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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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dung hat sich die Swornost zufrieden gestellt und sie wird nur noch einer feierli¬
chen Messe am Roßmarkt beiwohnen und dann verschwinden. --

Unsere Zeitschriften sind überfüllt mit Aufsätzen, welche die deutsche Zollan¬
schlußsrage behandeln und sich zum gute" Theile dafür entscheiden. Schon auf
den heutigen Tag war eine Plenarversammlung des Gewerbvereins anberaumt,
welche über ein von der früher zusammengesetzten Commission vorzulegendes Gut¬
achten in Betreff dieser wichtigen Frage Berathung pflegen sollte. Da aber die
Commissiouöverhaudlungeu noch nicht zu Ende geführt sind, so ist diese Versamm¬
lung bis zu Ende dieses Monates verschoben. -- Vor nicht langer Zeit hat der
Vorstand des Prager Handelsstandes eine Zuschrift an das Ministerium gerichtet,
in welchem derselbe auf die Interessen Böhmens hinweisend, entschieden gegen
eine Annahme solcher Interventionen protestirt, die uns das Aufgeben eines Theils
der italienischen Besitzungen zumuthen sollten. Ich habe diese beiden Notizen ab¬
sichtlich zusammengestellt, damit Sie sehen, wie der merkantilische und commer-
zielle Instinkt das richtige Verhältniß Oestreichs zu Deutschland zu finden ver¬
spricht, während er, nur Waaren, aber nicht Menschen berücksichtigend, in der ita¬
lienischen Frage den richtigen Standpunkt ganz verfehlt. --

Gestern gegen Abend fand im Gasthause "zur Stadt Leipzig" eine Versamm¬
lung von Korporälen der hiesigen Garnison statt, worin ein Korporal eine kräftige
Anrede an die versammelten, sowohl dem Militär- als Civilstande angehörigen
Personen hielt und in derselben von dem bedauerlichen Glauben sprach, der un¬
ter einem Theile der Bevölkerung herrsche, als wäre das Militär fortwährend in
Bereitschaft, abermals feindlich gegen dieselbe einzuschreiten. Dem sei nicht so;
denn er und alle seine Kameraden seien ja aus dem Volke und kehrten wieder in
dasselbe zurück. Zugleich sprach er von einer Petition, die berathen und dem
Reichstage vorgelegt werden solle, worin man um Abschaffung der vielen Mi߬
griffe bei den militärischen Beförderungen und um Aufhebung oder durchgreifende
Reform des Kadetten-Institutes ersuchen werde. Häufiger, lebhafter Beifall, nament¬
lich von Civilpersonen unterbrach seine Rede. Jedenfalls ist dieses Auftauchen eines
constitutionellen Bewußtseins in der Brust des Soldaten eine sehr erfreuliche Er¬
scheinung, sie läßt eine Zeit hoffen, wo der Kriegerstand nicht mehr einen direk¬
ten Gegensatz zu der gauzeu übrigen Gesellschaft bildet und die stehenden Heere
nicht mehr als ein übriggebliebener Nest des alten Absolutismus angesehen werde".

Von eiuer interessanten Studentenversaminlnng, die gestern und heute früh
V. abgehalten wurde, werde ich Ihnen nächstens berichten. --




dung hat sich die Swornost zufrieden gestellt und sie wird nur noch einer feierli¬
chen Messe am Roßmarkt beiwohnen und dann verschwinden. —

Unsere Zeitschriften sind überfüllt mit Aufsätzen, welche die deutsche Zollan¬
schlußsrage behandeln und sich zum gute» Theile dafür entscheiden. Schon auf
den heutigen Tag war eine Plenarversammlung des Gewerbvereins anberaumt,
welche über ein von der früher zusammengesetzten Commission vorzulegendes Gut¬
achten in Betreff dieser wichtigen Frage Berathung pflegen sollte. Da aber die
Commissiouöverhaudlungeu noch nicht zu Ende geführt sind, so ist diese Versamm¬
lung bis zu Ende dieses Monates verschoben. — Vor nicht langer Zeit hat der
Vorstand des Prager Handelsstandes eine Zuschrift an das Ministerium gerichtet,
in welchem derselbe auf die Interessen Böhmens hinweisend, entschieden gegen
eine Annahme solcher Interventionen protestirt, die uns das Aufgeben eines Theils
der italienischen Besitzungen zumuthen sollten. Ich habe diese beiden Notizen ab¬
sichtlich zusammengestellt, damit Sie sehen, wie der merkantilische und commer-
zielle Instinkt das richtige Verhältniß Oestreichs zu Deutschland zu finden ver¬
spricht, während er, nur Waaren, aber nicht Menschen berücksichtigend, in der ita¬
lienischen Frage den richtigen Standpunkt ganz verfehlt. —

Gestern gegen Abend fand im Gasthause „zur Stadt Leipzig" eine Versamm¬
lung von Korporälen der hiesigen Garnison statt, worin ein Korporal eine kräftige
Anrede an die versammelten, sowohl dem Militär- als Civilstande angehörigen
Personen hielt und in derselben von dem bedauerlichen Glauben sprach, der un¬
ter einem Theile der Bevölkerung herrsche, als wäre das Militär fortwährend in
Bereitschaft, abermals feindlich gegen dieselbe einzuschreiten. Dem sei nicht so;
denn er und alle seine Kameraden seien ja aus dem Volke und kehrten wieder in
dasselbe zurück. Zugleich sprach er von einer Petition, die berathen und dem
Reichstage vorgelegt werden solle, worin man um Abschaffung der vielen Mi߬
griffe bei den militärischen Beförderungen und um Aufhebung oder durchgreifende
Reform des Kadetten-Institutes ersuchen werde. Häufiger, lebhafter Beifall, nament¬
lich von Civilpersonen unterbrach seine Rede. Jedenfalls ist dieses Auftauchen eines
constitutionellen Bewußtseins in der Brust des Soldaten eine sehr erfreuliche Er¬
scheinung, sie läßt eine Zeit hoffen, wo der Kriegerstand nicht mehr einen direk¬
ten Gegensatz zu der gauzeu übrigen Gesellschaft bildet und die stehenden Heere
nicht mehr als ein übriggebliebener Nest des alten Absolutismus angesehen werde«.

Von eiuer interessanten Studentenversaminlnng, die gestern und heute früh
V. abgehalten wurde, werde ich Ihnen nächstens berichten. —




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/441>, abgerufen am 29.06.2024.