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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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Ränke des Hoff, Verschwörung der volksfeindlichen Camarilla Geschrei zu erhe-
ben; sie nennen die edelsten Männer und Stimmführer der gedrückten Völker vor
der Welt Verräther und Aufwiegler, sie wollen die Stimme der Wahrheit durch
den Terrorismus des Standrechts zum Schweigen bringen. Alles Militär, das
den Interessen dieses MagyarismuS nicht entgegenkommt und zur Volksunte"
drückuug sich nicht hergeben will, wird "reactionär gesinnt" gescholten.

Dieselben Männer betheuern, sich innig an Deutschland anschließen und das
freundschaftliche Verhältniß in allen Fällen aufrecht halten zu wollen und beugen
sich vor Deutschlands hoher Bildung und Gesittung demüthig zur Erde: und die^
selben Männer knechten zu gleicher Zeit die Deutschen Ungarns, wollen es wehren,
daß ein deutscher Bürgermeister zu einer deutschen Stadtbevölkerung deutsch spreche,
dieselben Männer löschen auf höhere Anordnung in eiuer deutschen Stadt die deutschen
Straßennamen aus, damit nnr die magyarischen stehen bleiben, dieselben Männer schla¬
gen überall das freie deutsche Wort und die freie deutsche Presse in ihre Fesseln.
Ist das nicht der größte Hohn, der dem Deutschthum in Ungarn je widerfahren?
Was steht von einem solchen Volke zu erwarten, wenn es kräftiger dastehen wird,
als jetzt in den Tagen seiner ärgsten Bedrängniß?

Mögen doch Deutschlands gutmüthige Patrioten sich nicht täuschen lassen und
nicht rathen, die Hand herzugeben zur immerwährenden Unterdrückung jeuer Völ¬
ker, die jetzt in die Bande des MagyarismuS geschmiedet sind: es würden bald
Tage der bittersten Reue kommen. Will Deutschland sich an einer wunden Stelle,
in seinem Südosten, Ruhe verschaffen, so muß es -- es erheischen dies gebieterisch
Vortheil und Pflicht -- die ungarischen Deutschen schützen, sie fort und fort kräf¬
tigen (Einwanderung) und denselben bei einem Bunde mit Ungarn Rechte verschaf¬
fen als Deutsche. Dann erst können die zahlreichen ungarischen Deutschen den
in ihrer Anmaßung herabgestimmten Magyaren die Hand zum Bruderbunde rei¬
chen und die Gefahr des Panslavismus, wenn sie da ist, wird aus jenen Gegen¬
den auf immer verschwunden sein und für Deutschland und für Ungarn ist die
Donau frei. Aber Deutschland muß schnell handeln, denn der Augenblick der
Entscheidung ist gekommen. Wohl, ein neuer Geist hebt jetzt Deutschland empor,
es fühlt seine Stärke. Die Lenker seines Staatsschiffs werden wissen, wohin sie
seinen Lauf zu richten haben. Die Zeit der alten Diplomaten ist vorüber. Die
Staatsmänner der Gegenwart werden den rechten Zeitpunkt erfassen und dankbar
werden Siebenbürgens und Ungarns deutsche Söhne sie segnen.

Daß sich die sächsischen Abgeordneten den Magyaren nicht auf Gnade und
Ungnade ergeben hatten, davon lieferte einen Beweis auch die Denkschrift, die sie
dem Landtag einreichten. Diese Denkschrift lautet:


Löbliche Stände!

Die Sachsen in Siebenbürgen, die dritte ständische Nation unseres Vaterlandes,
haben, erkennend die gegenwärtige Weltlage und in gerechter Würdigung der heißen


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Ränke des Hoff, Verschwörung der volksfeindlichen Camarilla Geschrei zu erhe-
ben; sie nennen die edelsten Männer und Stimmführer der gedrückten Völker vor
der Welt Verräther und Aufwiegler, sie wollen die Stimme der Wahrheit durch
den Terrorismus des Standrechts zum Schweigen bringen. Alles Militär, das
den Interessen dieses MagyarismuS nicht entgegenkommt und zur Volksunte»
drückuug sich nicht hergeben will, wird „reactionär gesinnt" gescholten.

Dieselben Männer betheuern, sich innig an Deutschland anschließen und das
freundschaftliche Verhältniß in allen Fällen aufrecht halten zu wollen und beugen
sich vor Deutschlands hoher Bildung und Gesittung demüthig zur Erde: und die^
selben Männer knechten zu gleicher Zeit die Deutschen Ungarns, wollen es wehren,
daß ein deutscher Bürgermeister zu einer deutschen Stadtbevölkerung deutsch spreche,
dieselben Männer löschen auf höhere Anordnung in eiuer deutschen Stadt die deutschen
Straßennamen aus, damit nnr die magyarischen stehen bleiben, dieselben Männer schla¬
gen überall das freie deutsche Wort und die freie deutsche Presse in ihre Fesseln.
Ist das nicht der größte Hohn, der dem Deutschthum in Ungarn je widerfahren?
Was steht von einem solchen Volke zu erwarten, wenn es kräftiger dastehen wird,
als jetzt in den Tagen seiner ärgsten Bedrängniß?

Mögen doch Deutschlands gutmüthige Patrioten sich nicht täuschen lassen und
nicht rathen, die Hand herzugeben zur immerwährenden Unterdrückung jeuer Völ¬
ker, die jetzt in die Bande des MagyarismuS geschmiedet sind: es würden bald
Tage der bittersten Reue kommen. Will Deutschland sich an einer wunden Stelle,
in seinem Südosten, Ruhe verschaffen, so muß es — es erheischen dies gebieterisch
Vortheil und Pflicht — die ungarischen Deutschen schützen, sie fort und fort kräf¬
tigen (Einwanderung) und denselben bei einem Bunde mit Ungarn Rechte verschaf¬
fen als Deutsche. Dann erst können die zahlreichen ungarischen Deutschen den
in ihrer Anmaßung herabgestimmten Magyaren die Hand zum Bruderbunde rei¬
chen und die Gefahr des Panslavismus, wenn sie da ist, wird aus jenen Gegen¬
den auf immer verschwunden sein und für Deutschland und für Ungarn ist die
Donau frei. Aber Deutschland muß schnell handeln, denn der Augenblick der
Entscheidung ist gekommen. Wohl, ein neuer Geist hebt jetzt Deutschland empor,
es fühlt seine Stärke. Die Lenker seines Staatsschiffs werden wissen, wohin sie
seinen Lauf zu richten haben. Die Zeit der alten Diplomaten ist vorüber. Die
Staatsmänner der Gegenwart werden den rechten Zeitpunkt erfassen und dankbar
werden Siebenbürgens und Ungarns deutsche Söhne sie segnen.

Daß sich die sächsischen Abgeordneten den Magyaren nicht auf Gnade und
Ungnade ergeben hatten, davon lieferte einen Beweis auch die Denkschrift, die sie
dem Landtag einreichten. Diese Denkschrift lautet:


Löbliche Stände!

Die Sachsen in Siebenbürgen, die dritte ständische Nation unseres Vaterlandes,
haben, erkennend die gegenwärtige Weltlage und in gerechter Würdigung der heißen


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[0367] Ränke des Hoff, Verschwörung der volksfeindlichen Camarilla Geschrei zu erhe- ben; sie nennen die edelsten Männer und Stimmführer der gedrückten Völker vor der Welt Verräther und Aufwiegler, sie wollen die Stimme der Wahrheit durch den Terrorismus des Standrechts zum Schweigen bringen. Alles Militär, das den Interessen dieses MagyarismuS nicht entgegenkommt und zur Volksunte» drückuug sich nicht hergeben will, wird „reactionär gesinnt" gescholten. Dieselben Männer betheuern, sich innig an Deutschland anschließen und das freundschaftliche Verhältniß in allen Fällen aufrecht halten zu wollen und beugen sich vor Deutschlands hoher Bildung und Gesittung demüthig zur Erde: und die^ selben Männer knechten zu gleicher Zeit die Deutschen Ungarns, wollen es wehren, daß ein deutscher Bürgermeister zu einer deutschen Stadtbevölkerung deutsch spreche, dieselben Männer löschen auf höhere Anordnung in eiuer deutschen Stadt die deutschen Straßennamen aus, damit nnr die magyarischen stehen bleiben, dieselben Männer schla¬ gen überall das freie deutsche Wort und die freie deutsche Presse in ihre Fesseln. Ist das nicht der größte Hohn, der dem Deutschthum in Ungarn je widerfahren? Was steht von einem solchen Volke zu erwarten, wenn es kräftiger dastehen wird, als jetzt in den Tagen seiner ärgsten Bedrängniß? Mögen doch Deutschlands gutmüthige Patrioten sich nicht täuschen lassen und nicht rathen, die Hand herzugeben zur immerwährenden Unterdrückung jeuer Völ¬ ker, die jetzt in die Bande des MagyarismuS geschmiedet sind: es würden bald Tage der bittersten Reue kommen. Will Deutschland sich an einer wunden Stelle, in seinem Südosten, Ruhe verschaffen, so muß es — es erheischen dies gebieterisch Vortheil und Pflicht — die ungarischen Deutschen schützen, sie fort und fort kräf¬ tigen (Einwanderung) und denselben bei einem Bunde mit Ungarn Rechte verschaf¬ fen als Deutsche. Dann erst können die zahlreichen ungarischen Deutschen den in ihrer Anmaßung herabgestimmten Magyaren die Hand zum Bruderbunde rei¬ chen und die Gefahr des Panslavismus, wenn sie da ist, wird aus jenen Gegen¬ den auf immer verschwunden sein und für Deutschland und für Ungarn ist die Donau frei. Aber Deutschland muß schnell handeln, denn der Augenblick der Entscheidung ist gekommen. Wohl, ein neuer Geist hebt jetzt Deutschland empor, es fühlt seine Stärke. Die Lenker seines Staatsschiffs werden wissen, wohin sie seinen Lauf zu richten haben. Die Zeit der alten Diplomaten ist vorüber. Die Staatsmänner der Gegenwart werden den rechten Zeitpunkt erfassen und dankbar werden Siebenbürgens und Ungarns deutsche Söhne sie segnen. Daß sich die sächsischen Abgeordneten den Magyaren nicht auf Gnade und Ungnade ergeben hatten, davon lieferte einen Beweis auch die Denkschrift, die sie dem Landtag einreichten. Diese Denkschrift lautet: Löbliche Stände! Die Sachsen in Siebenbürgen, die dritte ständische Nation unseres Vaterlandes, haben, erkennend die gegenwärtige Weltlage und in gerechter Würdigung der heißen 46*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/367>, abgerufen am 29.06.2024.