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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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aber die treuherzige launige Weise, mit der er wieder sich selbst auszulachen wußte,
und selbst der bequeme Dialect, in dem er alle diese Schwärmereien herausplauderte,
ließ kein Unbehagen aufkommen. Nach einigen Tagen, in welchen viel über deut¬
sche Sprache, östreichische Dichter und die Verderbtheit des russischen Kaisers und
der östreichischen Aristokratie verhandelt worden war, trennten wir uns, er mit der
Ueberzeugung, durch seinen Aufenthalt in Norddeutschland viel von den Geheim¬
nissen eines guten deutschen Styls erobert zu haben, ich mit der Empfindung,
daß uns hier wieder ein unreifes, durchaus unfertiges Leben menschlich nahe ge¬
rückt sei, bei welchem das Urtheil schwer wird, ob man sich freuen oder wundern
soll, daß man ihm gut geworden ist.

Für Messenhauser selbst war die Reise uach Norddeutschland verhängnißvoll.
Der Verkehr mit "Philosophen" und "Literaten" ließ ihn seine Offizierstellung
als eine drückende Fessel seines strebenden Geistes betrachten, als das Unglücks¬
haar, durch welches der Teufel des Despotismus ihn am Schöpf hatte. Sogleich
nach der Februarrevolution in Paris schrieb er mir von Lemberg aus: "Ich trete
jetzt entschieden in den Dienst des Gedankens und habe nur dafür noch einen
Degen. Wohin wende ich mich? Geben Sie mir doch die Winke und Rathschläge,
die Sie geben können. Es ist jetzt die edlere Seite der Klugheit, sich bei einem
Journal mit Macht zu betheiligen, das verspricht eine Macht zu werden. Mein
Wissen für den Tag ist Louis Blanc, den ich, wie ich glaube, auswendig weiß.
Ich habe nichts von der Trockenheit der praktischen Köpfe, aber alles Feuer und
die Kühnheit der Initiative, die eine zusammenhängende Kenntniß der franzö¬
sischen Erfahrungsschule einflößen kann. Ich meine unter platzenden Bomben
so ruhig schreiben zu können, wie weiland Carolus XII. in Stralsund. Das ist
das Programm mit dem ich mich einem wohlwollenden Freunde in der Stille
empfehlen mag." -- Diese Stelle wird genügen, die arge Konfusion, in welcher
der arme Bursch lebte, zu charakterisiren: Louis Blanc sein politisches Lehrbuch
und ein unbestimmter Drang nach Abenteuern und Gefahren sein Thatentrieb.
Was half es, wenn man ihm darauf umgehend zurückschrieb: bleibt auf Eurem
Posten, Mann, schließt Euch an Stadion, von dem Ihr ja viel haltet, es kommt
auch für Oestreich eine neue Zeit u. s. w. Bereits acht Tage darauf hatte e'
seinen Dienst quittirt und zeigte dies getreulich folgendermaßen an: "Die Collifw
mit meinen Behörden ist eingetreten, die Lemberger Bürgerschaft und der daseist
angesessene Adel, haben den Obristen Bordolv und mich in den Ausschuß gewM,
welcher sich mit der Organisirung der dortigen Nationalgarde beschäftigen Me.
Ich habe dies unbedenklich und ohne Anfrage angenommen. Dafür hat Her'Feld-
marschall-Lieutnant Baron Hammerstein für gut befunden, mich sogleich zum^item
Bataillon nach Wien zu übersetzen. Dort werde ich mein Entlassungssjuch so¬
gleich übergeben. -- Robert Blum hat mir zwei Tage früher einen gedrmen Brief
zugeschickt, "die StellMg der Soldaten in Deutschland." Er erwartet, ich ihm


aber die treuherzige launige Weise, mit der er wieder sich selbst auszulachen wußte,
und selbst der bequeme Dialect, in dem er alle diese Schwärmereien herausplauderte,
ließ kein Unbehagen aufkommen. Nach einigen Tagen, in welchen viel über deut¬
sche Sprache, östreichische Dichter und die Verderbtheit des russischen Kaisers und
der östreichischen Aristokratie verhandelt worden war, trennten wir uns, er mit der
Ueberzeugung, durch seinen Aufenthalt in Norddeutschland viel von den Geheim¬
nissen eines guten deutschen Styls erobert zu haben, ich mit der Empfindung,
daß uns hier wieder ein unreifes, durchaus unfertiges Leben menschlich nahe ge¬
rückt sei, bei welchem das Urtheil schwer wird, ob man sich freuen oder wundern
soll, daß man ihm gut geworden ist.

Für Messenhauser selbst war die Reise uach Norddeutschland verhängnißvoll.
Der Verkehr mit „Philosophen" und „Literaten" ließ ihn seine Offizierstellung
als eine drückende Fessel seines strebenden Geistes betrachten, als das Unglücks¬
haar, durch welches der Teufel des Despotismus ihn am Schöpf hatte. Sogleich
nach der Februarrevolution in Paris schrieb er mir von Lemberg aus: „Ich trete
jetzt entschieden in den Dienst des Gedankens und habe nur dafür noch einen
Degen. Wohin wende ich mich? Geben Sie mir doch die Winke und Rathschläge,
die Sie geben können. Es ist jetzt die edlere Seite der Klugheit, sich bei einem
Journal mit Macht zu betheiligen, das verspricht eine Macht zu werden. Mein
Wissen für den Tag ist Louis Blanc, den ich, wie ich glaube, auswendig weiß.
Ich habe nichts von der Trockenheit der praktischen Köpfe, aber alles Feuer und
die Kühnheit der Initiative, die eine zusammenhängende Kenntniß der franzö¬
sischen Erfahrungsschule einflößen kann. Ich meine unter platzenden Bomben
so ruhig schreiben zu können, wie weiland Carolus XII. in Stralsund. Das ist
das Programm mit dem ich mich einem wohlwollenden Freunde in der Stille
empfehlen mag." — Diese Stelle wird genügen, die arge Konfusion, in welcher
der arme Bursch lebte, zu charakterisiren: Louis Blanc sein politisches Lehrbuch
und ein unbestimmter Drang nach Abenteuern und Gefahren sein Thatentrieb.
Was half es, wenn man ihm darauf umgehend zurückschrieb: bleibt auf Eurem
Posten, Mann, schließt Euch an Stadion, von dem Ihr ja viel haltet, es kommt
auch für Oestreich eine neue Zeit u. s. w. Bereits acht Tage darauf hatte e'
seinen Dienst quittirt und zeigte dies getreulich folgendermaßen an: „Die Collifw
mit meinen Behörden ist eingetreten, die Lemberger Bürgerschaft und der daseist
angesessene Adel, haben den Obristen Bordolv und mich in den Ausschuß gewM,
welcher sich mit der Organisirung der dortigen Nationalgarde beschäftigen Me.
Ich habe dies unbedenklich und ohne Anfrage angenommen. Dafür hat Her'Feld-
marschall-Lieutnant Baron Hammerstein für gut befunden, mich sogleich zum^item
Bataillon nach Wien zu übersetzen. Dort werde ich mein Entlassungssjuch so¬
gleich übergeben. — Robert Blum hat mir zwei Tage früher einen gedrmen Brief
zugeschickt, „die StellMg der Soldaten in Deutschland." Er erwartet, ich ihm


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/480>, abgerufen am 25.12.2024.