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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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strenge, energische und kriegerisch behende Organisation deutscher Kraft nöthig
macht. Und wenn man den gutmüthigen Schwärmern uicht zürnen kann, welche
meinen, daß jetzt die Zeit der Verheißung gekommen sei, wo der Egoismus der
Völker durch brüderliche Liebe und gegenseitige Achtung überwunden wäre, so soll
man sich doch hüten, ihnen in der Behauptung nachzugeben, daß die Einsetzung
des Kriegsministerinms des deutschen Reiches und das Aussprechen der Einheit
Deutschlands genügen werde, dem Auslande Achtung vor deutscher Kraft, den ein¬
zelnen Theilen Deutschlands aber kriegerische Tüchtigkeit und Routine einzuflößen.
Ja es läßt sich beweisen, daß gerade bei besserer Vereinigung der deutschen Völker
die Vorzüge der preußischen Individualität, deren Einseitigkeit die übrigen Stämme
bis jetzt oft gedrückt hat, von größter Wichtigkeit und zum Gedeihen Deutschlands
unentbehrlich sein werden. Denn wenn Preußen ohne das übrige Deutschland von
der Höhe einer Großmacht, die es seiner innern Kraft nach allerdings ist, Herab¬
kommen würde und wenn selbst eine enge Verbindung mit einzelnen Staaten Nord¬
deutschlands keine genügende Entschädigung für eine oppositionelle Stellung zu
einem neuen westdeutsche" ssieich sein könnte, so ist andrerseits ein deutsches Reich
ohne Oestreich und ohne Preußen eine kraftlose Fehlgeburt und es wäre gleich-,
giltig, ob bei einem solchen Reich die Königreiche Sachsen oder Baiern oder gar
das kleine herrschlnstige Weimar eine Hegemonie durchsetzten.

Es ist unnöthig zu erzählen, wodurch die schwierige Stellung Preußens zu
der gegenwärtige" Bewegung entstanden ist, nur darüber wird kein Zweifel sein,
daß sie nicht nöthig war, nicht wie bei Oestreich der Fall ist, in der Idee des
Staates lag. Das ruhige Fortgehen ans dem Wege, der seit Gründung des
Zollvereins eingeschlagen war, hätte Deutschland allmälig in einen Staatenbund
verwandelt, dessen Präsident der König von Preußen war, der im Ausland durch
die preußischen Legationen vertreten wurde, dessen innere Angelegenheiten, die des
freien Verkehrs und der materiellen Interessen durch ein Bundcsparlament und
Commissarien desselben geordnet wurden. Dieser Weg der Vereinigung hätte
vieles Gute gehabt, obgleich er wenig imponirt hätte, wir haben kein Recht zu
klagen, daß das Volk selbst durch Machtsprüche einen andern vorgeschrieben hat,
der großen Schein für sich hat zu einer schnelleren und energischen Concentration
Zu führen, bei dem der ruhige Beobachter sich aber doch des gewichtigen Zweifels
"lebt entschlagen ol, dieser nähere Weg durch die Paulskirche nicht in Wirt,
lebten ein Umweg sei, der durch den Schein prächtig grader Richtung täusche,
um zuletzt in die Brüche zu führen.

Wenn ich die Meinung äußere, daß es der Frankfurter Versammlung nicht
ge "lgn, wird, die VcreinigungSwünsche der deutschen Stämme verständig zu he-
hre lgen, so gestatten Sie mir auch die Bemerkung, daß ich trotzdem diese Vcr-
lammlnng für dle edelste und größte That des deutschen Volkes seit 1813 halte,
und me Freude, ja uicht ohne Rührung sehe, wie diese Assemblee deutschen Gai-


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strenge, energische und kriegerisch behende Organisation deutscher Kraft nöthig
macht. Und wenn man den gutmüthigen Schwärmern uicht zürnen kann, welche
meinen, daß jetzt die Zeit der Verheißung gekommen sei, wo der Egoismus der
Völker durch brüderliche Liebe und gegenseitige Achtung überwunden wäre, so soll
man sich doch hüten, ihnen in der Behauptung nachzugeben, daß die Einsetzung
des Kriegsministerinms des deutschen Reiches und das Aussprechen der Einheit
Deutschlands genügen werde, dem Auslande Achtung vor deutscher Kraft, den ein¬
zelnen Theilen Deutschlands aber kriegerische Tüchtigkeit und Routine einzuflößen.
Ja es läßt sich beweisen, daß gerade bei besserer Vereinigung der deutschen Völker
die Vorzüge der preußischen Individualität, deren Einseitigkeit die übrigen Stämme
bis jetzt oft gedrückt hat, von größter Wichtigkeit und zum Gedeihen Deutschlands
unentbehrlich sein werden. Denn wenn Preußen ohne das übrige Deutschland von
der Höhe einer Großmacht, die es seiner innern Kraft nach allerdings ist, Herab¬
kommen würde und wenn selbst eine enge Verbindung mit einzelnen Staaten Nord¬
deutschlands keine genügende Entschädigung für eine oppositionelle Stellung zu
einem neuen westdeutsche» ssieich sein könnte, so ist andrerseits ein deutsches Reich
ohne Oestreich und ohne Preußen eine kraftlose Fehlgeburt und es wäre gleich-,
giltig, ob bei einem solchen Reich die Königreiche Sachsen oder Baiern oder gar
das kleine herrschlnstige Weimar eine Hegemonie durchsetzten.

Es ist unnöthig zu erzählen, wodurch die schwierige Stellung Preußens zu
der gegenwärtige» Bewegung entstanden ist, nur darüber wird kein Zweifel sein,
daß sie nicht nöthig war, nicht wie bei Oestreich der Fall ist, in der Idee des
Staates lag. Das ruhige Fortgehen ans dem Wege, der seit Gründung des
Zollvereins eingeschlagen war, hätte Deutschland allmälig in einen Staatenbund
verwandelt, dessen Präsident der König von Preußen war, der im Ausland durch
die preußischen Legationen vertreten wurde, dessen innere Angelegenheiten, die des
freien Verkehrs und der materiellen Interessen durch ein Bundcsparlament und
Commissarien desselben geordnet wurden. Dieser Weg der Vereinigung hätte
vieles Gute gehabt, obgleich er wenig imponirt hätte, wir haben kein Recht zu
klagen, daß das Volk selbst durch Machtsprüche einen andern vorgeschrieben hat,
der großen Schein für sich hat zu einer schnelleren und energischen Concentration
Zu führen, bei dem der ruhige Beobachter sich aber doch des gewichtigen Zweifels
"lebt entschlagen ol, dieser nähere Weg durch die Paulskirche nicht in Wirt,
lebten ein Umweg sei, der durch den Schein prächtig grader Richtung täusche,
um zuletzt in die Brüche zu führen.

Wenn ich die Meinung äußere, daß es der Frankfurter Versammlung nicht
ge "lgn, wird, die VcreinigungSwünsche der deutschen Stämme verständig zu he-
hre lgen, so gestatten Sie mir auch die Bemerkung, daß ich trotzdem diese Vcr-
lammlnng für dle edelste und größte That des deutschen Volkes seit 1813 halte,
und me Freude, ja uicht ohne Rührung sehe, wie diese Assemblee deutschen Gai-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/191>, abgerufen am 22.07.2024.