Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

natürlich nicht durchging, hat der Senat zu zehn Bürgern, welche zu diesem Ab¬
fassungswerke gewählt worden, drei Mitglieder seiner Korporation als solcher de-
putiren müssen.

Daß diese Radikalen es mit dem, was ihnen eine Regierung heißen zu können
schien, kurios genug meinten, davon legten sie in einem sogenannten Verfassungs¬
schema der leider unerbittlichen Publicität Zeugniß ab. Die Senatoren sollten
künstig blos von fünf zu fünf Jahren gewählt werden. Als ob dann noch, außer
reichen Leuten, irgend Jemand Lust verspüren könnte, sich auf Studien und In¬
telligenz fordernde Staatswürden vorzubereiten und auf die Absicht hin, nach fünf
Jahren abgesetzt zu werden, die Staatspraxis antreten zu wollen!

Die Verfasser des Schemas wollen ein für alle mal zwölf Senatoren im
Ganzen; wovon lediglich vier Juristen, die übrigen ans andern Ständen sein
sollen. Ob unter den acht Senatoren ans andern Ständen wirklich zum Staats¬
leben gebildete Männer zu denken sein sollen, oder ob diese nach jetziger Freiheit
allenfalls bloße Dilettanten sein dürfen, haben die Schematisten menschenfreundlich
verschwiegen. Nach einem eben so blind in das Muß tappenden Traumgriffe wird das
Gehalt jedes Senators von nnn an kurzweg auf 2000 Thaler Gold gesetzt. Un¬
sere damaligen Senatorengehalte steigern sich nach den Amtsjahren von 1500 bis
2500 Thaler Gold und die vier Bürgermeister mögen sich im Ganzen auf 3000
Thaler stehen. Bei der Lebenstheurung unseres Platzes, wo im sogenannten
Honorativrenstande 2000 Thaler jährlich auch für eiuen einfachen Haushalt des
bloßen Privatlebens eine sehr ökonomische Wirthschaft erfordern, muß ein jeder
sogleich einsehen, daß unsere jünger" Scnatsmitglicder allzuknapp und auch die
ältesten nicht übermäßig bezahlt werden.

Müssen wir nach Allem diesen wiederholen, daß der Anfang einer neuen
Staatsordnung für das Bremische Gemeinwesen einstweilen, dem bis jetzt herkömm¬
lichen gegenüber, keine glänzenden Ergebnisse aufzeigt und die frühere Bürgervertre-
tnng, so einseitig sie war, gleichwohl sich bei dem Zeugnisse beruhigen darf, ihr Tag¬
werk so gelassen als würdevoll andern Händen verabfolgt zu haben, so sollen die
Mißgriffe, welche sich an den neuen Zuständen zur Zeit noch hervorthun, die
Hoffnungen auf die Zukunft nicht niederschlagen.

Vor Allem dem Himmel Preis und Dank, daß das Regiment der Mett er¬
nt es, der Blittersdorf, der Eichhorn, der v. Thile vorüber ist. Deutsch¬
lands guter Genius schütze uns, daß ihres Gleichen ans immer fern gehalten
werde'


w. E. Weber.


11*

natürlich nicht durchging, hat der Senat zu zehn Bürgern, welche zu diesem Ab¬
fassungswerke gewählt worden, drei Mitglieder seiner Korporation als solcher de-
putiren müssen.

Daß diese Radikalen es mit dem, was ihnen eine Regierung heißen zu können
schien, kurios genug meinten, davon legten sie in einem sogenannten Verfassungs¬
schema der leider unerbittlichen Publicität Zeugniß ab. Die Senatoren sollten
künstig blos von fünf zu fünf Jahren gewählt werden. Als ob dann noch, außer
reichen Leuten, irgend Jemand Lust verspüren könnte, sich auf Studien und In¬
telligenz fordernde Staatswürden vorzubereiten und auf die Absicht hin, nach fünf
Jahren abgesetzt zu werden, die Staatspraxis antreten zu wollen!

Die Verfasser des Schemas wollen ein für alle mal zwölf Senatoren im
Ganzen; wovon lediglich vier Juristen, die übrigen ans andern Ständen sein
sollen. Ob unter den acht Senatoren ans andern Ständen wirklich zum Staats¬
leben gebildete Männer zu denken sein sollen, oder ob diese nach jetziger Freiheit
allenfalls bloße Dilettanten sein dürfen, haben die Schematisten menschenfreundlich
verschwiegen. Nach einem eben so blind in das Muß tappenden Traumgriffe wird das
Gehalt jedes Senators von nnn an kurzweg auf 2000 Thaler Gold gesetzt. Un¬
sere damaligen Senatorengehalte steigern sich nach den Amtsjahren von 1500 bis
2500 Thaler Gold und die vier Bürgermeister mögen sich im Ganzen auf 3000
Thaler stehen. Bei der Lebenstheurung unseres Platzes, wo im sogenannten
Honorativrenstande 2000 Thaler jährlich auch für eiuen einfachen Haushalt des
bloßen Privatlebens eine sehr ökonomische Wirthschaft erfordern, muß ein jeder
sogleich einsehen, daß unsere jünger» Scnatsmitglicder allzuknapp und auch die
ältesten nicht übermäßig bezahlt werden.

Müssen wir nach Allem diesen wiederholen, daß der Anfang einer neuen
Staatsordnung für das Bremische Gemeinwesen einstweilen, dem bis jetzt herkömm¬
lichen gegenüber, keine glänzenden Ergebnisse aufzeigt und die frühere Bürgervertre-
tnng, so einseitig sie war, gleichwohl sich bei dem Zeugnisse beruhigen darf, ihr Tag¬
werk so gelassen als würdevoll andern Händen verabfolgt zu haben, so sollen die
Mißgriffe, welche sich an den neuen Zuständen zur Zeit noch hervorthun, die
Hoffnungen auf die Zukunft nicht niederschlagen.

Vor Allem dem Himmel Preis und Dank, daß das Regiment der Mett er¬
nt es, der Blittersdorf, der Eichhorn, der v. Thile vorüber ist. Deutsch¬
lands guter Genius schütze uns, daß ihres Gleichen ans immer fern gehalten
werde'


w. E. Weber.


11*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0087" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277517"/>
          <p xml:id="ID_277" prev="#ID_276"> natürlich nicht durchging, hat der Senat zu zehn Bürgern, welche zu diesem Ab¬<lb/>
fassungswerke gewählt worden, drei Mitglieder seiner Korporation als solcher de-<lb/>
putiren müssen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_278"> Daß diese Radikalen es mit dem, was ihnen eine Regierung heißen zu können<lb/>
schien, kurios genug meinten, davon legten sie in einem sogenannten Verfassungs¬<lb/>
schema der leider unerbittlichen Publicität Zeugniß ab. Die Senatoren sollten<lb/>
künstig blos von fünf zu fünf Jahren gewählt werden. Als ob dann noch, außer<lb/>
reichen Leuten, irgend Jemand Lust verspüren könnte, sich auf Studien und In¬<lb/>
telligenz fordernde Staatswürden vorzubereiten und auf die Absicht hin, nach fünf<lb/>
Jahren abgesetzt zu werden, die Staatspraxis antreten zu wollen!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_279"> Die Verfasser des Schemas wollen ein für alle mal zwölf Senatoren im<lb/>
Ganzen; wovon lediglich vier Juristen, die übrigen ans andern Ständen sein<lb/>
sollen. Ob unter den acht Senatoren ans andern Ständen wirklich zum Staats¬<lb/>
leben gebildete Männer zu denken sein sollen, oder ob diese nach jetziger Freiheit<lb/>
allenfalls bloße Dilettanten sein dürfen, haben die Schematisten menschenfreundlich<lb/>
verschwiegen. Nach einem eben so blind in das Muß tappenden Traumgriffe wird das<lb/>
Gehalt jedes Senators von nnn an kurzweg auf 2000 Thaler Gold gesetzt. Un¬<lb/>
sere damaligen Senatorengehalte steigern sich nach den Amtsjahren von 1500 bis<lb/>
2500 Thaler Gold und die vier Bürgermeister mögen sich im Ganzen auf 3000<lb/>
Thaler stehen. Bei der Lebenstheurung unseres Platzes, wo im sogenannten<lb/>
Honorativrenstande 2000 Thaler jährlich auch für eiuen einfachen Haushalt des<lb/>
bloßen Privatlebens eine sehr ökonomische Wirthschaft erfordern, muß ein jeder<lb/>
sogleich einsehen, daß unsere jünger» Scnatsmitglicder allzuknapp und auch die<lb/>
ältesten nicht übermäßig bezahlt werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_280"> Müssen wir nach Allem diesen wiederholen, daß der Anfang einer neuen<lb/>
Staatsordnung für das Bremische Gemeinwesen einstweilen, dem bis jetzt herkömm¬<lb/>
lichen gegenüber, keine glänzenden Ergebnisse aufzeigt und die frühere Bürgervertre-<lb/>
tnng, so einseitig sie war, gleichwohl sich bei dem Zeugnisse beruhigen darf, ihr Tag¬<lb/>
werk so gelassen als würdevoll andern Händen verabfolgt zu haben, so sollen die<lb/>
Mißgriffe, welche sich an den neuen Zuständen zur Zeit noch hervorthun, die<lb/>
Hoffnungen auf die Zukunft nicht niederschlagen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_281"> Vor Allem dem Himmel Preis und Dank, daß das Regiment der Mett er¬<lb/>
nt es, der Blittersdorf, der Eichhorn, der v. Thile vorüber ist. Deutsch¬<lb/>
lands guter Genius schütze uns, daß ihres Gleichen ans immer fern gehalten<lb/>
werde'</p><lb/>
          <note type="byline"> w. E. Weber.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 11*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0087] natürlich nicht durchging, hat der Senat zu zehn Bürgern, welche zu diesem Ab¬ fassungswerke gewählt worden, drei Mitglieder seiner Korporation als solcher de- putiren müssen. Daß diese Radikalen es mit dem, was ihnen eine Regierung heißen zu können schien, kurios genug meinten, davon legten sie in einem sogenannten Verfassungs¬ schema der leider unerbittlichen Publicität Zeugniß ab. Die Senatoren sollten künstig blos von fünf zu fünf Jahren gewählt werden. Als ob dann noch, außer reichen Leuten, irgend Jemand Lust verspüren könnte, sich auf Studien und In¬ telligenz fordernde Staatswürden vorzubereiten und auf die Absicht hin, nach fünf Jahren abgesetzt zu werden, die Staatspraxis antreten zu wollen! Die Verfasser des Schemas wollen ein für alle mal zwölf Senatoren im Ganzen; wovon lediglich vier Juristen, die übrigen ans andern Ständen sein sollen. Ob unter den acht Senatoren ans andern Ständen wirklich zum Staats¬ leben gebildete Männer zu denken sein sollen, oder ob diese nach jetziger Freiheit allenfalls bloße Dilettanten sein dürfen, haben die Schematisten menschenfreundlich verschwiegen. Nach einem eben so blind in das Muß tappenden Traumgriffe wird das Gehalt jedes Senators von nnn an kurzweg auf 2000 Thaler Gold gesetzt. Un¬ sere damaligen Senatorengehalte steigern sich nach den Amtsjahren von 1500 bis 2500 Thaler Gold und die vier Bürgermeister mögen sich im Ganzen auf 3000 Thaler stehen. Bei der Lebenstheurung unseres Platzes, wo im sogenannten Honorativrenstande 2000 Thaler jährlich auch für eiuen einfachen Haushalt des bloßen Privatlebens eine sehr ökonomische Wirthschaft erfordern, muß ein jeder sogleich einsehen, daß unsere jünger» Scnatsmitglicder allzuknapp und auch die ältesten nicht übermäßig bezahlt werden. Müssen wir nach Allem diesen wiederholen, daß der Anfang einer neuen Staatsordnung für das Bremische Gemeinwesen einstweilen, dem bis jetzt herkömm¬ lichen gegenüber, keine glänzenden Ergebnisse aufzeigt und die frühere Bürgervertre- tnng, so einseitig sie war, gleichwohl sich bei dem Zeugnisse beruhigen darf, ihr Tag¬ werk so gelassen als würdevoll andern Händen verabfolgt zu haben, so sollen die Mißgriffe, welche sich an den neuen Zuständen zur Zeit noch hervorthun, die Hoffnungen auf die Zukunft nicht niederschlagen. Vor Allem dem Himmel Preis und Dank, daß das Regiment der Mett er¬ nt es, der Blittersdorf, der Eichhorn, der v. Thile vorüber ist. Deutsch¬ lands guter Genius schütze uns, daß ihres Gleichen ans immer fern gehalten werde' w. E. Weber. 11*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/87
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/87>, abgerufen am 29.06.2024.