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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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Mittag drohenden Gefahr hatte Nimplcr auch nicht die geringsten außerordentlichen
Vorsichtsmaßregeln getroffen, auf dem Platze war keine Bürgerwchr zu erblicken, nur
in dem Souterrain des Schauspielhauses stand, wie gewöhnlich, ein Bataillon. Von
Zeit zu Zeit erschien irgend ein Abgeordneter, wie Brill und Bercnds, um das Volk
zur Ruhe, zum Beharren in seiner würdigen Haltung zu ernähren und ihm zu ver¬
sichern, die Versammlung werde nicht versäumen, seinem Willen nachzukommen. Man
kennt die aufregende Wirkung solcher Beruhigungsrcden, kein Einziger der Herren hatte
so viel Muth oder Ehrenhaftigkeit, der Masse das Unwürdige ihres Benehmens vorzu¬
stellen und sie zur Räumung des Platzes aufzufordern. Das Hurrah! mit dem sie
entlassen wurden, diente nur dazu, dem Tumult eine immer bedenklichere Färbung zu
geben. Inzwischen war Bürgerwchr angekommen, das Bataillon aus dem Innern des
Gebäudes drang ebenfalls vor und es gelang, ein Spalier um das Schauspielhaus zu
bilden. Aber die Anzahl der Nationalgarten war völlig ungenügend, der Pöbel strömte
auf's Neue heran und in Kurzem war das Uebel ärger als zuvor. Jetzt wurde die
Versammlung vollständig in Belagerungszustand versetzt, die Thüren zum Theil ver¬
nagelt, zum Theil von Kerlen occupirt, die den Befehl hatten, Jedermann hinein, aber
Niemand heraus zu lassen. Journalisten und Deputirte, die sich entfernen wollten,
wurden ohne weiteres bei der Brust angegriffen und zurückgestoßen, selbst die Sicher-
heitskartcn, welche die äußerste Linke von den Demokraten erhalten, wurden an die¬
sem Abend nicht respektirt. Im Konzertsaale war man unterdes; zu den drei nament¬
licher Abstimmungen gekommen. Der Lärm und Fackelschein drangen von draußen
blendend und betäubend herein, um so mehr da die Ultras der Linken die Fenster an
ihrer Seite öffneten und mit Wohlgefallen auf die tobende Menge herab sahen. Als
Waldeck an's Fenster trat, bekam er ein Hurrah! bis in den Saal herauf, dazwischen
die Kommandowvrtc der Bürgerwchr, Trommelschlag, Hornsignale, Klirren einzelner
Scheiben -- es war eine scheußliche Scene. Die Sekretäre hatten Mühe sich bei dem
Namensaufruf verständlich zu machen, obwohl innerhalb des Saales die größte Stille
herrschte. An jenem Abend gehörte zum erste" Male Muth dazu, aus der Rechten zu
sitzen und diese Partei hat durch ihre Abstimmung bewiesen, daß es ihr an passiver
Energie nicht fehlt, möge sie bald die aktive hinzufügen! In Zeiten der Revolution
führt nur die letztere zum Siege. --

Der Beschluß der Kammer war gefaßt -- aber das souveräne Volk hob die Con-
signe noch nicht auf; einige seiner speciellen Freunde in der Versammlung, die über
den Verlauf des Putsches selbst ängstlich werden mochten, mußten ihm erst auseinander
setzen, daß man sich zur Noth auch bei dem Nodbcrtus'scheu Antrage beruhigen könne.
Erst hierauf und uach dem erneuten Angriffe eines frischen Bataillons der Bürgerwchr
ward endlich nothdürftig Platz gemacht, d. h. die Belagerung wurde aufgehoben, so
daß man eben vor die Thüre treten und dann zusehen konnte, wie man durch die
dichtgedrängten Massen nach Hause gelangte. Pfuel wurde erkannt und von Jung mit
Mühe den Händen der Wüthenden entrissen; ein anderer Deputirter, der die wieder¬
holten Püffe von sich abzuwenden suchte durch die Versicherung, er gehöre zum linken
Centrum, erhielt die barsche Antwort: "das ist all' Eins -- Ihr gehört Alle an den
Galgen, Centrum und Rechte!" Wo Pieper seine Zuflucht suchte, ist aus seinem Er¬
laß w der Kammer bekannt: "Meine Herren, ist es wohl mit der Würde eines Depu-
tirten verträglich, sich durch den Abtritt zu entfernen?" -- so wie, daß der ehrenwerthe
Schlächter "als gerader Mann" seine Committenten in den Abendsitzungen hinfort nicht
mehr vertreten wird. Nimplcr, wie mild man ihn mich beurtheilen mag, hatte sich
große Fehler zu Schulden kommen lassen: anfangs die größte Nachlässigkeit, dann
grenzenlose Konfusion. Am beklagenswerthesten ist der Vorfall mit den Maschincnbauar-
beitern. Kaum waren sie mit ihrer weißen Fahne und ohne Waffen angelangt, um
Frieden zu stiften, als der Bayoncttangriff der Bürger gegen sie begann. Sie


Mittag drohenden Gefahr hatte Nimplcr auch nicht die geringsten außerordentlichen
Vorsichtsmaßregeln getroffen, auf dem Platze war keine Bürgerwchr zu erblicken, nur
in dem Souterrain des Schauspielhauses stand, wie gewöhnlich, ein Bataillon. Von
Zeit zu Zeit erschien irgend ein Abgeordneter, wie Brill und Bercnds, um das Volk
zur Ruhe, zum Beharren in seiner würdigen Haltung zu ernähren und ihm zu ver¬
sichern, die Versammlung werde nicht versäumen, seinem Willen nachzukommen. Man
kennt die aufregende Wirkung solcher Beruhigungsrcden, kein Einziger der Herren hatte
so viel Muth oder Ehrenhaftigkeit, der Masse das Unwürdige ihres Benehmens vorzu¬
stellen und sie zur Räumung des Platzes aufzufordern. Das Hurrah! mit dem sie
entlassen wurden, diente nur dazu, dem Tumult eine immer bedenklichere Färbung zu
geben. Inzwischen war Bürgerwchr angekommen, das Bataillon aus dem Innern des
Gebäudes drang ebenfalls vor und es gelang, ein Spalier um das Schauspielhaus zu
bilden. Aber die Anzahl der Nationalgarten war völlig ungenügend, der Pöbel strömte
auf's Neue heran und in Kurzem war das Uebel ärger als zuvor. Jetzt wurde die
Versammlung vollständig in Belagerungszustand versetzt, die Thüren zum Theil ver¬
nagelt, zum Theil von Kerlen occupirt, die den Befehl hatten, Jedermann hinein, aber
Niemand heraus zu lassen. Journalisten und Deputirte, die sich entfernen wollten,
wurden ohne weiteres bei der Brust angegriffen und zurückgestoßen, selbst die Sicher-
heitskartcn, welche die äußerste Linke von den Demokraten erhalten, wurden an die¬
sem Abend nicht respektirt. Im Konzertsaale war man unterdes; zu den drei nament¬
licher Abstimmungen gekommen. Der Lärm und Fackelschein drangen von draußen
blendend und betäubend herein, um so mehr da die Ultras der Linken die Fenster an
ihrer Seite öffneten und mit Wohlgefallen auf die tobende Menge herab sahen. Als
Waldeck an's Fenster trat, bekam er ein Hurrah! bis in den Saal herauf, dazwischen
die Kommandowvrtc der Bürgerwchr, Trommelschlag, Hornsignale, Klirren einzelner
Scheiben — es war eine scheußliche Scene. Die Sekretäre hatten Mühe sich bei dem
Namensaufruf verständlich zu machen, obwohl innerhalb des Saales die größte Stille
herrschte. An jenem Abend gehörte zum erste» Male Muth dazu, aus der Rechten zu
sitzen und diese Partei hat durch ihre Abstimmung bewiesen, daß es ihr an passiver
Energie nicht fehlt, möge sie bald die aktive hinzufügen! In Zeiten der Revolution
führt nur die letztere zum Siege. —

Der Beschluß der Kammer war gefaßt — aber das souveräne Volk hob die Con-
signe noch nicht auf; einige seiner speciellen Freunde in der Versammlung, die über
den Verlauf des Putsches selbst ängstlich werden mochten, mußten ihm erst auseinander
setzen, daß man sich zur Noth auch bei dem Nodbcrtus'scheu Antrage beruhigen könne.
Erst hierauf und uach dem erneuten Angriffe eines frischen Bataillons der Bürgerwchr
ward endlich nothdürftig Platz gemacht, d. h. die Belagerung wurde aufgehoben, so
daß man eben vor die Thüre treten und dann zusehen konnte, wie man durch die
dichtgedrängten Massen nach Hause gelangte. Pfuel wurde erkannt und von Jung mit
Mühe den Händen der Wüthenden entrissen; ein anderer Deputirter, der die wieder¬
holten Püffe von sich abzuwenden suchte durch die Versicherung, er gehöre zum linken
Centrum, erhielt die barsche Antwort: „das ist all' Eins — Ihr gehört Alle an den
Galgen, Centrum und Rechte!" Wo Pieper seine Zuflucht suchte, ist aus seinem Er¬
laß w der Kammer bekannt: „Meine Herren, ist es wohl mit der Würde eines Depu-
tirten verträglich, sich durch den Abtritt zu entfernen?" — so wie, daß der ehrenwerthe
Schlächter „als gerader Mann" seine Committenten in den Abendsitzungen hinfort nicht
mehr vertreten wird. Nimplcr, wie mild man ihn mich beurtheilen mag, hatte sich
große Fehler zu Schulden kommen lassen: anfangs die größte Nachlässigkeit, dann
grenzenlose Konfusion. Am beklagenswerthesten ist der Vorfall mit den Maschincnbauar-
beitern. Kaum waren sie mit ihrer weißen Fahne und ohne Waffen angelangt, um
Frieden zu stiften, als der Bayoncttangriff der Bürger gegen sie begann. Sie


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[0252] Mittag drohenden Gefahr hatte Nimplcr auch nicht die geringsten außerordentlichen Vorsichtsmaßregeln getroffen, auf dem Platze war keine Bürgerwchr zu erblicken, nur in dem Souterrain des Schauspielhauses stand, wie gewöhnlich, ein Bataillon. Von Zeit zu Zeit erschien irgend ein Abgeordneter, wie Brill und Bercnds, um das Volk zur Ruhe, zum Beharren in seiner würdigen Haltung zu ernähren und ihm zu ver¬ sichern, die Versammlung werde nicht versäumen, seinem Willen nachzukommen. Man kennt die aufregende Wirkung solcher Beruhigungsrcden, kein Einziger der Herren hatte so viel Muth oder Ehrenhaftigkeit, der Masse das Unwürdige ihres Benehmens vorzu¬ stellen und sie zur Räumung des Platzes aufzufordern. Das Hurrah! mit dem sie entlassen wurden, diente nur dazu, dem Tumult eine immer bedenklichere Färbung zu geben. Inzwischen war Bürgerwchr angekommen, das Bataillon aus dem Innern des Gebäudes drang ebenfalls vor und es gelang, ein Spalier um das Schauspielhaus zu bilden. Aber die Anzahl der Nationalgarten war völlig ungenügend, der Pöbel strömte auf's Neue heran und in Kurzem war das Uebel ärger als zuvor. Jetzt wurde die Versammlung vollständig in Belagerungszustand versetzt, die Thüren zum Theil ver¬ nagelt, zum Theil von Kerlen occupirt, die den Befehl hatten, Jedermann hinein, aber Niemand heraus zu lassen. Journalisten und Deputirte, die sich entfernen wollten, wurden ohne weiteres bei der Brust angegriffen und zurückgestoßen, selbst die Sicher- heitskartcn, welche die äußerste Linke von den Demokraten erhalten, wurden an die¬ sem Abend nicht respektirt. Im Konzertsaale war man unterdes; zu den drei nament¬ licher Abstimmungen gekommen. Der Lärm und Fackelschein drangen von draußen blendend und betäubend herein, um so mehr da die Ultras der Linken die Fenster an ihrer Seite öffneten und mit Wohlgefallen auf die tobende Menge herab sahen. Als Waldeck an's Fenster trat, bekam er ein Hurrah! bis in den Saal herauf, dazwischen die Kommandowvrtc der Bürgerwchr, Trommelschlag, Hornsignale, Klirren einzelner Scheiben — es war eine scheußliche Scene. Die Sekretäre hatten Mühe sich bei dem Namensaufruf verständlich zu machen, obwohl innerhalb des Saales die größte Stille herrschte. An jenem Abend gehörte zum erste» Male Muth dazu, aus der Rechten zu sitzen und diese Partei hat durch ihre Abstimmung bewiesen, daß es ihr an passiver Energie nicht fehlt, möge sie bald die aktive hinzufügen! In Zeiten der Revolution führt nur die letztere zum Siege. — Der Beschluß der Kammer war gefaßt — aber das souveräne Volk hob die Con- signe noch nicht auf; einige seiner speciellen Freunde in der Versammlung, die über den Verlauf des Putsches selbst ängstlich werden mochten, mußten ihm erst auseinander setzen, daß man sich zur Noth auch bei dem Nodbcrtus'scheu Antrage beruhigen könne. Erst hierauf und uach dem erneuten Angriffe eines frischen Bataillons der Bürgerwchr ward endlich nothdürftig Platz gemacht, d. h. die Belagerung wurde aufgehoben, so daß man eben vor die Thüre treten und dann zusehen konnte, wie man durch die dichtgedrängten Massen nach Hause gelangte. Pfuel wurde erkannt und von Jung mit Mühe den Händen der Wüthenden entrissen; ein anderer Deputirter, der die wieder¬ holten Püffe von sich abzuwenden suchte durch die Versicherung, er gehöre zum linken Centrum, erhielt die barsche Antwort: „das ist all' Eins — Ihr gehört Alle an den Galgen, Centrum und Rechte!" Wo Pieper seine Zuflucht suchte, ist aus seinem Er¬ laß w der Kammer bekannt: „Meine Herren, ist es wohl mit der Würde eines Depu- tirten verträglich, sich durch den Abtritt zu entfernen?" — so wie, daß der ehrenwerthe Schlächter „als gerader Mann" seine Committenten in den Abendsitzungen hinfort nicht mehr vertreten wird. Nimplcr, wie mild man ihn mich beurtheilen mag, hatte sich große Fehler zu Schulden kommen lassen: anfangs die größte Nachlässigkeit, dann grenzenlose Konfusion. Am beklagenswerthesten ist der Vorfall mit den Maschincnbauar- beitern. Kaum waren sie mit ihrer weißen Fahne und ohne Waffen angelangt, um Frieden zu stiften, als der Bayoncttangriff der Bürger gegen sie begann. Sie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/252>, abgerufen am 25.12.2024.