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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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feiner Anschlag auf meine Börse? -- Nein, das ist es nicht. Sie stand vor mir
so stolz und mit einem Anstrich von Begeisterung, wie eine Seherin aus der Zeit,
wo man es liebte, Eicheln zu essen; mir war, als hörte ich einen Eichwald hin¬
ter ihr rauschen ; sie ist keine Betrügerin. Doch was kann sie sein? Eine Schwär¬
merin -- bürgerliche Religiosität, frommes Pflichtgefühl, das ist es, -- um so
unbequemer für mich. -- Du lockst mich, schönes Räthsel, und ich will dich lösen,
so wahr ich ein unbußfertiger Sünder bin!----Und die Fürstin, wie kommt
sie grade auf dieses Kind?


Hans
(von der Seite annmrschirend, legt seinen Stock aus ihn an).

Halt!

werda?

Nemento mal! Das ist der laufende Wechsel, den ich erst jetzt


Wald.

acceptiren soll.


Hans.

Steh' still, oder ich schieße.

Nein, Du steh' und nenne Deinen Namen, mein junger Held.


Wald.

(den Stock wegwerfend).
Ich heiße Haus Waldemar.


Hans
Wald.

Da haben wir's. -- Nun, ich brauche mich seiner nicht zu schämen.

(sie betrachten einander).

Hans,
(ihm gegenüberstehend, die Hände in den Höschen).

Was siehst Du

mich deun so an?

Die Stimme der Natur in meiner Brust schweigt recht verstockt .....-


Wald.

aber es ist ein frischer Gesell. -- Du gefällst mir, kleiner Mann.

(holt einen leichten Gartenstuhl)
O Dn gefällst mir auch, Hier setze


Hans.

Dich und warte, bis die Tante kommt. Es dauert uicht lange.


Wald,
(sich setzend).

Der alte und der junge Meerkater aus der Hexenküche.

Hans, Du sollst mich unterhalten.

Willst Dn einen Apfel haben? Nimm, ich schenk ihn Dir.


Hans.
Wald.

Das ist mein Sohn. -- Ich danke Dir. --


Hans.

Willst Du nicht, so eß ich ihn selber. Die Kerne sammt' ich mir.

Wenn ich einen Haufen habe, so gebe ich sie dem Großvater, der steckt sie in die
Erde, da werden Bäume d'raus, so groß. Für einen Haufen Kerne schenkt mir
der Großvater zwei Pfennige, die thu' ich in die Sparbüchse.

Er spart -- das ist mein Junge nicht.


Wald.
Haus
(eifrig).

im Buch ist ein Hahn, der kann krähen, wenn ich die Woche fleißig gelernt habe,
kräht er mir Sonntags einen Pfennig aus. -- (schelmisch mit der Hand drohend)
O ich weiß, der Hahn kräht nicht, den Pfennig legt mir Tante Gertrud in
das Buch.


Wald.

So? -- Du fängst sehr früh an, Dir die süßen Täuschungen des

Lebens zu zerstören. Darin wenigstens erkenne ich eine Verwandschaft mit mir.


Gr-nz"ot"n. I. 1"lo. 37

feiner Anschlag auf meine Börse? — Nein, das ist es nicht. Sie stand vor mir
so stolz und mit einem Anstrich von Begeisterung, wie eine Seherin aus der Zeit,
wo man es liebte, Eicheln zu essen; mir war, als hörte ich einen Eichwald hin¬
ter ihr rauschen ; sie ist keine Betrügerin. Doch was kann sie sein? Eine Schwär¬
merin — bürgerliche Religiosität, frommes Pflichtgefühl, das ist es, — um so
unbequemer für mich. — Du lockst mich, schönes Räthsel, und ich will dich lösen,
so wahr ich ein unbußfertiger Sünder bin!----Und die Fürstin, wie kommt
sie grade auf dieses Kind?


Hans
(von der Seite annmrschirend, legt seinen Stock aus ihn an).

Halt!

werda?

Nemento mal! Das ist der laufende Wechsel, den ich erst jetzt


Wald.

acceptiren soll.


Hans.

Steh' still, oder ich schieße.

Nein, Du steh' und nenne Deinen Namen, mein junger Held.


Wald.

(den Stock wegwerfend).
Ich heiße Haus Waldemar.


Hans
Wald.

Da haben wir's. — Nun, ich brauche mich seiner nicht zu schämen.

(sie betrachten einander).

Hans,
(ihm gegenüberstehend, die Hände in den Höschen).

Was siehst Du

mich deun so an?

Die Stimme der Natur in meiner Brust schweigt recht verstockt .....-


Wald.

aber es ist ein frischer Gesell. — Du gefällst mir, kleiner Mann.

(holt einen leichten Gartenstuhl)
O Dn gefällst mir auch, Hier setze


Hans.

Dich und warte, bis die Tante kommt. Es dauert uicht lange.


Wald,
(sich setzend).

Der alte und der junge Meerkater aus der Hexenküche.

Hans, Du sollst mich unterhalten.

Willst Dn einen Apfel haben? Nimm, ich schenk ihn Dir.


Hans.
Wald.

Das ist mein Sohn. — Ich danke Dir. —


Hans.

Willst Du nicht, so eß ich ihn selber. Die Kerne sammt' ich mir.

Wenn ich einen Haufen habe, so gebe ich sie dem Großvater, der steckt sie in die
Erde, da werden Bäume d'raus, so groß. Für einen Haufen Kerne schenkt mir
der Großvater zwei Pfennige, die thu' ich in die Sparbüchse.

Er spart — das ist mein Junge nicht.


Wald.
Haus
(eifrig).

im Buch ist ein Hahn, der kann krähen, wenn ich die Woche fleißig gelernt habe,
kräht er mir Sonntags einen Pfennig aus. — (schelmisch mit der Hand drohend)
O ich weiß, der Hahn kräht nicht, den Pfennig legt mir Tante Gertrud in
das Buch.


Wald.

So? — Du fängst sehr früh an, Dir die süßen Täuschungen des

Lebens zu zerstören. Darin wenigstens erkenne ich eine Verwandschaft mit mir.


Gr-nz»ot«n. I. 1»lo. 37
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[0297] feiner Anschlag auf meine Börse? — Nein, das ist es nicht. Sie stand vor mir so stolz und mit einem Anstrich von Begeisterung, wie eine Seherin aus der Zeit, wo man es liebte, Eicheln zu essen; mir war, als hörte ich einen Eichwald hin¬ ter ihr rauschen ; sie ist keine Betrügerin. Doch was kann sie sein? Eine Schwär¬ merin — bürgerliche Religiosität, frommes Pflichtgefühl, das ist es, — um so unbequemer für mich. — Du lockst mich, schönes Räthsel, und ich will dich lösen, so wahr ich ein unbußfertiger Sünder bin!----Und die Fürstin, wie kommt sie grade auf dieses Kind? Hans (von der Seite annmrschirend, legt seinen Stock aus ihn an). Halt! werda? Nemento mal! Das ist der laufende Wechsel, den ich erst jetzt Wald. acceptiren soll. Hans. Steh' still, oder ich schieße. Nein, Du steh' und nenne Deinen Namen, mein junger Held. Wald. (den Stock wegwerfend). Ich heiße Haus Waldemar. Hans Wald. Da haben wir's. — Nun, ich brauche mich seiner nicht zu schämen. (sie betrachten einander). Hans, (ihm gegenüberstehend, die Hände in den Höschen). Was siehst Du mich deun so an? Die Stimme der Natur in meiner Brust schweigt recht verstockt .....- Wald. aber es ist ein frischer Gesell. — Du gefällst mir, kleiner Mann. (holt einen leichten Gartenstuhl) O Dn gefällst mir auch, Hier setze Hans. Dich und warte, bis die Tante kommt. Es dauert uicht lange. Wald, (sich setzend). Der alte und der junge Meerkater aus der Hexenküche. Hans, Du sollst mich unterhalten. Willst Dn einen Apfel haben? Nimm, ich schenk ihn Dir. Hans. Wald. Das ist mein Sohn. — Ich danke Dir. — Hans. Willst Du nicht, so eß ich ihn selber. Die Kerne sammt' ich mir. Wenn ich einen Haufen habe, so gebe ich sie dem Großvater, der steckt sie in die Erde, da werden Bäume d'raus, so groß. Für einen Haufen Kerne schenkt mir der Großvater zwei Pfennige, die thu' ich in die Sparbüchse. Er spart — das ist mein Junge nicht. Wald. Haus (eifrig). im Buch ist ein Hahn, der kann krähen, wenn ich die Woche fleißig gelernt habe, kräht er mir Sonntags einen Pfennig aus. — (schelmisch mit der Hand drohend) O ich weiß, der Hahn kräht nicht, den Pfennig legt mir Tante Gertrud in das Buch. Wald. So? — Du fängst sehr früh an, Dir die süßen Täuschungen des Lebens zu zerstören. Darin wenigstens erkenne ich eine Verwandschaft mit mir. Gr-nz»ot«n. I. 1»lo. 37

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/297>, abgerufen am 23.07.2024.