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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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die vor das Amt rückten, um Geld zu erpressen. "Still! Herr, das war nur
so, -- ich bin ein getreuer Unterthan, -- fragen's nur den Herrn Landrath, der
kennt mich genau. Ja! wenn ich nicht wär', die Polizei wüßte gar nichts von
alle dem, was hier vorgeht, -- ich wollte nur blos noch erkunden, ob der Schmidt
heut Nachmittag dabei sein wird in der Kreisstadt gegen die Demokraten." -- Ein
Spion! also auch hier in der ländlichen Stille gibt es so felle Schurken. ES
lebe hoch das biedere Landvolk, die ländliche Treue! -- doch er hat recht ge¬
wittert. Schon sammelt sich eine Bande, von dort naht ein Trupp, hier kommt
ein zweiter, aus allen Nachbardörfern strömen sie zusammen. Nun fort, es geht
geradewegs nach der Stadt. An ihrer Spitze seh' ich einen wohlgekleideter Mann
mit langem grauem Schnurrbart und zorngeröthetem Antlitz. Das ist der pensionirte
Herr Major, der mit dem Pfaffen im Bunde das Landvolk aufgehetzt hat gegen
die Demokraten. Er kommandirt wie ein Unteroffizier, und sie ziehen hinterdrein
mit Mistgabeln bewaffnet und Knüppeln und Wagenrungen. "Den Hunden wollen
wir's anstreichen," schreit der Major, "daß sie uns braves Landvolk verführen und
unsern König ermorden wollen; denn dahinaus geht das Wühlen doch nur. Aber
wir brauchen keine Barrikadenhelden, mir nach, für Gott, König und Vaterland!"
Ein wildes Juchhe folgt seinen Worten. Ganz aus dem Gleise trat der alte
bäuerliche Gleichmuth, der Branntwein erhitzte die Köpfe, in wilder Rohheit
schwenken sie die Waffen und brüllen durcheinander. Geradenwegs geht's auf den
Markt. "Hier in diesem Gasthof müssen sie sitzen, holt sie hervor!" schreit der
Major. Die Rotte dringt ins Haus, nicht lange währt's, so zerrt man mehrere
Männer aus der Thür und stößt sie unter den Häuser. "Hurrah! und schlagt
sie todt die Demokraten! sie sind vogelfrei!" Und nun beginnt die scheußliche Jagd.
"Da läuft Einer davon, haltet ihn fest. Laßt Keinen fort von den Hunden, schlagt
ihnen die Bregen ein! So recht! Christian, hau ihm in die Löffel." Ah! ein
grimmiger Schlag, schon liegt eins der Opfer blutend am Boden. Dann stürzt
unter den Kuüttelschlägen ein Zweiter, ein Dritter, man reißt ihnen die Kleider
vom Leibe und tritt sie mit Füßen in canuibalischer Wuth.

Mit Abscheu wende ich mich ab, ich muß die Augen schließen vor diesem
Gräuel. Da wird es Nacht um mich her. Wo bin ich? es überschleicht mich
ein eigenthümlich Grauen, -- fern hör' ich gedämpften Trommelschlag, und dort
ragt durch das Dunkel der riesige Stephansthurm empor. Einsam und schaurig
ist'S hier in diesem Festungsgraben. Schon taucht im Osten dort der erste
Schimmer des heranbrechcnden Tages auf, ich bin allein zwischen den festen
Mauern, wo sonst nur des Soldaten Schritt erschallt. Horch! es naht ein
Trupp, -- nun wird eS wieder still! doch nein, horch -- ein Kommando: "Halt!
-- chargirt! -- fertig gemacht! -- Feuer!" -- die Trommel wirbelt dumpf, es
blitzt auf von den Gewehren, die Schüsse knallen, und -- Robert Blum'S
bl Ernst. utiger Leichnam sinkt mir vor die Füße.


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die vor das Amt rückten, um Geld zu erpressen. „Still! Herr, das war nur
so, — ich bin ein getreuer Unterthan, — fragen's nur den Herrn Landrath, der
kennt mich genau. Ja! wenn ich nicht wär', die Polizei wüßte gar nichts von
alle dem, was hier vorgeht, — ich wollte nur blos noch erkunden, ob der Schmidt
heut Nachmittag dabei sein wird in der Kreisstadt gegen die Demokraten." — Ein
Spion! also auch hier in der ländlichen Stille gibt es so felle Schurken. ES
lebe hoch das biedere Landvolk, die ländliche Treue! — doch er hat recht ge¬
wittert. Schon sammelt sich eine Bande, von dort naht ein Trupp, hier kommt
ein zweiter, aus allen Nachbardörfern strömen sie zusammen. Nun fort, es geht
geradewegs nach der Stadt. An ihrer Spitze seh' ich einen wohlgekleideter Mann
mit langem grauem Schnurrbart und zorngeröthetem Antlitz. Das ist der pensionirte
Herr Major, der mit dem Pfaffen im Bunde das Landvolk aufgehetzt hat gegen
die Demokraten. Er kommandirt wie ein Unteroffizier, und sie ziehen hinterdrein
mit Mistgabeln bewaffnet und Knüppeln und Wagenrungen. „Den Hunden wollen
wir's anstreichen," schreit der Major, „daß sie uns braves Landvolk verführen und
unsern König ermorden wollen; denn dahinaus geht das Wühlen doch nur. Aber
wir brauchen keine Barrikadenhelden, mir nach, für Gott, König und Vaterland!"
Ein wildes Juchhe folgt seinen Worten. Ganz aus dem Gleise trat der alte
bäuerliche Gleichmuth, der Branntwein erhitzte die Köpfe, in wilder Rohheit
schwenken sie die Waffen und brüllen durcheinander. Geradenwegs geht's auf den
Markt. „Hier in diesem Gasthof müssen sie sitzen, holt sie hervor!" schreit der
Major. Die Rotte dringt ins Haus, nicht lange währt's, so zerrt man mehrere
Männer aus der Thür und stößt sie unter den Häuser. „Hurrah! und schlagt
sie todt die Demokraten! sie sind vogelfrei!" Und nun beginnt die scheußliche Jagd.
„Da läuft Einer davon, haltet ihn fest. Laßt Keinen fort von den Hunden, schlagt
ihnen die Bregen ein! So recht! Christian, hau ihm in die Löffel." Ah! ein
grimmiger Schlag, schon liegt eins der Opfer blutend am Boden. Dann stürzt
unter den Kuüttelschlägen ein Zweiter, ein Dritter, man reißt ihnen die Kleider
vom Leibe und tritt sie mit Füßen in canuibalischer Wuth.

Mit Abscheu wende ich mich ab, ich muß die Augen schließen vor diesem
Gräuel. Da wird es Nacht um mich her. Wo bin ich? es überschleicht mich
ein eigenthümlich Grauen, — fern hör' ich gedämpften Trommelschlag, und dort
ragt durch das Dunkel der riesige Stephansthurm empor. Einsam und schaurig
ist'S hier in diesem Festungsgraben. Schon taucht im Osten dort der erste
Schimmer des heranbrechcnden Tages auf, ich bin allein zwischen den festen
Mauern, wo sonst nur des Soldaten Schritt erschallt. Horch! es naht ein
Trupp, — nun wird eS wieder still! doch nein, horch — ein Kommando: „Halt!
— chargirt! — fertig gemacht! — Feuer!" — die Trommel wirbelt dumpf, es
blitzt auf von den Gewehren, die Schüsse knallen, und — Robert Blum'S
bl Ernst. utiger Leichnam sinkt mir vor die Füße.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/423>, abgerufen am 25.12.2024.