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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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Gewalten der Einzelstaaten eine größere Heeresmacht, als die vom Reich geforderte
zu unterhalten. Doch wird der Ueberschuß ebenfalls als Reichsheer betrachtet.

K. 13. "Diejenigen Staaten, deren Contingent weniger als 6000 Mann
beträgt, werden zu gemeinschaftlichen Ausbildungsverbänden unter der unmittelba¬
ren Leitung der Reichsgewalt vereinigt." Auch hier ist die Bestimmung des
Mnoritätserachtens, unerläßlich, wonach die kleinen Staaten nicht nur nnter ein¬
ander zu gemeinsamen Ausbilduugsverbänden vereinigt, sondern nach Umständen
auch angrenzenden größeren Staaten angeschlossen werden können.

§. 14. "Die Reichsgewalt hat in Betreff des Heerwesens die Gesetzgebung
und Organisation; sie überwacht deren Durchführung in den einzelnen Staaten
durch fortdauernde Controle. Den einzelnen Staaten steht die Ausbildung ihres
Kriegswesens auf Grund der Gesetze und Anordnungen des Reichs zu. Sie ha¬
ben die Verfügung über ihre bewaffnete Macht, so weit dieselbe nicht für den
Dienst des Reiches in Anspruch genommen ist." Dieser Paragraph hat wenig¬
stens das Gnpfehlenswerthe, daß er elastisch ist. Die Reichsgewalt hat es in ih¬
rer Hand, die Eigenthümlichkeit einer bestehenden Heeresverfassnng z. B. der
preußischen, zu schonen, wo sie es verdient und eine Fortbildung derselben zu ge¬
statten, so weit es die Rücksicht auf das Ganze'erlaubt. Der Unterschied muß
natürlich in beständiger Ausgleichung begriffen sein und es kann sich nur darum
handeln, alle Theile des Reichsheeres auf die Stufe des besten zu heben mit der
nöthigen Rücksicht auf die Zeit und die Verhältnisse aller Staaten. Auch die er¬
wähnte eigenthümliche Fortbildung kann mir als ein Vorauseilen in zweckmäßigen
Einrichtungen, die noch nicht allen Staaten möglich find, nicht als ein Verren¬
nen in zufällige Unterschiede verstanden werden. Das Minoritätserachten zu ez. 14
will der Reichsgewalt) nur die Gesetzgebung in Bezug auf die Gleichmäßigkeit der
Organisation des Heeres übertragen. Das wird zu Gunsten der Eigenthümlich¬
keit der einzelnen Heerestheile nichts helfen. Entweder bestimmt die Reichsgewalt
selbst wie weit die Gleichmäßigkeit gehen soll, - daun ist durch das Amen--
temere kein Unterschied gegen den Antrag der Majorität hervorgebracht -- oder
die Gleichmäßigkeit wird in der Verfassung festgesetzt und dann werden vielleicht
der Reichsgewalt zu Ungunsten der Selbstständigkeit der einzelnen Heerestheile
die Hände gebunden. Einer solchen Bestimmung wäre sicher vorzuziehen, der
Discretion der Reichsgewalt so viel als möglich zu überlassen. Freilich hat dann
Preußen gar keine Garantie, seine vortreffliche Heeresorgauisation vor unglückli¬
chen Experimenten zu Gunsten einer überflüssige" Gleichheit geschützt zu sehen. Vor
einem Ministerium Vogt werden uns hoffentlich der Verstand der gegenwärtigen
und aller künstigen Majoritäten bewahren. Aber ein solches würde das Vernünf¬
tigste, nur weil es von Preußen herrührt, zerstören. Es ist offenbar gleich sehr
im Interesse Preußens wie Deutschlands zu wünschen, daß hier ein Ausweg ge¬
funden wird; sei es min, daß man der preußischen Negierung einen selbstständi-


Gewalten der Einzelstaaten eine größere Heeresmacht, als die vom Reich geforderte
zu unterhalten. Doch wird der Ueberschuß ebenfalls als Reichsheer betrachtet.

K. 13. „Diejenigen Staaten, deren Contingent weniger als 6000 Mann
beträgt, werden zu gemeinschaftlichen Ausbildungsverbänden unter der unmittelba¬
ren Leitung der Reichsgewalt vereinigt." Auch hier ist die Bestimmung des
Mnoritätserachtens, unerläßlich, wonach die kleinen Staaten nicht nur nnter ein¬
ander zu gemeinsamen Ausbilduugsverbänden vereinigt, sondern nach Umständen
auch angrenzenden größeren Staaten angeschlossen werden können.

§. 14. „Die Reichsgewalt hat in Betreff des Heerwesens die Gesetzgebung
und Organisation; sie überwacht deren Durchführung in den einzelnen Staaten
durch fortdauernde Controle. Den einzelnen Staaten steht die Ausbildung ihres
Kriegswesens auf Grund der Gesetze und Anordnungen des Reichs zu. Sie ha¬
ben die Verfügung über ihre bewaffnete Macht, so weit dieselbe nicht für den
Dienst des Reiches in Anspruch genommen ist." Dieser Paragraph hat wenig¬
stens das Gnpfehlenswerthe, daß er elastisch ist. Die Reichsgewalt hat es in ih¬
rer Hand, die Eigenthümlichkeit einer bestehenden Heeresverfassnng z. B. der
preußischen, zu schonen, wo sie es verdient und eine Fortbildung derselben zu ge¬
statten, so weit es die Rücksicht auf das Ganze'erlaubt. Der Unterschied muß
natürlich in beständiger Ausgleichung begriffen sein und es kann sich nur darum
handeln, alle Theile des Reichsheeres auf die Stufe des besten zu heben mit der
nöthigen Rücksicht auf die Zeit und die Verhältnisse aller Staaten. Auch die er¬
wähnte eigenthümliche Fortbildung kann mir als ein Vorauseilen in zweckmäßigen
Einrichtungen, die noch nicht allen Staaten möglich find, nicht als ein Verren¬
nen in zufällige Unterschiede verstanden werden. Das Minoritätserachten zu ez. 14
will der Reichsgewalt) nur die Gesetzgebung in Bezug auf die Gleichmäßigkeit der
Organisation des Heeres übertragen. Das wird zu Gunsten der Eigenthümlich¬
keit der einzelnen Heerestheile nichts helfen. Entweder bestimmt die Reichsgewalt
selbst wie weit die Gleichmäßigkeit gehen soll, - daun ist durch das Amen--
temere kein Unterschied gegen den Antrag der Majorität hervorgebracht — oder
die Gleichmäßigkeit wird in der Verfassung festgesetzt und dann werden vielleicht
der Reichsgewalt zu Ungunsten der Selbstständigkeit der einzelnen Heerestheile
die Hände gebunden. Einer solchen Bestimmung wäre sicher vorzuziehen, der
Discretion der Reichsgewalt so viel als möglich zu überlassen. Freilich hat dann
Preußen gar keine Garantie, seine vortreffliche Heeresorgauisation vor unglückli¬
chen Experimenten zu Gunsten einer überflüssige» Gleichheit geschützt zu sehen. Vor
einem Ministerium Vogt werden uns hoffentlich der Verstand der gegenwärtigen
und aller künstigen Majoritäten bewahren. Aber ein solches würde das Vernünf¬
tigste, nur weil es von Preußen herrührt, zerstören. Es ist offenbar gleich sehr
im Interesse Preußens wie Deutschlands zu wünschen, daß hier ein Ausweg ge¬
funden wird; sei es min, daß man der preußischen Negierung einen selbstständi-


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[0287] Gewalten der Einzelstaaten eine größere Heeresmacht, als die vom Reich geforderte zu unterhalten. Doch wird der Ueberschuß ebenfalls als Reichsheer betrachtet. K. 13. „Diejenigen Staaten, deren Contingent weniger als 6000 Mann beträgt, werden zu gemeinschaftlichen Ausbildungsverbänden unter der unmittelba¬ ren Leitung der Reichsgewalt vereinigt." Auch hier ist die Bestimmung des Mnoritätserachtens, unerläßlich, wonach die kleinen Staaten nicht nur nnter ein¬ ander zu gemeinsamen Ausbilduugsverbänden vereinigt, sondern nach Umständen auch angrenzenden größeren Staaten angeschlossen werden können. §. 14. „Die Reichsgewalt hat in Betreff des Heerwesens die Gesetzgebung und Organisation; sie überwacht deren Durchführung in den einzelnen Staaten durch fortdauernde Controle. Den einzelnen Staaten steht die Ausbildung ihres Kriegswesens auf Grund der Gesetze und Anordnungen des Reichs zu. Sie ha¬ ben die Verfügung über ihre bewaffnete Macht, so weit dieselbe nicht für den Dienst des Reiches in Anspruch genommen ist." Dieser Paragraph hat wenig¬ stens das Gnpfehlenswerthe, daß er elastisch ist. Die Reichsgewalt hat es in ih¬ rer Hand, die Eigenthümlichkeit einer bestehenden Heeresverfassnng z. B. der preußischen, zu schonen, wo sie es verdient und eine Fortbildung derselben zu ge¬ statten, so weit es die Rücksicht auf das Ganze'erlaubt. Der Unterschied muß natürlich in beständiger Ausgleichung begriffen sein und es kann sich nur darum handeln, alle Theile des Reichsheeres auf die Stufe des besten zu heben mit der nöthigen Rücksicht auf die Zeit und die Verhältnisse aller Staaten. Auch die er¬ wähnte eigenthümliche Fortbildung kann mir als ein Vorauseilen in zweckmäßigen Einrichtungen, die noch nicht allen Staaten möglich find, nicht als ein Verren¬ nen in zufällige Unterschiede verstanden werden. Das Minoritätserachten zu ez. 14 will der Reichsgewalt) nur die Gesetzgebung in Bezug auf die Gleichmäßigkeit der Organisation des Heeres übertragen. Das wird zu Gunsten der Eigenthümlich¬ keit der einzelnen Heerestheile nichts helfen. Entweder bestimmt die Reichsgewalt selbst wie weit die Gleichmäßigkeit gehen soll, - daun ist durch das Amen-- temere kein Unterschied gegen den Antrag der Majorität hervorgebracht — oder die Gleichmäßigkeit wird in der Verfassung festgesetzt und dann werden vielleicht der Reichsgewalt zu Ungunsten der Selbstständigkeit der einzelnen Heerestheile die Hände gebunden. Einer solchen Bestimmung wäre sicher vorzuziehen, der Discretion der Reichsgewalt so viel als möglich zu überlassen. Freilich hat dann Preußen gar keine Garantie, seine vortreffliche Heeresorgauisation vor unglückli¬ chen Experimenten zu Gunsten einer überflüssige» Gleichheit geschützt zu sehen. Vor einem Ministerium Vogt werden uns hoffentlich der Verstand der gegenwärtigen und aller künstigen Majoritäten bewahren. Aber ein solches würde das Vernünf¬ tigste, nur weil es von Preußen herrührt, zerstören. Es ist offenbar gleich sehr im Interesse Preußens wie Deutschlands zu wünschen, daß hier ein Ausweg ge¬ funden wird; sei es min, daß man der preußischen Negierung einen selbstständi-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/287>, abgerufen am 25.12.2024.