Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.der Wahn erzeugte; ich weiß es, sie sind ewig, denn sie sind. Wer sich eine Preußen ist immer royalistisch gewesen, aber nie servil. Erst hat sich der Wohl begreiflich ist der Patriotismus des Amerikaners, des Schweizers, der Das Preußenthum ist der Idee Deutschlands nicht feindlich. Preußen ist Kleist war ein ebenso guter Deutscher, als guter Preuße. Der Franzosen- der Wahn erzeugte; ich weiß es, sie sind ewig, denn sie sind. Wer sich eine Preußen ist immer royalistisch gewesen, aber nie servil. Erst hat sich der Wohl begreiflich ist der Patriotismus des Amerikaners, des Schweizers, der Das Preußenthum ist der Idee Deutschlands nicht feindlich. Preußen ist Kleist war ein ebenso guter Deutscher, als guter Preuße. Der Franzosen- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0351" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278339"/> <p xml:id="ID_1929" prev="#ID_1928"> der Wahn erzeugte; ich weiß es, sie sind ewig, denn sie sind. Wer sich eine<lb/> Vorstellung machen will von dem eigenthümlichen preußischen Patriotismus, der<lb/> studire den „Prinzen von Homburg." Ueberall anderwärts bezieht er sich auf<lb/> die nationale Erinnerung oder geradezu auf die Localität; in Preußen lediglich<lb/> auf den Staat. Der preußische Patriotismus ist entschieden royalistisch, weil<lb/> Preußen ein Erzeugnis; des Königthums ist. Ein Geschlecht ruhmvoller Kriegs-<lb/> fürsten hat sich einen Staat erobert, und es endlich dahin gebracht, das ganze<lb/> Volk mit kriegerischem Geist zu erfüllen. Die auf polizeiliche Zwecke gerichtete<lb/> Bürgcrmiliz findet in Preußen keinen rechten Boden, aber in dem rein militäri¬<lb/> schen Institut der Landwehr zeigt sich die Befähigung des Volks.</p><lb/> <p xml:id="ID_1930"> Preußen ist immer royalistisch gewesen, aber nie servil. Erst hat sich der<lb/> Adel mit seinem Kurfürsten herumgeschlagen, dann haben die Städte sich empört.<lb/> Es kam nicht zur bloß äußerlichen Unterwerfung; der Adel wie der Bürger fand<lb/> innerhalb des Königthums seine Berechtigung. An die alten Reste des dualisti¬<lb/> schen Staats, die Provinzialstände, knüpfte sich zugleich die Idee des neuen Staats;<lb/> gelingt es, in den constitutionellen Formen das Königthum mit dieser alten be¬<lb/> rechtigten Opposition zu versöhnen, so ist das Königthum für Preußen gerettet<lb/> und Preußen mit ihm.</p><lb/> <p xml:id="ID_1931"> Wohl begreiflich ist der Patriotismus des Amerikaners, des Schweizers, der<lb/> in dem Staat nichts anders sieht als eine Garantie seiner persönlichen Freiheit.<lb/> Auch die harte, knöcherne Selbstständigkeit, die Sprödigkeit des Hinterwäldlers<lb/> hat ihre Berechtigung. Aber man sei nicht einseitig, man verkenne nicht den ed¬<lb/> lern Geist jener andern Vaterlandsliebe, die sich an eine positive Idee knüpft, an<lb/> eine Fahne, die noch ein höheres Symbol enthält als die bloße Anerkennung der<lb/> individuellen Sicherheit. Kriegerische Republiken, wie Rom und Venedig, haben<lb/> dasselbe Gefühl der Ehre und Loyalität in sich erzeugt; das Erbkönigthnm ist nnr<lb/> der vollendete Ausdruck dieser Gcfühlsrichtung, die sich an ein Bleibendes, Be¬<lb/> stimmtes — die verkörperte Idee des Staats — zu knüpfen strebt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1932"> Das Preußenthum ist der Idee Deutschlands nicht feindlich. Preußen ist<lb/> kein geschlossener Staat; von seiner ersten Existenz an hat es das Streben, sich<lb/> zu Deutschland zu erweitern. Wenn das moderne specifische Deutschthum die Ein¬<lb/> heit des Vaterlandes nur dadurch zu realistreu hofft, daß Preußen untergeht, so<lb/> ist nur scheinbar des republicanische Princip die Quelle dieses Hasses; kommt es<lb/> zum bestimmten Ausdruck, so wird die deutschrepublikauische Maske abgeworfen,<lb/> und der jämmerliche Kleinstaatler mit seinem engherzigen, hohlen und leeren Win-<lb/> kelpatriotiömus steckt dahinter. Herr Schaffrath, Herr Welker und die bairischen<lb/> Jesuiten reichen sich brüderlich die Hände. — Was Oestreich betrifft, so sei es<lb/> wir erlaubt, noch einmal auf unsern Dichter zurückzugehn.</p><lb/> <p xml:id="ID_1933" next="#ID_1934"> Kleist war ein ebenso guter Deutscher, als guter Preuße. Der Franzosen-<lb/> Haß war damals das gemeinsame Medium, in dem beide Empfindungen sich be-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0351]
der Wahn erzeugte; ich weiß es, sie sind ewig, denn sie sind. Wer sich eine
Vorstellung machen will von dem eigenthümlichen preußischen Patriotismus, der
studire den „Prinzen von Homburg." Ueberall anderwärts bezieht er sich auf
die nationale Erinnerung oder geradezu auf die Localität; in Preußen lediglich
auf den Staat. Der preußische Patriotismus ist entschieden royalistisch, weil
Preußen ein Erzeugnis; des Königthums ist. Ein Geschlecht ruhmvoller Kriegs-
fürsten hat sich einen Staat erobert, und es endlich dahin gebracht, das ganze
Volk mit kriegerischem Geist zu erfüllen. Die auf polizeiliche Zwecke gerichtete
Bürgcrmiliz findet in Preußen keinen rechten Boden, aber in dem rein militäri¬
schen Institut der Landwehr zeigt sich die Befähigung des Volks.
Preußen ist immer royalistisch gewesen, aber nie servil. Erst hat sich der
Adel mit seinem Kurfürsten herumgeschlagen, dann haben die Städte sich empört.
Es kam nicht zur bloß äußerlichen Unterwerfung; der Adel wie der Bürger fand
innerhalb des Königthums seine Berechtigung. An die alten Reste des dualisti¬
schen Staats, die Provinzialstände, knüpfte sich zugleich die Idee des neuen Staats;
gelingt es, in den constitutionellen Formen das Königthum mit dieser alten be¬
rechtigten Opposition zu versöhnen, so ist das Königthum für Preußen gerettet
und Preußen mit ihm.
Wohl begreiflich ist der Patriotismus des Amerikaners, des Schweizers, der
in dem Staat nichts anders sieht als eine Garantie seiner persönlichen Freiheit.
Auch die harte, knöcherne Selbstständigkeit, die Sprödigkeit des Hinterwäldlers
hat ihre Berechtigung. Aber man sei nicht einseitig, man verkenne nicht den ed¬
lern Geist jener andern Vaterlandsliebe, die sich an eine positive Idee knüpft, an
eine Fahne, die noch ein höheres Symbol enthält als die bloße Anerkennung der
individuellen Sicherheit. Kriegerische Republiken, wie Rom und Venedig, haben
dasselbe Gefühl der Ehre und Loyalität in sich erzeugt; das Erbkönigthnm ist nnr
der vollendete Ausdruck dieser Gcfühlsrichtung, die sich an ein Bleibendes, Be¬
stimmtes — die verkörperte Idee des Staats — zu knüpfen strebt.
Das Preußenthum ist der Idee Deutschlands nicht feindlich. Preußen ist
kein geschlossener Staat; von seiner ersten Existenz an hat es das Streben, sich
zu Deutschland zu erweitern. Wenn das moderne specifische Deutschthum die Ein¬
heit des Vaterlandes nur dadurch zu realistreu hofft, daß Preußen untergeht, so
ist nur scheinbar des republicanische Princip die Quelle dieses Hasses; kommt es
zum bestimmten Ausdruck, so wird die deutschrepublikauische Maske abgeworfen,
und der jämmerliche Kleinstaatler mit seinem engherzigen, hohlen und leeren Win-
kelpatriotiömus steckt dahinter. Herr Schaffrath, Herr Welker und die bairischen
Jesuiten reichen sich brüderlich die Hände. — Was Oestreich betrifft, so sei es
wir erlaubt, noch einmal auf unsern Dichter zurückzugehn.
Kleist war ein ebenso guter Deutscher, als guter Preuße. Der Franzosen-
Haß war damals das gemeinsame Medium, in dem beide Empfindungen sich be-
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