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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

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für uns, weil wir eS müssen, um der geschichtlichen Aufgabe Preußens treu zu
bleiben. Wir wollen Vieles opfern, auch unsern Namen, auf den wir stolz sein
können, wir allein unter allen Deutschen. Wir wollen einen Familiennamen und
alles Selbstgefühl, das darum hängt, Euch, den übrigen Deutschen hingeben, um
gemeinsam mit Euch den Namen der "Deutschen" zu Ehren zu bringen, etwas,
was Ihr allein nie durchsetzen werdet. Und dazu haben wir Euch in treuem
Sinn und ohne Rückhalt die Hand geboten; seht auf unsere ausgestreckte Hand,
und mäkelt nicht an den Empfindungen, die wir dabei haben, unser Händedruck
ist deshalb nicht weniger aufrichtig, weil wir die Ueberzeugung haben, mehr zum
Opfer zu bringen, als ihr Andern.

Wenn aber geschieht, was wir nicht fürchten, wenn die gehoffte Vereinigung
deutscher Stämme durch den Unverstand Einzelner, oder fremde Intriguen ver¬
eitelt wird, wenn die Versammlung in Frankfurt sich auflöj't, ohne ein Resultat
zu geben, und die darauf folgenden Einignngsvcrsuche der Regierungen wieder
scheitern an beschränktem Egoismus und philiströsen Antipathien!? Was dann
werden soll, wenn die kleineren Staaten in ihrer isolirten Ohnmacht dahin siechen
und der Bau Preußens unvollständig mit dem alten Namen nnter dem Banner
seiner Hohenzollern übrig bleibt? -- Auch darauf wollen wir Preußen euch eine
gerade Antwort geben. Wenn den Preußen die Ueberzeugung kommt, daß es in
den alten Grenzen, in den alten Velhaltnissen nicht weiter geht, daß die Kraft,
welche wir in uns fühlen, größere Räume, freie Bewegung braucht, baun werden
wir mit Güte oder Gewalt nehmen, waS wir brauchen, um ein ganzer, runder
und in sich abgeschlossener Staat zu werden, und die Gegner einer Vereinigung
mit uns werden wir zwingen, sich mit uns zu verbinden, so weit es uns vor-
theilhaft erscheinen wird. -- Das ist keine Drohung, eS wird eine Nothwendig¬
keit für uns nud eine Nothwendigkeit für die Genöthigten sein, und deshalb wird
es unser gutes Recht werden. -- Täuscht Euch nicht, Ihr Männer in Frankfurt
und im übrigen Deutschland, das ist keine Prahlerei flüchtiger Laune, es ist so
wahr, als die Eroberung Schlesiens vor hundert Jahren. .Seht um euch, die
deutschen Staaten-Verhältnisse faul, zerbrochen oder verknöchert, die einzelnen
Stämme schwach, kurzsichtig, kleine Egoisten; daneben eine Einheit von 16 Mil¬
lionen, an weite Verhältnisse, an die Beziehung des Einzelnen zu einem großen
Ganzen gewöhnt, einen Staat noch jung, mir geordnetem Haushalt, einer krie¬
gerisch fühlenden Bevölkerung, eben so egoistisch als die kleinen, aber von kräfti¬
ger Selbstsucht und hartnäckiger Entschlossenheit, ist eine andere Zukunft wahr¬
scheinlich? Streicht meinetwegen von den 16 Millionen vier Millionen, die ihr
für keine guten Preußen haltet, -- und ihr würdet euch auch darin irren, -- so
bleiben noch 12 Millionen übrig, die eines Sinnes sein werben; genug, um eine
vermoderte Staatenmasse zu stützen, die größer sein kann, als der dritte Theil
Deutschlands. Wenn ihr zweifelt, daß es so kommen wird, kennt ihr doch das


für uns, weil wir eS müssen, um der geschichtlichen Aufgabe Preußens treu zu
bleiben. Wir wollen Vieles opfern, auch unsern Namen, auf den wir stolz sein
können, wir allein unter allen Deutschen. Wir wollen einen Familiennamen und
alles Selbstgefühl, das darum hängt, Euch, den übrigen Deutschen hingeben, um
gemeinsam mit Euch den Namen der „Deutschen" zu Ehren zu bringen, etwas,
was Ihr allein nie durchsetzen werdet. Und dazu haben wir Euch in treuem
Sinn und ohne Rückhalt die Hand geboten; seht auf unsere ausgestreckte Hand,
und mäkelt nicht an den Empfindungen, die wir dabei haben, unser Händedruck
ist deshalb nicht weniger aufrichtig, weil wir die Ueberzeugung haben, mehr zum
Opfer zu bringen, als ihr Andern.

Wenn aber geschieht, was wir nicht fürchten, wenn die gehoffte Vereinigung
deutscher Stämme durch den Unverstand Einzelner, oder fremde Intriguen ver¬
eitelt wird, wenn die Versammlung in Frankfurt sich auflöj't, ohne ein Resultat
zu geben, und die darauf folgenden Einignngsvcrsuche der Regierungen wieder
scheitern an beschränktem Egoismus und philiströsen Antipathien!? Was dann
werden soll, wenn die kleineren Staaten in ihrer isolirten Ohnmacht dahin siechen
und der Bau Preußens unvollständig mit dem alten Namen nnter dem Banner
seiner Hohenzollern übrig bleibt? — Auch darauf wollen wir Preußen euch eine
gerade Antwort geben. Wenn den Preußen die Ueberzeugung kommt, daß es in
den alten Grenzen, in den alten Velhaltnissen nicht weiter geht, daß die Kraft,
welche wir in uns fühlen, größere Räume, freie Bewegung braucht, baun werden
wir mit Güte oder Gewalt nehmen, waS wir brauchen, um ein ganzer, runder
und in sich abgeschlossener Staat zu werden, und die Gegner einer Vereinigung
mit uns werden wir zwingen, sich mit uns zu verbinden, so weit es uns vor-
theilhaft erscheinen wird. — Das ist keine Drohung, eS wird eine Nothwendig¬
keit für uns nud eine Nothwendigkeit für die Genöthigten sein, und deshalb wird
es unser gutes Recht werden. — Täuscht Euch nicht, Ihr Männer in Frankfurt
und im übrigen Deutschland, das ist keine Prahlerei flüchtiger Laune, es ist so
wahr, als die Eroberung Schlesiens vor hundert Jahren. .Seht um euch, die
deutschen Staaten-Verhältnisse faul, zerbrochen oder verknöchert, die einzelnen
Stämme schwach, kurzsichtig, kleine Egoisten; daneben eine Einheit von 16 Mil¬
lionen, an weite Verhältnisse, an die Beziehung des Einzelnen zu einem großen
Ganzen gewöhnt, einen Staat noch jung, mir geordnetem Haushalt, einer krie¬
gerisch fühlenden Bevölkerung, eben so egoistisch als die kleinen, aber von kräfti¬
ger Selbstsucht und hartnäckiger Entschlossenheit, ist eine andere Zukunft wahr¬
scheinlich? Streicht meinetwegen von den 16 Millionen vier Millionen, die ihr
für keine guten Preußen haltet, — und ihr würdet euch auch darin irren, — so
bleiben noch 12 Millionen übrig, die eines Sinnes sein werben; genug, um eine
vermoderte Staatenmasse zu stützen, die größer sein kann, als der dritte Theil
Deutschlands. Wenn ihr zweifelt, daß es so kommen wird, kennt ihr doch das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/221>, abgerufen am 01.07.2024.