Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

chischen und der demokratischen Vereine Baierns und Würtembergs stattgefunden,
wozu auch der hiesige "Bürgerverein für Freiheit und Ordnung" Deputirte ge¬
schickt hat, aber er desavouirte dieselben, weil sie für Festhaltung des demokrati¬
schen Princips stimmten.

Bei Gelegenheit einer Verbrüderung fällt mir das Verbrüderungsfest zwischen
Militär und Bürgerwehr ein, welches zu Ehren der von Schleswig-Holstein Heim-
gekehrten baierischen Offiziere gefeiert wurde. Leider haben zwei dieser wackern
Kämpfer die Heimath nicht wieder gesehen, Waldmann und Corneli; doch würde
Niemand das junge Vink beklagen, das sie für Deutschlands Ehre verspritzt ha¬
ben, wenn man nicht fürchten müßte, daß es umsonst gewesen. Schon daß ein
Waffenstillstand mit Dänemark geschlossen werden sollte, hat hier in allen Kreisen
großes Mißfallen erregt, welches sich gegenwärtig zu wahrer Erbitterung gegen
Preußens steigert, da die Dauer desselben und die Bedingungen bekannt wur¬
den, welche möglicherweise einen Bruch zwischen dem südwestlichen und nordöstli¬
chen Deutschland zur Folge haben können. Schon die Art und Weise wie das
tapfere von der Tann'sehe Freikorps aufgelöst wurde, hat die Münchner in Auf¬
regung versetzt und die Innigkeit beim Empfang des tapfern Majors gesteigert.
Eine kurze Skizze dieses in den Zeitungen so oft genannten Mannes, dem bei
den kriegerischen Aussichten unsrer Zeit gewiß eine große Zukunft vorbehalten ist,
dürfte den Lesern der Grenzboten vielleicht nicht uninteressant sein. Ludwig von
der Tann wurde im Städtchen Tann in Unterfranken an dem Tage geboren,
an dem Napoleons Stern für immer unterging, nämlich am 18. Juni 1815, am
Tage der Schlacht bei Waterloo. Er wurde in der königlichen Pagerie erzogen,
trat dann als Lieutenant in das hiesige Artillerieregiment Prinz Luitpold, avan-
cirte als tüchtiger Offizier bald bis zum Hauptmann im Generalquartiermeister¬
stab und ward Flügeladjutant des Kronprinzen, jetzigen Königs Max. Während
dieser Zeit hatte er zu seiner Ausbildung größere Reisen unternommen, uuter an¬
dern nach Algier, um die Kriegführung der Franzosen daselbst zu studiren, wohnte
später dem Uebungölager bei Lyon bei und ging endlich in diesem Frühjahr als
Major nach Schleswig-Holstein. Seine Untergebenen rühmen seine Milde und
Güte, und daß er das Vertrauen derselben zu gewinnen, Klugheit und Tapferkeit
richtig zu verbinden weiß, hat er unter den Augen von ganz Deutschland bewiesen.
Was sein Aeußeres betrifft, so ist er von mittlerer Größe, schlank gebaut, blaß
und blond, ein deutscher Krieger, aber kein Bramarbas, wie so Manche, die seit
dem letzten Armeebefehl, der gegen 200 neue Lieutenants ernannte, den Säbel
über das Pflaster klappern lassen, nachdem sie früher, als sie noch den Stuben
tenrock trugen, oft über die jungen Offiziere gelächelt haben. Kleider machen Leute.

Noch muß ich zwei öffentliche Charaktere erwähnen, welche in neuerer Zeit



DieR e d.
*) So sind die Süddeutschen.

chischen und der demokratischen Vereine Baierns und Würtembergs stattgefunden,
wozu auch der hiesige „Bürgerverein für Freiheit und Ordnung" Deputirte ge¬
schickt hat, aber er desavouirte dieselben, weil sie für Festhaltung des demokrati¬
schen Princips stimmten.

Bei Gelegenheit einer Verbrüderung fällt mir das Verbrüderungsfest zwischen
Militär und Bürgerwehr ein, welches zu Ehren der von Schleswig-Holstein Heim-
gekehrten baierischen Offiziere gefeiert wurde. Leider haben zwei dieser wackern
Kämpfer die Heimath nicht wieder gesehen, Waldmann und Corneli; doch würde
Niemand das junge Vink beklagen, das sie für Deutschlands Ehre verspritzt ha¬
ben, wenn man nicht fürchten müßte, daß es umsonst gewesen. Schon daß ein
Waffenstillstand mit Dänemark geschlossen werden sollte, hat hier in allen Kreisen
großes Mißfallen erregt, welches sich gegenwärtig zu wahrer Erbitterung gegen
Preußens steigert, da die Dauer desselben und die Bedingungen bekannt wur¬
den, welche möglicherweise einen Bruch zwischen dem südwestlichen und nordöstli¬
chen Deutschland zur Folge haben können. Schon die Art und Weise wie das
tapfere von der Tann'sehe Freikorps aufgelöst wurde, hat die Münchner in Auf¬
regung versetzt und die Innigkeit beim Empfang des tapfern Majors gesteigert.
Eine kurze Skizze dieses in den Zeitungen so oft genannten Mannes, dem bei
den kriegerischen Aussichten unsrer Zeit gewiß eine große Zukunft vorbehalten ist,
dürfte den Lesern der Grenzboten vielleicht nicht uninteressant sein. Ludwig von
der Tann wurde im Städtchen Tann in Unterfranken an dem Tage geboren,
an dem Napoleons Stern für immer unterging, nämlich am 18. Juni 1815, am
Tage der Schlacht bei Waterloo. Er wurde in der königlichen Pagerie erzogen,
trat dann als Lieutenant in das hiesige Artillerieregiment Prinz Luitpold, avan-
cirte als tüchtiger Offizier bald bis zum Hauptmann im Generalquartiermeister¬
stab und ward Flügeladjutant des Kronprinzen, jetzigen Königs Max. Während
dieser Zeit hatte er zu seiner Ausbildung größere Reisen unternommen, uuter an¬
dern nach Algier, um die Kriegführung der Franzosen daselbst zu studiren, wohnte
später dem Uebungölager bei Lyon bei und ging endlich in diesem Frühjahr als
Major nach Schleswig-Holstein. Seine Untergebenen rühmen seine Milde und
Güte, und daß er das Vertrauen derselben zu gewinnen, Klugheit und Tapferkeit
richtig zu verbinden weiß, hat er unter den Augen von ganz Deutschland bewiesen.
Was sein Aeußeres betrifft, so ist er von mittlerer Größe, schlank gebaut, blaß
und blond, ein deutscher Krieger, aber kein Bramarbas, wie so Manche, die seit
dem letzten Armeebefehl, der gegen 200 neue Lieutenants ernannte, den Säbel
über das Pflaster klappern lassen, nachdem sie früher, als sie noch den Stuben
tenrock trugen, oft über die jungen Offiziere gelächelt haben. Kleider machen Leute.

Noch muß ich zwei öffentliche Charaktere erwähnen, welche in neuerer Zeit



DieR e d.
*) So sind die Süddeutschen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0492" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277922"/>
          <p xml:id="ID_1666" prev="#ID_1665"> chischen und der demokratischen Vereine Baierns und Würtembergs stattgefunden,<lb/>
wozu auch der hiesige &#x201E;Bürgerverein für Freiheit und Ordnung" Deputirte ge¬<lb/>
schickt hat, aber er desavouirte dieselben, weil sie für Festhaltung des demokrati¬<lb/>
schen Princips stimmten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1667"> Bei Gelegenheit einer Verbrüderung fällt mir das Verbrüderungsfest zwischen<lb/>
Militär und Bürgerwehr ein, welches zu Ehren der von Schleswig-Holstein Heim-<lb/>
gekehrten baierischen Offiziere gefeiert wurde. Leider haben zwei dieser wackern<lb/>
Kämpfer die Heimath nicht wieder gesehen, Waldmann und Corneli; doch würde<lb/>
Niemand das junge Vink beklagen, das sie für Deutschlands Ehre verspritzt ha¬<lb/>
ben, wenn man nicht fürchten müßte, daß es umsonst gewesen. Schon daß ein<lb/>
Waffenstillstand mit Dänemark geschlossen werden sollte, hat hier in allen Kreisen<lb/>
großes Mißfallen erregt, welches sich gegenwärtig zu wahrer Erbitterung gegen<lb/>
Preußens steigert, da die Dauer desselben und die Bedingungen bekannt wur¬<lb/>
den, welche möglicherweise einen Bruch zwischen dem südwestlichen und nordöstli¬<lb/>
chen Deutschland zur Folge haben können. Schon die Art und Weise wie das<lb/>
tapfere von der Tann'sehe Freikorps aufgelöst wurde, hat die Münchner in Auf¬<lb/>
regung versetzt und die Innigkeit beim Empfang des tapfern Majors gesteigert.<lb/>
Eine kurze Skizze dieses in den Zeitungen so oft genannten Mannes, dem bei<lb/>
den kriegerischen Aussichten unsrer Zeit gewiß eine große Zukunft vorbehalten ist,<lb/>
dürfte den Lesern der Grenzboten vielleicht nicht uninteressant sein. Ludwig von<lb/>
der Tann wurde im Städtchen Tann in Unterfranken an dem Tage geboren,<lb/>
an dem Napoleons Stern für immer unterging, nämlich am 18. Juni 1815, am<lb/>
Tage der Schlacht bei Waterloo. Er wurde in der königlichen Pagerie erzogen,<lb/>
trat dann als Lieutenant in das hiesige Artillerieregiment Prinz Luitpold, avan-<lb/>
cirte als tüchtiger Offizier bald bis zum Hauptmann im Generalquartiermeister¬<lb/>
stab und ward Flügeladjutant des Kronprinzen, jetzigen Königs Max. Während<lb/>
dieser Zeit hatte er zu seiner Ausbildung größere Reisen unternommen, uuter an¬<lb/>
dern nach Algier, um die Kriegführung der Franzosen daselbst zu studiren, wohnte<lb/>
später dem Uebungölager bei Lyon bei und ging endlich in diesem Frühjahr als<lb/>
Major nach Schleswig-Holstein. Seine Untergebenen rühmen seine Milde und<lb/>
Güte, und daß er das Vertrauen derselben zu gewinnen, Klugheit und Tapferkeit<lb/>
richtig zu verbinden weiß, hat er unter den Augen von ganz Deutschland bewiesen.<lb/>
Was sein Aeußeres betrifft, so ist er von mittlerer Größe, schlank gebaut, blaß<lb/>
und blond, ein deutscher Krieger, aber kein Bramarbas, wie so Manche, die seit<lb/>
dem letzten Armeebefehl, der gegen 200 neue Lieutenants ernannte, den Säbel<lb/>
über das Pflaster klappern lassen, nachdem sie früher, als sie noch den Stuben<lb/>
tenrock trugen, oft über die jungen Offiziere gelächelt haben. Kleider machen Leute.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1668" next="#ID_1669"> Noch muß ich zwei öffentliche Charaktere erwähnen, welche in neuerer Zeit</p><lb/>
          <note xml:id="FID_51" place="foot"> *) So sind die Süddeutschen.</note><lb/>
          <note type="byline"> DieR e d.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0492] chischen und der demokratischen Vereine Baierns und Würtembergs stattgefunden, wozu auch der hiesige „Bürgerverein für Freiheit und Ordnung" Deputirte ge¬ schickt hat, aber er desavouirte dieselben, weil sie für Festhaltung des demokrati¬ schen Princips stimmten. Bei Gelegenheit einer Verbrüderung fällt mir das Verbrüderungsfest zwischen Militär und Bürgerwehr ein, welches zu Ehren der von Schleswig-Holstein Heim- gekehrten baierischen Offiziere gefeiert wurde. Leider haben zwei dieser wackern Kämpfer die Heimath nicht wieder gesehen, Waldmann und Corneli; doch würde Niemand das junge Vink beklagen, das sie für Deutschlands Ehre verspritzt ha¬ ben, wenn man nicht fürchten müßte, daß es umsonst gewesen. Schon daß ein Waffenstillstand mit Dänemark geschlossen werden sollte, hat hier in allen Kreisen großes Mißfallen erregt, welches sich gegenwärtig zu wahrer Erbitterung gegen Preußens steigert, da die Dauer desselben und die Bedingungen bekannt wur¬ den, welche möglicherweise einen Bruch zwischen dem südwestlichen und nordöstli¬ chen Deutschland zur Folge haben können. Schon die Art und Weise wie das tapfere von der Tann'sehe Freikorps aufgelöst wurde, hat die Münchner in Auf¬ regung versetzt und die Innigkeit beim Empfang des tapfern Majors gesteigert. Eine kurze Skizze dieses in den Zeitungen so oft genannten Mannes, dem bei den kriegerischen Aussichten unsrer Zeit gewiß eine große Zukunft vorbehalten ist, dürfte den Lesern der Grenzboten vielleicht nicht uninteressant sein. Ludwig von der Tann wurde im Städtchen Tann in Unterfranken an dem Tage geboren, an dem Napoleons Stern für immer unterging, nämlich am 18. Juni 1815, am Tage der Schlacht bei Waterloo. Er wurde in der königlichen Pagerie erzogen, trat dann als Lieutenant in das hiesige Artillerieregiment Prinz Luitpold, avan- cirte als tüchtiger Offizier bald bis zum Hauptmann im Generalquartiermeister¬ stab und ward Flügeladjutant des Kronprinzen, jetzigen Königs Max. Während dieser Zeit hatte er zu seiner Ausbildung größere Reisen unternommen, uuter an¬ dern nach Algier, um die Kriegführung der Franzosen daselbst zu studiren, wohnte später dem Uebungölager bei Lyon bei und ging endlich in diesem Frühjahr als Major nach Schleswig-Holstein. Seine Untergebenen rühmen seine Milde und Güte, und daß er das Vertrauen derselben zu gewinnen, Klugheit und Tapferkeit richtig zu verbinden weiß, hat er unter den Augen von ganz Deutschland bewiesen. Was sein Aeußeres betrifft, so ist er von mittlerer Größe, schlank gebaut, blaß und blond, ein deutscher Krieger, aber kein Bramarbas, wie so Manche, die seit dem letzten Armeebefehl, der gegen 200 neue Lieutenants ernannte, den Säbel über das Pflaster klappern lassen, nachdem sie früher, als sie noch den Stuben tenrock trugen, oft über die jungen Offiziere gelächelt haben. Kleider machen Leute. Noch muß ich zwei öffentliche Charaktere erwähnen, welche in neuerer Zeit DieR e d. *) So sind die Süddeutschen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/492
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/492>, abgerufen am 28.09.2024.