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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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Dann wird man, aber unter viel ungünstigern Umständen, zu dem Mittel
greifen müssen, das man jetzt verschmäht, zur Bildung eines Ministeriums aus
dem linken Centrum, welches dann vielleicht schon selber allen Einfluß verloren
haben und sich geradezu den Demokraten in die Arme werfen wird, und das
Spiel der Revolution von 89 bis 95 wiederholte sich in einer viel häßlicheren
Copie.

Hier habe ich noch die günstigste Voraussetzung gestellt, nämlich den blos
passiven Widerstand, der im Anfang zwar, als etwas Neues, Aufsehn macht,
zuletzt aber ermüdet. Wenn nun aber die Versammlung den Muth faßte, zum
letzten Mittel, zur Steuerverweigerung zu schreiten? Die Städte wird man viel¬
leicht durch Gewaltmittel zwingen können, die Steuern zu zahlen, wie wird es
aber auf dem Lande aussehen? Der Bauer weigert sich natürlich, es liegt in seinem
Interesse und den Rechtsanspruch nimmt er mit in den Kauf. Wie, wenn die
Kreise die Rechtmäßigkeit der Steuern nicht anerkennen und die Verhängung der
Execution verweigern? Wo will man zuletzt Soldaten finden, um überall die
Säumigen zu zwingen?

Wenn wir nun aber anerkennen, daß die Regierung durch ihre leidenschaft¬
lichen Schritte die Lage der Dinge auf eine verhängnisvolle Weise verwirrt hat,
daß sie in Gefahr steht, uns zu einem blutigen Kampfe kommen zu lassen, wo
auf der einen Seite der Militärterrorismus, auf der andern die Pöbelherrschaft
steht, so können wir um deshalb ihren Gegnern nicht Recht geben. Wäre die
Nationalversammlung wahrhaft patriotisch gesinnt, so hätte sie versöhnliche Schritte
gethan; sie hätte im äußersten Fall der Aufforderung, nach Brandenburg zu gehen,
Folge leisten müssen. Ein Rechtsgrund, es zu verweigern, lag nicht vor; die
Opposition gegen etwaige Versuche des Absolutismus konnte sie dort fortsetzen wie
in Berlin. Sie hat den Anschein des Heroismus, die Glorie der Popularität
vorgezogen. Möge sie sich nicht täuschen! Wenn der Kampf wirklich ausbricht,
ist nicht sie es, die das Heft in Händen behält, es möge siegen wer da will.
Fällt die Monarchie, so fällt die moderne Gironde mit ihr, und sie möge in
Mignet oder sonst wo nachschlagen, um ihr eigenes Loos vorauszusehn.

Noch ist die Erbitterung nicht so hoch gestiegen, daß an eine Ausgleichung
nicht mehr zu denken wäre. Aber nur wenn von beiden Seiten ein Schritt ge¬
schieht. Die Kammer geht nach Brandenburg, bis der Belagerungszustand in
Berlin aufgehoben ist, und dann führt sie der König nach Berlin zurück und
überläßt Unruh, jetzt der populärste Name der Monarchie, die Bildung eines
Eabinets. Vorher aber erklärt die Krone ihre vollständige und unbedingte Unter¬
werfung unter die Centralgewalt und die Anerkennung ihrer sämmtlichen Gesetze
ohne vorherige Prüfung.

Die neue Verfassung wird dann so anfangen:

K. 1. Sämmtliche Provinzen des preußischen Staats, mit Ausschluß der zu


Dann wird man, aber unter viel ungünstigern Umständen, zu dem Mittel
greifen müssen, das man jetzt verschmäht, zur Bildung eines Ministeriums aus
dem linken Centrum, welches dann vielleicht schon selber allen Einfluß verloren
haben und sich geradezu den Demokraten in die Arme werfen wird, und das
Spiel der Revolution von 89 bis 95 wiederholte sich in einer viel häßlicheren
Copie.

Hier habe ich noch die günstigste Voraussetzung gestellt, nämlich den blos
passiven Widerstand, der im Anfang zwar, als etwas Neues, Aufsehn macht,
zuletzt aber ermüdet. Wenn nun aber die Versammlung den Muth faßte, zum
letzten Mittel, zur Steuerverweigerung zu schreiten? Die Städte wird man viel¬
leicht durch Gewaltmittel zwingen können, die Steuern zu zahlen, wie wird es
aber auf dem Lande aussehen? Der Bauer weigert sich natürlich, es liegt in seinem
Interesse und den Rechtsanspruch nimmt er mit in den Kauf. Wie, wenn die
Kreise die Rechtmäßigkeit der Steuern nicht anerkennen und die Verhängung der
Execution verweigern? Wo will man zuletzt Soldaten finden, um überall die
Säumigen zu zwingen?

Wenn wir nun aber anerkennen, daß die Regierung durch ihre leidenschaft¬
lichen Schritte die Lage der Dinge auf eine verhängnisvolle Weise verwirrt hat,
daß sie in Gefahr steht, uns zu einem blutigen Kampfe kommen zu lassen, wo
auf der einen Seite der Militärterrorismus, auf der andern die Pöbelherrschaft
steht, so können wir um deshalb ihren Gegnern nicht Recht geben. Wäre die
Nationalversammlung wahrhaft patriotisch gesinnt, so hätte sie versöhnliche Schritte
gethan; sie hätte im äußersten Fall der Aufforderung, nach Brandenburg zu gehen,
Folge leisten müssen. Ein Rechtsgrund, es zu verweigern, lag nicht vor; die
Opposition gegen etwaige Versuche des Absolutismus konnte sie dort fortsetzen wie
in Berlin. Sie hat den Anschein des Heroismus, die Glorie der Popularität
vorgezogen. Möge sie sich nicht täuschen! Wenn der Kampf wirklich ausbricht,
ist nicht sie es, die das Heft in Händen behält, es möge siegen wer da will.
Fällt die Monarchie, so fällt die moderne Gironde mit ihr, und sie möge in
Mignet oder sonst wo nachschlagen, um ihr eigenes Loos vorauszusehn.

Noch ist die Erbitterung nicht so hoch gestiegen, daß an eine Ausgleichung
nicht mehr zu denken wäre. Aber nur wenn von beiden Seiten ein Schritt ge¬
schieht. Die Kammer geht nach Brandenburg, bis der Belagerungszustand in
Berlin aufgehoben ist, und dann führt sie der König nach Berlin zurück und
überläßt Unruh, jetzt der populärste Name der Monarchie, die Bildung eines
Eabinets. Vorher aber erklärt die Krone ihre vollständige und unbedingte Unter¬
werfung unter die Centralgewalt und die Anerkennung ihrer sämmtlichen Gesetze
ohne vorherige Prüfung.

Die neue Verfassung wird dann so anfangen:

K. 1. Sämmtliche Provinzen des preußischen Staats, mit Ausschluß der zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/280>, abgerufen am 25.12.2024.