Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.munden wird; denn während das Programme: "Voeux du Peuple" (vom 25. Fe¬ Auffallend ist, daß uicht mehr von "Menschenrechten," sondern von den Rech¬ Bei dem Kapitel: Rechte der Bürger, fragt man sich unwillkürlich, was ist "Die Todesstrafe bleibt abgeschafft für politische Verbrechen." In Frankfurt "Die Glaubensfreiheit" versteht sich vou selbst, "uur die Priester einer vom Was die gesetzgebende Gewalt betrifft, so sind alle 21jährigen Franzosen, die munden wird; denn während das Programme: „Voeux du Peuple" (vom 25. Fe¬ Auffallend ist, daß uicht mehr von „Menschenrechten," sondern von den Rech¬ Bei dem Kapitel: Rechte der Bürger, fragt man sich unwillkürlich, was ist „Die Todesstrafe bleibt abgeschafft für politische Verbrechen." In Frankfurt „Die Glaubensfreiheit" versteht sich vou selbst, „uur die Priester einer vom Was die gesetzgebende Gewalt betrifft, so sind alle 21jährigen Franzosen, die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0408" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/277838"/> <p xml:id="ID_1351" prev="#ID_1350"> munden wird; denn während das Programme: „Voeux du Peuple" (vom 25. Fe¬<lb/> bruar) allen Richtungen Alles versprach, was ihr Herz nur begehrte, beißt der<lb/> Entwurf überall ein Endchen ab. Eine ausführliche Kritik wird während der Be¬<lb/> rathung darüber in der Assemblve Nationale an der Zeit sein; ich will vorläufig<lb/> aus den 119 Artikeln nur einige herausheben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1352"> Auffallend ist, daß uicht mehr von „Menschenrechten," sondern von den Rech¬<lb/> ten der Bürger gesprochen wird. Vielleicht dürften die Mißvergnügten dafür durch<lb/> einigen Trompctcntusch in der Einleitung sich entschädigt fühlen. Sehr naiv klingt<lb/> in andern, als französischen Ohren, dieses Vorspiel: „Frankreich hat sich vor¬<lb/> genommen, die Initiative des Fortschritts und der Civilisation der Welt zu be^<lb/> halten"! „Der Bürger soll sein Vaterland lieben ze. er soll sich und den Sei¬<lb/> nigen Subsistcnzmittel sichern und, durch Voraussicht" (Sparsamkeit), „für seine<lb/> Zukunft sorgen." — „Die Republik achtet die fremden Nationalitäten, sie unter¬<lb/> nimmt keinen Krieg, um zu erobern." (Fast gleichlautend mit den Erklärungen<lb/> v. 1789.)</p><lb/> <p xml:id="ID_1353"> Bei dem Kapitel: Rechte der Bürger, fragt man sich unwillkürlich, was ist<lb/> aus der Garantie der Arbeit geworden? Man hat sehr weislich dafür gesetzt:<lb/> Die Freiheit der Arbeit. „Der Staat verspricht Arbeit, so weit es seine Hilfs¬<lb/> mittel erlauben." Also darum Räuber und Mörder, würde Karl Moor sagen.<lb/> „Er verbürgt die Freiheit der Arbeit und Industrie und die professionelle Erziehung."</p><lb/> <p xml:id="ID_1354"> „Die Todesstrafe bleibt abgeschafft für politische Verbrechen." In Frankfurt<lb/> war man cousequenter, indem mau sie ganz abschaffte. Die französische Bill ist<lb/> eine bloße Parteimaßrcgel ohne sittliche Grundlage. Das deutsche Parlament fleht<lb/> die Todesstrafe als etwas an und für sich Inhumanes, der Civilisation Unwür¬<lb/> diges an und deswegen will es sie uicht; das französische betrachtet sie vom Stand¬<lb/> punkt der Zweckmäßigkeit und Convenaucc. Es macht ein Ausnahmsgesctz zu<lb/> Gunsten eiuer besondern Gattung von Verbrechern, und nimmt bei diesen im Vor¬<lb/> aus einen geringern Grad der Strafbarkeit an. Diese Unterscheidung ist kaum<lb/> immer haltbar.</p><lb/> <p xml:id="ID_1355"> „Die Glaubensfreiheit" versteht sich vou selbst, „uur die Priester einer vom<lb/> Staate anerkannten Konfession bekommen Staalsgchalt." — „Die Freiheit des<lb/> Unterrichts steht uuter dem Schutz der Gesetze und der Aufsicht des Staates."<lb/> Diese Klausel wird deu Klerus „dvgriscr", wie man hier sagt; die Begeisterung<lb/> der Ultramontanen für die Republik wird nüchterner werden, falls dieser Punkt<lb/> durchgeht. — Die Negersclaverei in den Kolonien, in der ersten Revolution ab¬<lb/> geschafft, von Napoleon wieder restaurirt, wird von der dritten Revolution noch<lb/> einmal abgeschafft. Von der Entschädigungsfrage, an der die Erhaltung der Ko¬<lb/> lonien oder die Emancipation selbst scheitern kann, ist Nichts gesagt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1356" next="#ID_1357"> Was die gesetzgebende Gewalt betrifft, so sind alle 21jährigen Franzosen, die<lb/> ihre bürgerlichen und politischen Rechte besitzen, Wähler, also auch Dienstboten und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0408]
munden wird; denn während das Programme: „Voeux du Peuple" (vom 25. Fe¬
bruar) allen Richtungen Alles versprach, was ihr Herz nur begehrte, beißt der
Entwurf überall ein Endchen ab. Eine ausführliche Kritik wird während der Be¬
rathung darüber in der Assemblve Nationale an der Zeit sein; ich will vorläufig
aus den 119 Artikeln nur einige herausheben.
Auffallend ist, daß uicht mehr von „Menschenrechten," sondern von den Rech¬
ten der Bürger gesprochen wird. Vielleicht dürften die Mißvergnügten dafür durch
einigen Trompctcntusch in der Einleitung sich entschädigt fühlen. Sehr naiv klingt
in andern, als französischen Ohren, dieses Vorspiel: „Frankreich hat sich vor¬
genommen, die Initiative des Fortschritts und der Civilisation der Welt zu be^
halten"! „Der Bürger soll sein Vaterland lieben ze. er soll sich und den Sei¬
nigen Subsistcnzmittel sichern und, durch Voraussicht" (Sparsamkeit), „für seine
Zukunft sorgen." — „Die Republik achtet die fremden Nationalitäten, sie unter¬
nimmt keinen Krieg, um zu erobern." (Fast gleichlautend mit den Erklärungen
v. 1789.)
Bei dem Kapitel: Rechte der Bürger, fragt man sich unwillkürlich, was ist
aus der Garantie der Arbeit geworden? Man hat sehr weislich dafür gesetzt:
Die Freiheit der Arbeit. „Der Staat verspricht Arbeit, so weit es seine Hilfs¬
mittel erlauben." Also darum Räuber und Mörder, würde Karl Moor sagen.
„Er verbürgt die Freiheit der Arbeit und Industrie und die professionelle Erziehung."
„Die Todesstrafe bleibt abgeschafft für politische Verbrechen." In Frankfurt
war man cousequenter, indem mau sie ganz abschaffte. Die französische Bill ist
eine bloße Parteimaßrcgel ohne sittliche Grundlage. Das deutsche Parlament fleht
die Todesstrafe als etwas an und für sich Inhumanes, der Civilisation Unwür¬
diges an und deswegen will es sie uicht; das französische betrachtet sie vom Stand¬
punkt der Zweckmäßigkeit und Convenaucc. Es macht ein Ausnahmsgesctz zu
Gunsten eiuer besondern Gattung von Verbrechern, und nimmt bei diesen im Vor¬
aus einen geringern Grad der Strafbarkeit an. Diese Unterscheidung ist kaum
immer haltbar.
„Die Glaubensfreiheit" versteht sich vou selbst, „uur die Priester einer vom
Staate anerkannten Konfession bekommen Staalsgchalt." — „Die Freiheit des
Unterrichts steht uuter dem Schutz der Gesetze und der Aufsicht des Staates."
Diese Klausel wird deu Klerus „dvgriscr", wie man hier sagt; die Begeisterung
der Ultramontanen für die Republik wird nüchterner werden, falls dieser Punkt
durchgeht. — Die Negersclaverei in den Kolonien, in der ersten Revolution ab¬
geschafft, von Napoleon wieder restaurirt, wird von der dritten Revolution noch
einmal abgeschafft. Von der Entschädigungsfrage, an der die Erhaltung der Ko¬
lonien oder die Emancipation selbst scheitern kann, ist Nichts gesagt.
Was die gesetzgebende Gewalt betrifft, so sind alle 21jährigen Franzosen, die
ihre bürgerlichen und politischen Rechte besitzen, Wähler, also auch Dienstboten und
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