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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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bei der zweifelsohne zu erwartenden Revolution zum Schutze der Ihrigen anwe¬
send sein müßten. Doch kann man keineswegs alle diese Nichtswürdigkeiten den
Radikalen aufbürden; so ward aus dem Molkenmarkte ein Graf Breßler arretirt,
der Geld unter die Menge austheilte. Dieser Herr ist Mitglied des patriotischen
und mehrer anderer ähnlicher Vereine; in wessen Interesse er hier also seine Thätigkeit
entwickelte, kann nicht zweifelhaft sein. Daß die Untersuchung den wirklichen
Fäden der Intrigue auf die Spur kommen wird, ist wohl kaum zu erwarten; in¬
deß ist das einfache Factum schon hinreichend, um zu beweisen , daß wir es mit
einer doppelten Art von Pessimisten zu thun haben. Aus guter Quelle weiß ich,
daß auch ein Herr v. Jtzenplitz arg compromittirt ist. Beide sollen aber nur
Werkzeuge des bekannten Freiherrn v. Peguilhien gewesen sein, des berüchtigten
Aristokraten mit der liberalen Maske, der seiner Zeit dnrch allerlei Brochüren das
Herz manches freisinnigen Spießbürgers in den Provinzen gewann und jetzt, einem
vu.SIt zufolge, unter russischem Einflüsse steht.

Die Aufgabe des neuen Ministeriums springt hienach von selbst in die Augen.
Der Sieg vom 7. Sept. -- obwohl ich nicht anstehe, mich seiner zu freuen --
war ein unendlich gefährlicher, er drohte die Grundvesten des Staates und der
socialen Ordnung zu erschüttern -- drohte, uns entweder der Ochlokratie oder
dem Militärdespotismus in die Hände zu liefern. Die lauge Dauer der Krisis
trug dazu bei, die Gährung der Gemüther zu erhöhen, das Mißtrauen zu ver¬
mehren, die Erbitterung und die Forderungen der Parteien zu steigern, die für
den Augenblick mächtigen Ultras verlangten gebieterisch Waldeck's Eintritt in das
Cabinet, den man in Potsdam unter keinen Umständen anzunehmen entschlossen
war. So kam es vor allen Fragen darauf an, durch ein proviforisches Cabinet,
zu dem der Hof Vertrauen hatte und das der Kammer aufs bereitwilligste entge¬
genkam, Zeit zu gewinnen, Raum zu schaffen, damit die Wogen der Aufregung
sich legen, die Wohlgesinnten und Intelligenten aus den verschiedenen Parteien
sich sondern, zusammenfinden und, im klaren Bewußtsein der drohenden Gefahr,
zur Rettung des Vaterlandes vereinigen konnten. Der Staat glich einem Fieber¬
kranken, den man nur zu erhalten vermochte, wenn es gelang, ihm einige Augen¬
blicke gesunder Ruhe zu verschaffen. Dies Ziel hat das Ministerium Pfuel
glücklich erreicht und wir sind seinem Patriotismus Dank dafür schuldig. Wir
erfreuen uns jetzt seit acht Tagen einer Ordnung, wie wir sie unter Auerswald
niemals gekannt haben, und in der Kammer ist, wie sich voraussehen ließ, das
linke Centrum der Sammelplatz der fähigen Patrioten geworden. Diese Partei
hat jetzt Kraft genug in sich selbst, sie braucht nicht mehr an rohe Volkshaufen
zu appelliren, um eine Stütze zu finden; dies verächtliche Mittel bleibt hinfort
den Ultras überlassen. Anarchisten und Demokraten haben sich strenge gesondert;
besitzen die Einen den größten Theil der Klubs und die Arbeiter sür sich, so do-
miniren die Andern in der Kammer und in der Bürgerwehr. Da kann der Sieg,


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bei der zweifelsohne zu erwartenden Revolution zum Schutze der Ihrigen anwe¬
send sein müßten. Doch kann man keineswegs alle diese Nichtswürdigkeiten den
Radikalen aufbürden; so ward aus dem Molkenmarkte ein Graf Breßler arretirt,
der Geld unter die Menge austheilte. Dieser Herr ist Mitglied des patriotischen
und mehrer anderer ähnlicher Vereine; in wessen Interesse er hier also seine Thätigkeit
entwickelte, kann nicht zweifelhaft sein. Daß die Untersuchung den wirklichen
Fäden der Intrigue auf die Spur kommen wird, ist wohl kaum zu erwarten; in¬
deß ist das einfache Factum schon hinreichend, um zu beweisen , daß wir es mit
einer doppelten Art von Pessimisten zu thun haben. Aus guter Quelle weiß ich,
daß auch ein Herr v. Jtzenplitz arg compromittirt ist. Beide sollen aber nur
Werkzeuge des bekannten Freiherrn v. Peguilhien gewesen sein, des berüchtigten
Aristokraten mit der liberalen Maske, der seiner Zeit dnrch allerlei Brochüren das
Herz manches freisinnigen Spießbürgers in den Provinzen gewann und jetzt, einem
vu.SIt zufolge, unter russischem Einflüsse steht.

Die Aufgabe des neuen Ministeriums springt hienach von selbst in die Augen.
Der Sieg vom 7. Sept. — obwohl ich nicht anstehe, mich seiner zu freuen —
war ein unendlich gefährlicher, er drohte die Grundvesten des Staates und der
socialen Ordnung zu erschüttern — drohte, uns entweder der Ochlokratie oder
dem Militärdespotismus in die Hände zu liefern. Die lauge Dauer der Krisis
trug dazu bei, die Gährung der Gemüther zu erhöhen, das Mißtrauen zu ver¬
mehren, die Erbitterung und die Forderungen der Parteien zu steigern, die für
den Augenblick mächtigen Ultras verlangten gebieterisch Waldeck's Eintritt in das
Cabinet, den man in Potsdam unter keinen Umständen anzunehmen entschlossen
war. So kam es vor allen Fragen darauf an, durch ein proviforisches Cabinet,
zu dem der Hof Vertrauen hatte und das der Kammer aufs bereitwilligste entge¬
genkam, Zeit zu gewinnen, Raum zu schaffen, damit die Wogen der Aufregung
sich legen, die Wohlgesinnten und Intelligenten aus den verschiedenen Parteien
sich sondern, zusammenfinden und, im klaren Bewußtsein der drohenden Gefahr,
zur Rettung des Vaterlandes vereinigen konnten. Der Staat glich einem Fieber¬
kranken, den man nur zu erhalten vermochte, wenn es gelang, ihm einige Augen¬
blicke gesunder Ruhe zu verschaffen. Dies Ziel hat das Ministerium Pfuel
glücklich erreicht und wir sind seinem Patriotismus Dank dafür schuldig. Wir
erfreuen uns jetzt seit acht Tagen einer Ordnung, wie wir sie unter Auerswald
niemals gekannt haben, und in der Kammer ist, wie sich voraussehen ließ, das
linke Centrum der Sammelplatz der fähigen Patrioten geworden. Diese Partei
hat jetzt Kraft genug in sich selbst, sie braucht nicht mehr an rohe Volkshaufen
zu appelliren, um eine Stütze zu finden; dies verächtliche Mittel bleibt hinfort
den Ultras überlassen. Anarchisten und Demokraten haben sich strenge gesondert;
besitzen die Einen den größten Theil der Klubs und die Arbeiter sür sich, so do-
miniren die Andern in der Kammer und in der Bürgerwehr. Da kann der Sieg,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/35>, abgerufen am 25.12.2024.