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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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und Alles dazu gewinnen. Möge es ihr nicht gehen, wie jenem Hund mit dem
Karpfen unterm Wasser, der über dem Schnappen nach dem zweiten, beide verlor.

Von den preußischen Abgeordneten haben fast alle für die Wahl des Erz¬
herzogs gestimmt. Ein gutes Zeichen, da zum Theil die Würdigsten unter Preu¬
ßens Staatsmännern darin vertreten sind. Die Erklärung des Ministerpräsidenten
war bedenklicher, sie kam ungefähr darauf hinaus: Ich hoffe, daß wir uns vertra¬
gen werden. Bekanntlich war der Austritt von Rodbertus aus dem Ministe¬
rium und damit der Bruch desselben mit dem linken Centrum, die Folge dieser
nur halben Anerkennung. Die große Mehrzahl der Gebildeten i^ Auf¬
gehn Preußens in Deutschland; doch würde bei der geringsten Verletzung des
preußischen Stolzes durch ein Hervorheben Oestreichs eine Reaction eintreten, de¬
ren Berechtigung Niemand verkennen würde. In Berlin selbst sieht man die Sache
mit dem schläfrigen Lächeln an , das dieser Residenz eigen ist, man bekümmert sich
weder um den Erzherzog noch um die Frankfurter Versammlung, man ist in den
eignen Kreis gebannt, höchstens nimmt man durch einige Witze davon Notiz, wie
ein schlechtes Blatt aus der untersten Schichte, das Oestreich das Sitzfleisch,
Preußen den Kopf Deutschlands nannte. Wenn Jacoby den Antrag machte,
eben so gegen den Beschluß der Nationalversammlung (die UnVerantwortlichkeit
des Reichsverwesers), zu protestiren, als auch gegen das Recht Preußens, einen
Protest einzulegen, so scheint sich dieser Protest wohl in sich selber aufzuheben,
wenigstens aber spricht er für die deutsche Gesinnung der preußischen Radikalen.

Die allerschwierigste Frage habe ich noch gar nicht berichtet, die Frage der
Zollgrenzen. Bis dahin ist die Einheit Deutschlands etwas Ideelles, aber hier
geht es auf die materiellen Interessen ein und es wird sich dann entscheiden ob
,
-Z--I-. der Reichsverweser den Erzherzog bezwingen wird.




und Alles dazu gewinnen. Möge es ihr nicht gehen, wie jenem Hund mit dem
Karpfen unterm Wasser, der über dem Schnappen nach dem zweiten, beide verlor.

Von den preußischen Abgeordneten haben fast alle für die Wahl des Erz¬
herzogs gestimmt. Ein gutes Zeichen, da zum Theil die Würdigsten unter Preu¬
ßens Staatsmännern darin vertreten sind. Die Erklärung des Ministerpräsidenten
war bedenklicher, sie kam ungefähr darauf hinaus: Ich hoffe, daß wir uns vertra¬
gen werden. Bekanntlich war der Austritt von Rodbertus aus dem Ministe¬
rium und damit der Bruch desselben mit dem linken Centrum, die Folge dieser
nur halben Anerkennung. Die große Mehrzahl der Gebildeten i^ Auf¬
gehn Preußens in Deutschland; doch würde bei der geringsten Verletzung des
preußischen Stolzes durch ein Hervorheben Oestreichs eine Reaction eintreten, de¬
ren Berechtigung Niemand verkennen würde. In Berlin selbst sieht man die Sache
mit dem schläfrigen Lächeln an , das dieser Residenz eigen ist, man bekümmert sich
weder um den Erzherzog noch um die Frankfurter Versammlung, man ist in den
eignen Kreis gebannt, höchstens nimmt man durch einige Witze davon Notiz, wie
ein schlechtes Blatt aus der untersten Schichte, das Oestreich das Sitzfleisch,
Preußen den Kopf Deutschlands nannte. Wenn Jacoby den Antrag machte,
eben so gegen den Beschluß der Nationalversammlung (die UnVerantwortlichkeit
des Reichsverwesers), zu protestiren, als auch gegen das Recht Preußens, einen
Protest einzulegen, so scheint sich dieser Protest wohl in sich selber aufzuheben,
wenigstens aber spricht er für die deutsche Gesinnung der preußischen Radikalen.

Die allerschwierigste Frage habe ich noch gar nicht berichtet, die Frage der
Zollgrenzen. Bis dahin ist die Einheit Deutschlands etwas Ideelles, aber hier
geht es auf die materiellen Interessen ein und es wird sich dann entscheiden ob
,
-Z—I-. der Reichsverweser den Erzherzog bezwingen wird.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/100>, abgerufen am 26.06.2024.