Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

so beträchtlich, daß der Werth des Geldes auf der ganzen Erde fallen, der
Werth aller übrigen Dinge steigen muß. Für das Land, in welchem ans außerordent¬
lichem Wege und verhältnißmäßig mühelos ein solcher Gvldqnell aufspringt, ist
das ganz richtig. Mit dem leichten Gewinn steigt in riesigem Verhältniß der
Trieb nach Genüssen, die Bedürfnisse mehren sich erstaunlich schnell, die Thatkraft
und Energie der Genießenden nehmen ab. Amerikas Cultur und Industrie mögen
sich vorsehn! es hat noch nicht Hände genug sür seine vielseitige Thätigkeit, es
kann keinen Arm in seinen Mais- und Baumwollenfcldern und in seineu Fabriken
entbehren. Und doch wird es im nächsten Jahr weniger Kräfte zur Production,
aber mehr Lust zur Consumtion haben! Es möge sich vorsehen mit seinem Gold!
Wohl ist seiue Lebenskraft ungeheuer, wohl sind seine Söhne die zähsten und dauer¬
haftesten unter allen Sterblichen, aber der Durst nach Gold steckte ihnen schon längst
wie ein Pfahl im Fleisch. Das Gold Kaliforniens kann Mexiko an den Ameri^
kauern rächen, noch hat es seine alten Künste nicht verlernt, an denen die Spa¬
nier zu Grunde gingen, erst erfreut es Hunderttausende mit seiner Gunst, und macht
Millionen lüstern und phantastisch, daun entnervt es, raubt die Kraft zu ehrlichem
Verdienst und wirst endlich widerliche Bettlerlumpeu ans die Söhne derer, denen
es Goldkappen aufsetzte. -- Amerika wird in der nächsten Zeit viel genießen
und viel vom Ausland beziehen, das Ausland aber, Europa, Deutschland muß
das produciren und verdienen. Dies erhält also Gelegenheit zu größerer Kraftent-
wicklung und die Höhe derselben bestimmt auch die Höhe seiner Einnahmen. Und
gesetzt beide würden sehr groß, so würde zwar bei uns auch viel Geld in's Land
kommen, aber sein Umsatz wäre eine Nothwendigkeit geworden, sür die vermehrte
Kraft der Nation und in solchem Fall ändert die größte Masse eingeführtem Gol¬
des das Verhältniß zwischen Baargeld und Waare nicht wesentlich.

Ferner aber ist die bevorstehende Vermehrung der Geldmasse unserer Erde noch
deshalb von geringerer Bedeutung, weil nicht der herrschende Geldstoff der Erde,
das Silber selbst, sondern nur sein launenhafter Genosse, das Gold sich vermehrt.
Dieses aber wird ans dem Festland Europas die größte und schnellste Werthre-
duction erfahren. Unser Volk liebt das Gold, als Verkehrsmittel, überhaupt
nicht, seit dem letzte" großen Schwanken der fremden Fünfthalerstncke ist es ihm
vollends unsicher geworden, und große neue Coursschwankungen werden es bald
sehr discretitireu, und der Verkehr des täglichen Lebens wird sich mit doppelter
Zärtlichkeit ans das ruhigere Silber stützen. Das mag ein Zeichen bedauerlicher
Uncultur unseres Volkes sein, es wird uns wesentlich dazu helfen, den Werth des
Silbers gegenüber dem Gold fest und gesucht zu erhalten.

Alle Fälle, welche der ängstliche Specnlant anzunehmen liebt, daß das Sil¬
ber aus unserem Land gezogen und dafür schwankende Goldwerthe hereingeworfen
werden könnten, oder der andere Fall, daß die goldreichen Californier unsere zins¬
tragenden Papiere und Actien l!) gegen ihr Gold einkaufen würden, kann uns


so beträchtlich, daß der Werth des Geldes auf der ganzen Erde fallen, der
Werth aller übrigen Dinge steigen muß. Für das Land, in welchem ans außerordent¬
lichem Wege und verhältnißmäßig mühelos ein solcher Gvldqnell aufspringt, ist
das ganz richtig. Mit dem leichten Gewinn steigt in riesigem Verhältniß der
Trieb nach Genüssen, die Bedürfnisse mehren sich erstaunlich schnell, die Thatkraft
und Energie der Genießenden nehmen ab. Amerikas Cultur und Industrie mögen
sich vorsehn! es hat noch nicht Hände genug sür seine vielseitige Thätigkeit, es
kann keinen Arm in seinen Mais- und Baumwollenfcldern und in seineu Fabriken
entbehren. Und doch wird es im nächsten Jahr weniger Kräfte zur Production,
aber mehr Lust zur Consumtion haben! Es möge sich vorsehen mit seinem Gold!
Wohl ist seiue Lebenskraft ungeheuer, wohl sind seine Söhne die zähsten und dauer¬
haftesten unter allen Sterblichen, aber der Durst nach Gold steckte ihnen schon längst
wie ein Pfahl im Fleisch. Das Gold Kaliforniens kann Mexiko an den Ameri^
kauern rächen, noch hat es seine alten Künste nicht verlernt, an denen die Spa¬
nier zu Grunde gingen, erst erfreut es Hunderttausende mit seiner Gunst, und macht
Millionen lüstern und phantastisch, daun entnervt es, raubt die Kraft zu ehrlichem
Verdienst und wirst endlich widerliche Bettlerlumpeu ans die Söhne derer, denen
es Goldkappen aufsetzte. — Amerika wird in der nächsten Zeit viel genießen
und viel vom Ausland beziehen, das Ausland aber, Europa, Deutschland muß
das produciren und verdienen. Dies erhält also Gelegenheit zu größerer Kraftent-
wicklung und die Höhe derselben bestimmt auch die Höhe seiner Einnahmen. Und
gesetzt beide würden sehr groß, so würde zwar bei uns auch viel Geld in's Land
kommen, aber sein Umsatz wäre eine Nothwendigkeit geworden, sür die vermehrte
Kraft der Nation und in solchem Fall ändert die größte Masse eingeführtem Gol¬
des das Verhältniß zwischen Baargeld und Waare nicht wesentlich.

Ferner aber ist die bevorstehende Vermehrung der Geldmasse unserer Erde noch
deshalb von geringerer Bedeutung, weil nicht der herrschende Geldstoff der Erde,
das Silber selbst, sondern nur sein launenhafter Genosse, das Gold sich vermehrt.
Dieses aber wird ans dem Festland Europas die größte und schnellste Werthre-
duction erfahren. Unser Volk liebt das Gold, als Verkehrsmittel, überhaupt
nicht, seit dem letzte» großen Schwanken der fremden Fünfthalerstncke ist es ihm
vollends unsicher geworden, und große neue Coursschwankungen werden es bald
sehr discretitireu, und der Verkehr des täglichen Lebens wird sich mit doppelter
Zärtlichkeit ans das ruhigere Silber stützen. Das mag ein Zeichen bedauerlicher
Uncultur unseres Volkes sein, es wird uns wesentlich dazu helfen, den Werth des
Silbers gegenüber dem Gold fest und gesucht zu erhalten.

Alle Fälle, welche der ängstliche Specnlant anzunehmen liebt, daß das Sil¬
ber aus unserem Land gezogen und dafür schwankende Goldwerthe hereingeworfen
werden könnten, oder der andere Fall, daß die goldreichen Californier unsere zins¬
tragenden Papiere und Actien l!) gegen ihr Gold einkaufen würden, kann uns


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0181" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/278169"/>
          <p xml:id="ID_569" prev="#ID_568"> so beträchtlich, daß der Werth des Geldes auf der ganzen Erde fallen, der<lb/>
Werth aller übrigen Dinge steigen muß. Für das Land, in welchem ans außerordent¬<lb/>
lichem Wege und verhältnißmäßig mühelos ein solcher Gvldqnell aufspringt, ist<lb/>
das ganz richtig. Mit dem leichten Gewinn steigt in riesigem Verhältniß der<lb/>
Trieb nach Genüssen, die Bedürfnisse mehren sich erstaunlich schnell, die Thatkraft<lb/>
und Energie der Genießenden nehmen ab. Amerikas Cultur und Industrie mögen<lb/>
sich vorsehn! es hat noch nicht Hände genug sür seine vielseitige Thätigkeit, es<lb/>
kann keinen Arm in seinen Mais- und Baumwollenfcldern und in seineu Fabriken<lb/>
entbehren. Und doch wird es im nächsten Jahr weniger Kräfte zur Production,<lb/>
aber mehr Lust zur Consumtion haben! Es möge sich vorsehen mit seinem Gold!<lb/>
Wohl ist seiue Lebenskraft ungeheuer, wohl sind seine Söhne die zähsten und dauer¬<lb/>
haftesten unter allen Sterblichen, aber der Durst nach Gold steckte ihnen schon längst<lb/>
wie ein Pfahl im Fleisch. Das Gold Kaliforniens kann Mexiko an den Ameri^<lb/>
kauern rächen, noch hat es seine alten Künste nicht verlernt, an denen die Spa¬<lb/>
nier zu Grunde gingen, erst erfreut es Hunderttausende mit seiner Gunst, und macht<lb/>
Millionen lüstern und phantastisch, daun entnervt es, raubt die Kraft zu ehrlichem<lb/>
Verdienst und wirst endlich widerliche Bettlerlumpeu ans die Söhne derer, denen<lb/>
es Goldkappen aufsetzte. &#x2014; Amerika wird in der nächsten Zeit viel genießen<lb/>
und viel vom Ausland beziehen, das Ausland aber, Europa, Deutschland muß<lb/>
das produciren und verdienen. Dies erhält also Gelegenheit zu größerer Kraftent-<lb/>
wicklung und die Höhe derselben bestimmt auch die Höhe seiner Einnahmen. Und<lb/>
gesetzt beide würden sehr groß, so würde zwar bei uns auch viel Geld in's Land<lb/>
kommen, aber sein Umsatz wäre eine Nothwendigkeit geworden, sür die vermehrte<lb/>
Kraft der Nation und in solchem Fall ändert die größte Masse eingeführtem Gol¬<lb/>
des das Verhältniß zwischen Baargeld und Waare nicht wesentlich.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_570"> Ferner aber ist die bevorstehende Vermehrung der Geldmasse unserer Erde noch<lb/>
deshalb von geringerer Bedeutung, weil nicht der herrschende Geldstoff der Erde,<lb/>
das Silber selbst, sondern nur sein launenhafter Genosse, das Gold sich vermehrt.<lb/>
Dieses aber wird ans dem Festland Europas die größte und schnellste Werthre-<lb/>
duction erfahren. Unser Volk liebt das Gold, als Verkehrsmittel, überhaupt<lb/>
nicht, seit dem letzte» großen Schwanken der fremden Fünfthalerstncke ist es ihm<lb/>
vollends unsicher geworden, und große neue Coursschwankungen werden es bald<lb/>
sehr discretitireu, und der Verkehr des täglichen Lebens wird sich mit doppelter<lb/>
Zärtlichkeit ans das ruhigere Silber stützen. Das mag ein Zeichen bedauerlicher<lb/>
Uncultur unseres Volkes sein, es wird uns wesentlich dazu helfen, den Werth des<lb/>
Silbers gegenüber dem Gold fest und gesucht zu erhalten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_571" next="#ID_572"> Alle Fälle, welche der ängstliche Specnlant anzunehmen liebt, daß das Sil¬<lb/>
ber aus unserem Land gezogen und dafür schwankende Goldwerthe hereingeworfen<lb/>
werden könnten, oder der andere Fall, daß die goldreichen Californier unsere zins¬<lb/>
tragenden Papiere und Actien l!) gegen ihr Gold einkaufen würden, kann uns</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0181] so beträchtlich, daß der Werth des Geldes auf der ganzen Erde fallen, der Werth aller übrigen Dinge steigen muß. Für das Land, in welchem ans außerordent¬ lichem Wege und verhältnißmäßig mühelos ein solcher Gvldqnell aufspringt, ist das ganz richtig. Mit dem leichten Gewinn steigt in riesigem Verhältniß der Trieb nach Genüssen, die Bedürfnisse mehren sich erstaunlich schnell, die Thatkraft und Energie der Genießenden nehmen ab. Amerikas Cultur und Industrie mögen sich vorsehn! es hat noch nicht Hände genug sür seine vielseitige Thätigkeit, es kann keinen Arm in seinen Mais- und Baumwollenfcldern und in seineu Fabriken entbehren. Und doch wird es im nächsten Jahr weniger Kräfte zur Production, aber mehr Lust zur Consumtion haben! Es möge sich vorsehen mit seinem Gold! Wohl ist seiue Lebenskraft ungeheuer, wohl sind seine Söhne die zähsten und dauer¬ haftesten unter allen Sterblichen, aber der Durst nach Gold steckte ihnen schon längst wie ein Pfahl im Fleisch. Das Gold Kaliforniens kann Mexiko an den Ameri^ kauern rächen, noch hat es seine alten Künste nicht verlernt, an denen die Spa¬ nier zu Grunde gingen, erst erfreut es Hunderttausende mit seiner Gunst, und macht Millionen lüstern und phantastisch, daun entnervt es, raubt die Kraft zu ehrlichem Verdienst und wirst endlich widerliche Bettlerlumpeu ans die Söhne derer, denen es Goldkappen aufsetzte. — Amerika wird in der nächsten Zeit viel genießen und viel vom Ausland beziehen, das Ausland aber, Europa, Deutschland muß das produciren und verdienen. Dies erhält also Gelegenheit zu größerer Kraftent- wicklung und die Höhe derselben bestimmt auch die Höhe seiner Einnahmen. Und gesetzt beide würden sehr groß, so würde zwar bei uns auch viel Geld in's Land kommen, aber sein Umsatz wäre eine Nothwendigkeit geworden, sür die vermehrte Kraft der Nation und in solchem Fall ändert die größte Masse eingeführtem Gol¬ des das Verhältniß zwischen Baargeld und Waare nicht wesentlich. Ferner aber ist die bevorstehende Vermehrung der Geldmasse unserer Erde noch deshalb von geringerer Bedeutung, weil nicht der herrschende Geldstoff der Erde, das Silber selbst, sondern nur sein launenhafter Genosse, das Gold sich vermehrt. Dieses aber wird ans dem Festland Europas die größte und schnellste Werthre- duction erfahren. Unser Volk liebt das Gold, als Verkehrsmittel, überhaupt nicht, seit dem letzte» großen Schwanken der fremden Fünfthalerstncke ist es ihm vollends unsicher geworden, und große neue Coursschwankungen werden es bald sehr discretitireu, und der Verkehr des täglichen Lebens wird sich mit doppelter Zärtlichkeit ans das ruhigere Silber stützen. Das mag ein Zeichen bedauerlicher Uncultur unseres Volkes sein, es wird uns wesentlich dazu helfen, den Werth des Silbers gegenüber dem Gold fest und gesucht zu erhalten. Alle Fälle, welche der ängstliche Specnlant anzunehmen liebt, daß das Sil¬ ber aus unserem Land gezogen und dafür schwankende Goldwerthe hereingeworfen werden könnten, oder der andere Fall, daß die goldreichen Californier unsere zins¬ tragenden Papiere und Actien l!) gegen ihr Gold einkaufen würden, kann uns

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/181
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_277987/181>, abgerufen am 22.12.2024.