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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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Siebenbürgen, und das anrelianische Dacier auf dem rechten Donauuser (das
heutige Bulgarien), die fruchtbarsten und goldreichsten Länder Europas, hatten
eben römische Cultur erhalten, als die Völkerwanderung durch diese Pforten nach
Westen zog, um der klassischen Welt ein Ende zu machen. Dennoch erhielten
sich hier durch alle Stürme hindurch Jahrhunderte lang die Erinnerungen der
früheren Bildung, so daß die in die Thäler der Karpathen geflüchtete Bevölke¬
rung noch ihre alte italische Sprache beibehielt, und nachdem der letzte orienta¬
lische Raubzug in der Tartarenschlacht zu Wahlstatt an der Tapferkeit der Deut¬
schen gescheitert war, diese Daco-Romanen zu Ende des 13. und Anfang des
14. Jahrhunderts eigne Staaten, die. Moldau und Walachei stiften konnten. Die
Romunen auf dem rechten Donauufer verfielen, nachdem Soliman in der Mitte
des 14. Jahrhunderts über den Hellespont gegangen war, den türkischen Crvbe-
rern, doch haben sie noch bis jetzt ihre Sprache behalten und werden von den
Moldau-Walachen noch jetzt Römer genannt.

Die mächtigen Fürsten der Moldau und Walachei waren lange das christ¬
liche Bollwerk gegen die Osmanen, während die Ungarn und Polen sich oft mit
den Ungläubigen verbanden, um die Romunen zu unterjochen, welche der morgen¬
ländischen Kirche angehörig nicht für Christen gehalten wurden. Dennoch blühten
hier Künste und Wissenschaften; während Deutschland in Neligionsstreingkeiten
verfallen war, lehrte ans der moldauischen hohen Schule zu Kolmar der Schwie¬
gersohn Melanchthons, und in dem walachischeu Kloster Snagow wurden Bibeln
in verschiedenen orientalischen Sprachen gedruckt, obwohl beide Fürstenthümer die
Souveränität der Pforte hatten anerkennen müssen, da der Westen von Europa
den Halbmond zweimal vor Wien erscheinen ließ. Auch nachdem Sobieski dorthin
Hilfe gebracht hatte, war, wie er in seinen eigenen Briefen klagt, die Unordnung
seines Adels schuld, daß er die Schlacht bei Tartar verlor, und die Macht der
Türken noch im Frieden von Carlowitz 1699 dergestalt befestigt ward, daß Temcs-
war im Banat, einem ebenfalls romunischen Lande, der Pforte blieb. Die
Siege der Deutschen unter dem großen Engen halfen den Romunen eben so wenig
wie der Friede zu Passarowitz 1718, denn der Friede von Belgrad 1739 unter¬
warf anch den kleinen eroberten Theil der Walachen der Pforte aufs Neue.

Nachdem auf diese Weise jede Hoffnung verschwunden war, daß den Mol¬
dau-Walachen ans Deutschland Hilfe werden konnte, welches das größte Interesse
für diese Donauprovinzen haben mußte, brachten die russischen Kriege gegen die
Türkei von einer andern Seite Hoffnung der Erlösung von den Türkenjoche, und
wahr ist es, die Friedensschlüsse mit Rußland, von den zu Kainardjek bis zu
dem von Adrianopel verschafften den Romunen manche Erleichterung, und die
deutsche Politik ließ es zu, daß da in der Politik nichts pour I'sann- <in
ton, vieu geschieht -- Rußland sich des größten Theils der Moldau bemächtigte,
während Oestreich sich die schöne Bukovina zueignete und es so weit gekommen


Siebenbürgen, und das anrelianische Dacier auf dem rechten Donauuser (das
heutige Bulgarien), die fruchtbarsten und goldreichsten Länder Europas, hatten
eben römische Cultur erhalten, als die Völkerwanderung durch diese Pforten nach
Westen zog, um der klassischen Welt ein Ende zu machen. Dennoch erhielten
sich hier durch alle Stürme hindurch Jahrhunderte lang die Erinnerungen der
früheren Bildung, so daß die in die Thäler der Karpathen geflüchtete Bevölke¬
rung noch ihre alte italische Sprache beibehielt, und nachdem der letzte orienta¬
lische Raubzug in der Tartarenschlacht zu Wahlstatt an der Tapferkeit der Deut¬
schen gescheitert war, diese Daco-Romanen zu Ende des 13. und Anfang des
14. Jahrhunderts eigne Staaten, die. Moldau und Walachei stiften konnten. Die
Romunen auf dem rechten Donauufer verfielen, nachdem Soliman in der Mitte
des 14. Jahrhunderts über den Hellespont gegangen war, den türkischen Crvbe-
rern, doch haben sie noch bis jetzt ihre Sprache behalten und werden von den
Moldau-Walachen noch jetzt Römer genannt.

Die mächtigen Fürsten der Moldau und Walachei waren lange das christ¬
liche Bollwerk gegen die Osmanen, während die Ungarn und Polen sich oft mit
den Ungläubigen verbanden, um die Romunen zu unterjochen, welche der morgen¬
ländischen Kirche angehörig nicht für Christen gehalten wurden. Dennoch blühten
hier Künste und Wissenschaften; während Deutschland in Neligionsstreingkeiten
verfallen war, lehrte ans der moldauischen hohen Schule zu Kolmar der Schwie¬
gersohn Melanchthons, und in dem walachischeu Kloster Snagow wurden Bibeln
in verschiedenen orientalischen Sprachen gedruckt, obwohl beide Fürstenthümer die
Souveränität der Pforte hatten anerkennen müssen, da der Westen von Europa
den Halbmond zweimal vor Wien erscheinen ließ. Auch nachdem Sobieski dorthin
Hilfe gebracht hatte, war, wie er in seinen eigenen Briefen klagt, die Unordnung
seines Adels schuld, daß er die Schlacht bei Tartar verlor, und die Macht der
Türken noch im Frieden von Carlowitz 1699 dergestalt befestigt ward, daß Temcs-
war im Banat, einem ebenfalls romunischen Lande, der Pforte blieb. Die
Siege der Deutschen unter dem großen Engen halfen den Romunen eben so wenig
wie der Friede zu Passarowitz 1718, denn der Friede von Belgrad 1739 unter¬
warf anch den kleinen eroberten Theil der Walachen der Pforte aufs Neue.

Nachdem auf diese Weise jede Hoffnung verschwunden war, daß den Mol¬
dau-Walachen ans Deutschland Hilfe werden konnte, welches das größte Interesse
für diese Donauprovinzen haben mußte, brachten die russischen Kriege gegen die
Türkei von einer andern Seite Hoffnung der Erlösung von den Türkenjoche, und
wahr ist es, die Friedensschlüsse mit Rußland, von den zu Kainardjek bis zu
dem von Adrianopel verschafften den Romunen manche Erleichterung, und die
deutsche Politik ließ es zu, daß da in der Politik nichts pour I'sann- <in
ton, vieu geschieht — Rußland sich des größten Theils der Moldau bemächtigte,
während Oestreich sich die schöne Bukovina zueignete und es so weit gekommen


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[0323] Siebenbürgen, und das anrelianische Dacier auf dem rechten Donauuser (das heutige Bulgarien), die fruchtbarsten und goldreichsten Länder Europas, hatten eben römische Cultur erhalten, als die Völkerwanderung durch diese Pforten nach Westen zog, um der klassischen Welt ein Ende zu machen. Dennoch erhielten sich hier durch alle Stürme hindurch Jahrhunderte lang die Erinnerungen der früheren Bildung, so daß die in die Thäler der Karpathen geflüchtete Bevölke¬ rung noch ihre alte italische Sprache beibehielt, und nachdem der letzte orienta¬ lische Raubzug in der Tartarenschlacht zu Wahlstatt an der Tapferkeit der Deut¬ schen gescheitert war, diese Daco-Romanen zu Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts eigne Staaten, die. Moldau und Walachei stiften konnten. Die Romunen auf dem rechten Donauufer verfielen, nachdem Soliman in der Mitte des 14. Jahrhunderts über den Hellespont gegangen war, den türkischen Crvbe- rern, doch haben sie noch bis jetzt ihre Sprache behalten und werden von den Moldau-Walachen noch jetzt Römer genannt. Die mächtigen Fürsten der Moldau und Walachei waren lange das christ¬ liche Bollwerk gegen die Osmanen, während die Ungarn und Polen sich oft mit den Ungläubigen verbanden, um die Romunen zu unterjochen, welche der morgen¬ ländischen Kirche angehörig nicht für Christen gehalten wurden. Dennoch blühten hier Künste und Wissenschaften; während Deutschland in Neligionsstreingkeiten verfallen war, lehrte ans der moldauischen hohen Schule zu Kolmar der Schwie¬ gersohn Melanchthons, und in dem walachischeu Kloster Snagow wurden Bibeln in verschiedenen orientalischen Sprachen gedruckt, obwohl beide Fürstenthümer die Souveränität der Pforte hatten anerkennen müssen, da der Westen von Europa den Halbmond zweimal vor Wien erscheinen ließ. Auch nachdem Sobieski dorthin Hilfe gebracht hatte, war, wie er in seinen eigenen Briefen klagt, die Unordnung seines Adels schuld, daß er die Schlacht bei Tartar verlor, und die Macht der Türken noch im Frieden von Carlowitz 1699 dergestalt befestigt ward, daß Temcs- war im Banat, einem ebenfalls romunischen Lande, der Pforte blieb. Die Siege der Deutschen unter dem großen Engen halfen den Romunen eben so wenig wie der Friede zu Passarowitz 1718, denn der Friede von Belgrad 1739 unter¬ warf anch den kleinen eroberten Theil der Walachen der Pforte aufs Neue. Nachdem auf diese Weise jede Hoffnung verschwunden war, daß den Mol¬ dau-Walachen ans Deutschland Hilfe werden konnte, welches das größte Interesse für diese Donauprovinzen haben mußte, brachten die russischen Kriege gegen die Türkei von einer andern Seite Hoffnung der Erlösung von den Türkenjoche, und wahr ist es, die Friedensschlüsse mit Rußland, von den zu Kainardjek bis zu dem von Adrianopel verschafften den Romunen manche Erleichterung, und die deutsche Politik ließ es zu, daß da in der Politik nichts pour I'sann- <in ton, vieu geschieht — Rußland sich des größten Theils der Moldau bemächtigte, während Oestreich sich die schöne Bukovina zueignete und es so weit gekommen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/323>, abgerufen am 25.12.2024.