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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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viel fataler war -- die innigste Vertraulichkeit. Man betastete den Helden von allen
Seiten in Witzblättern und Placaten, wie die Liliputer den schlafenden Gulliver:
das miiiuit i>riles"?i>l.in s-uiuim kam zur vollen Geltung. Aber, sagen Sie, er wird
erwachen und die Plagegeister zwischen den Fingern zerdrücken. Möglich! Doch
müßte erst noch Viel geschehen, wovor uns Gott bewahren mag, die Radikalen
müßten erst wieder mehr Auswasser haben und eine tüchtige Emeute versuchen, ehe,
er die Rolle spielen kann, die Radetzky in Wien vielleicht vorbehalten scheint --
oder auch nur die BouM's von 17V1. Vor der Hand bleibt ihm Nichts übrig,
als die Disciplin wieder herzustellen und die schlechten Witze der Berliner ge¬
duldig über sich ergehen zu lassen. Im Kladderadatsch ist er abgebildet, wie er
in dem "verödeten Berlin" einzieht, in Gras und Schilf bis über den Kopf ver¬
graben und mit seinem Schwerte sich mühsam Bahn brechend. Im Krakehler hält
er eineRe5e: "Soldaten! Ihr wißt, welchen Schaden Ihr mit Euren neuen Zünd¬
nadelgewehren unter den Dänen hättet anrichten können. Diese Gefahr ist glück¬
lich vermieden, aber nun geht es gegen die Demokraten" u. f. w. Der Alte fügt
sich indeß dem Unvermeidlichen mit vieler Grazie und sucht sogar die Masse zu
gewinnen. Bei einer neulichen Parade ans dem Kreuzberge sagte er den Trup¬
pen, sie wären auch dazu da, um der Reaktion entgegen zu treten, und wandte
sich dann an die Umstehenden mit den Worten: "Na Berliner, hab' ich's nu
recht gemacht?" -- "Na et geht, Herr Gen'rat," meinte ein kleiner fliegender Buch¬
händler. -- "Bei alle dem wollt' ich der Adjutant nicht sein, der den fatalen Ar¬
meebefehl fabrizirt hat." --




B o in Reich.



VN.

Das letzte Frankfurter Attentat schien unserer deutschen Revolution eine be¬
stimmte Richtung zu geben; die conservative Partei schien geneigt, sich zu conso-
lidiren und die Fraction, welche sich durch den Unwillen über den Waffenstillstand
von Malmoe zu einer momentanen Vereinigung mit ihren politischen Gegnern
hatte verleiten lassen, lehrte eilfertig zu den alten Bundesgenossen zurück. Dahl-
mann erklärte mit innerer Empörung, er protestire gegen jedes Lob, welches ihm
aus einer so unreinen Quelle käme, als die von Robert Blum redigirte Reichs¬
tagszeitung es ist. Seitdem hat sich aber wieder Vieles verändert.

Fast gleichzeitig mit jenen Frankfurter Greuelthaten fiel der Einfall jener


> Grenzbotcii. IV. 5

viel fataler war — die innigste Vertraulichkeit. Man betastete den Helden von allen
Seiten in Witzblättern und Placaten, wie die Liliputer den schlafenden Gulliver:
das miiiuit i>riles«?i>l.in s-uiuim kam zur vollen Geltung. Aber, sagen Sie, er wird
erwachen und die Plagegeister zwischen den Fingern zerdrücken. Möglich! Doch
müßte erst noch Viel geschehen, wovor uns Gott bewahren mag, die Radikalen
müßten erst wieder mehr Auswasser haben und eine tüchtige Emeute versuchen, ehe,
er die Rolle spielen kann, die Radetzky in Wien vielleicht vorbehalten scheint —
oder auch nur die BouM's von 17V1. Vor der Hand bleibt ihm Nichts übrig,
als die Disciplin wieder herzustellen und die schlechten Witze der Berliner ge¬
duldig über sich ergehen zu lassen. Im Kladderadatsch ist er abgebildet, wie er
in dem „verödeten Berlin" einzieht, in Gras und Schilf bis über den Kopf ver¬
graben und mit seinem Schwerte sich mühsam Bahn brechend. Im Krakehler hält
er eineRe5e: „Soldaten! Ihr wißt, welchen Schaden Ihr mit Euren neuen Zünd¬
nadelgewehren unter den Dänen hättet anrichten können. Diese Gefahr ist glück¬
lich vermieden, aber nun geht es gegen die Demokraten" u. f. w. Der Alte fügt
sich indeß dem Unvermeidlichen mit vieler Grazie und sucht sogar die Masse zu
gewinnen. Bei einer neulichen Parade ans dem Kreuzberge sagte er den Trup¬
pen, sie wären auch dazu da, um der Reaktion entgegen zu treten, und wandte
sich dann an die Umstehenden mit den Worten: „Na Berliner, hab' ich's nu
recht gemacht?" — „Na et geht, Herr Gen'rat," meinte ein kleiner fliegender Buch¬
händler. — „Bei alle dem wollt' ich der Adjutant nicht sein, der den fatalen Ar¬
meebefehl fabrizirt hat." —




B o in Reich.



VN.

Das letzte Frankfurter Attentat schien unserer deutschen Revolution eine be¬
stimmte Richtung zu geben; die conservative Partei schien geneigt, sich zu conso-
lidiren und die Fraction, welche sich durch den Unwillen über den Waffenstillstand
von Malmoe zu einer momentanen Vereinigung mit ihren politischen Gegnern
hatte verleiten lassen, lehrte eilfertig zu den alten Bundesgenossen zurück. Dahl-
mann erklärte mit innerer Empörung, er protestire gegen jedes Lob, welches ihm
aus einer so unreinen Quelle käme, als die von Robert Blum redigirte Reichs¬
tagszeitung es ist. Seitdem hat sich aber wieder Vieles verändert.

Fast gleichzeitig mit jenen Frankfurter Greuelthaten fiel der Einfall jener


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/41>, abgerufen am 25.12.2024.