehr wie eine walachische Provinz, bald wie eine mit verschiedenen nationalen Farben angespritzte Karte ans, je nachdem man dieselbe von einem oder dem anderen Gesichtspunkte betrachtet. Wir werden aber nicht allein in der Wvjwodina, sondern anch im russcnischen Antheile—wo wieder die hunderttausende von Moldauern auftauchen — in Sie¬ benbürgen, deren verhältnißmäßig betrachtete Majorität wallachisch ausfällt, Gele¬ genheit haben, jene Folgerung kennen zu lernen. Es wird gleichgiltig sein, ob sich die eine bis heute vereint dampfende Nation gegen die Suprematie des Wojwoden der bundesgenössischcn Nation auflehnen wird, oder gegen das Gubernium, wie die Nuthenen dies im friedlichen, diplomatischen Tone gethan haben. Kurz der von allen gegen Eine Nation aufgebotene Widerstand wird natürlicherweise im Detail fortgesetzt werden. Kein Mensch kann hierbei den konstitutionellen Grundsatz mehr citiren, daß die Minorität sich der Majorität fügen müsse, da man den Minoritäten in Ungarn allgemein recht gibt, wenn sie sich gegen die Majorität unterfangen; die deutschen Serben, hauptsächlich die walachischen Serben dürfen jenen Grundsatz eben so aus dem Felde schlagen, wie dies die serbischen Serben (es kostet Mühe, die Nomenclatur zu merken!) gethan haben, sobald sie nur mit Hilfe ihrer Kanonen auch die feindlichen zum Schweigen bringen, wozu ihnen eine Gefahr des Bestandes Oestreichs nicht fehlen, daher sehr nützlich werden wird. Wenn dann auch in den bis jetzt in keinen blutigen Krieg verwickelten deutschöstreichischen Deutschen, Cze-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/415>, abgerufen am 23.07.2024.