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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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Presse annahm, nicht sonderlich ab. Ernster wurden die Verwickelungen, als die
projectirte Einheit Deutschlands zu einer prinzipiellen Scheidung der Parteien führte.

Die Zögerung der deutschen Regierungen und das allgemein im Volk gegen
sie herrschende Mißtrauen veranlaßten eine Anzahl bekannter Volksmänner, meistens
Oppositionsmitglieder der deutschen Ständekammern, sich zur Berathung über eine
allgemeine deutsche Verfassung in Frankfurt zu versammeln. Es ging daraus der
von dem Bundestag adoptirte, von den einzelnen Regierungen vollzogene Entwurf
einer allgemeinen deutschen Nationalversammlung hervor. Der Versuch, jene Vvr-
versammluug sür permanent zu erklären und ihr geradezu das Regiment Deutsch¬
lands in die Hände zu legen, scheiterte an der Besonnenheit der überwiegenden
Mehrzahl jener Versammlung. Ihr Blatt verfocht damals den Hecker'schen An¬
trag, der einerseits die tollste Usurpation enthielt, weil jene Männer ohne alles
Mandat ans eigene Faust zusammen gekommen waren und weil der bei weitem
größere Theil Deutschlands gar keine Vertreter unter ihnen zählte und der außer¬
dem bei der vollkommenen Ohnmacht des Vorparlaments, seinen Beschlüssen An¬
erkennung zu verschaffen, auf die Sache der Freiheit und Einheit Deutschlands
von vornherein den Stempel des Lächerlichen würde geprägt haben. Sie erklärten
damals, in Uebereinstimmung mit Herrn Hecker und seinen Genossen, das Vor¬
parlament habe sich so schwach gezeigt, daß Sie weiter nichts von ihm wissen woll¬
ten; Sie dehnten diese Achtserklärung auf den Fünfziger-Ausschuß aus, in einer
Zeit, als derselbe trotz seiner unsichern Stellung den Beschlüssen seiner Commit-
tenten bei den Repräsentanten der Regierungen volle Geltung zu verschaffen wußte.
Es war damals noch nicht viel geschehen, aber es war die künftige, gesetz¬
liche Entwickelung Deutschlands angebahnt, die, welche Wendung sie auch sonst
nehmen mochte, die gesetzliche Freiheit der Deutschen und die Concentration der
Kräfte des Vaterlandes wenigstens erleichtern mußte.

Statt diese abzuwarten und sich an ihr zu betheiligen, pflanzte Ihr Freund
Heat er mit bewaffneten Horden die Fahne der Republik, d. h. des Bürgerkriegs
auf. In einer Zeit, wo der französischen Regierung Alles daran gelegen sein
mußte, Deutschland zu verwirren, um den Gährnugsstvff ihrer eignen Entwicke¬
lung in das Ausland abzuleiten, marschirte Georg Herwegh mit seinen Pariser
Banden gegen Deutschland. Sie erklärten sich mit diesem Hochverrätherischen
Unternehmen einverstanden, ohne zu bedenken, daß die Folge eines Sieges die
abscheulichste Anarchie hätte sein müssen, die Europa je gesehen; daß eine Nieder¬
lage möglicherweise eine eben so abscheuliche militärische Reaction nach sich ziehen
würde. Es ging über Erwarten; die "Republikaner" schlugen sich eben nicht mit
besonderm Heroismus, und die liberale Partei in Baden blieb stark genug, ein¬
zelne unbedeutende Fälle ausgenommen, jeden Gedanken einer Reaction von sich
fernzuhalten.

Ihr Blatt wurde unterdrückt; eine Maßregel, gegen die man in Zeiten eines


Presse annahm, nicht sonderlich ab. Ernster wurden die Verwickelungen, als die
projectirte Einheit Deutschlands zu einer prinzipiellen Scheidung der Parteien führte.

Die Zögerung der deutschen Regierungen und das allgemein im Volk gegen
sie herrschende Mißtrauen veranlaßten eine Anzahl bekannter Volksmänner, meistens
Oppositionsmitglieder der deutschen Ständekammern, sich zur Berathung über eine
allgemeine deutsche Verfassung in Frankfurt zu versammeln. Es ging daraus der
von dem Bundestag adoptirte, von den einzelnen Regierungen vollzogene Entwurf
einer allgemeinen deutschen Nationalversammlung hervor. Der Versuch, jene Vvr-
versammluug sür permanent zu erklären und ihr geradezu das Regiment Deutsch¬
lands in die Hände zu legen, scheiterte an der Besonnenheit der überwiegenden
Mehrzahl jener Versammlung. Ihr Blatt verfocht damals den Hecker'schen An¬
trag, der einerseits die tollste Usurpation enthielt, weil jene Männer ohne alles
Mandat ans eigene Faust zusammen gekommen waren und weil der bei weitem
größere Theil Deutschlands gar keine Vertreter unter ihnen zählte und der außer¬
dem bei der vollkommenen Ohnmacht des Vorparlaments, seinen Beschlüssen An¬
erkennung zu verschaffen, auf die Sache der Freiheit und Einheit Deutschlands
von vornherein den Stempel des Lächerlichen würde geprägt haben. Sie erklärten
damals, in Uebereinstimmung mit Herrn Hecker und seinen Genossen, das Vor¬
parlament habe sich so schwach gezeigt, daß Sie weiter nichts von ihm wissen woll¬
ten; Sie dehnten diese Achtserklärung auf den Fünfziger-Ausschuß aus, in einer
Zeit, als derselbe trotz seiner unsichern Stellung den Beschlüssen seiner Commit-
tenten bei den Repräsentanten der Regierungen volle Geltung zu verschaffen wußte.
Es war damals noch nicht viel geschehen, aber es war die künftige, gesetz¬
liche Entwickelung Deutschlands angebahnt, die, welche Wendung sie auch sonst
nehmen mochte, die gesetzliche Freiheit der Deutschen und die Concentration der
Kräfte des Vaterlandes wenigstens erleichtern mußte.

Statt diese abzuwarten und sich an ihr zu betheiligen, pflanzte Ihr Freund
Heat er mit bewaffneten Horden die Fahne der Republik, d. h. des Bürgerkriegs
auf. In einer Zeit, wo der französischen Regierung Alles daran gelegen sein
mußte, Deutschland zu verwirren, um den Gährnugsstvff ihrer eignen Entwicke¬
lung in das Ausland abzuleiten, marschirte Georg Herwegh mit seinen Pariser
Banden gegen Deutschland. Sie erklärten sich mit diesem Hochverrätherischen
Unternehmen einverstanden, ohne zu bedenken, daß die Folge eines Sieges die
abscheulichste Anarchie hätte sein müssen, die Europa je gesehen; daß eine Nieder¬
lage möglicherweise eine eben so abscheuliche militärische Reaction nach sich ziehen
würde. Es ging über Erwarten; die „Republikaner" schlugen sich eben nicht mit
besonderm Heroismus, und die liberale Partei in Baden blieb stark genug, ein¬
zelne unbedeutende Fälle ausgenommen, jeden Gedanken einer Reaction von sich
fernzuhalten.

Ihr Blatt wurde unterdrückt; eine Maßregel, gegen die man in Zeiten eines


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/70>, abgerufen am 29.06.2024.