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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

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alters wieder herzustellen, ist nicht unser Beruf. Glaubt ihr aber im Stande zu
sein, durch eine entschiedene Trennung der Reichsprovinzen von den Nebenländern
die erster" organisch in die Reichseinheit aufnehmen zu können, so bedenkt dreierlei.
Einmal, ob Böhmen, mit Gewalt einem ihm verhaßten Reich einverleibt, nicht ein
fortdauernder Krebsschaden für dasselbe sein wird, wie Posen im preußischen Staat;
sodann, ob ihr eure deutschen Brüder in Ungarn der Willkür der Magyaren über¬
lassen wollt; endlich, ob die Verwickelung der materiellen Fragen -- Zoll- und
Schuldverhältnisse -- eine einfache Trennung möglich macht." -- In meinem
Sendschreiben an Knranda habe ich das Weitere auseinandergesetzt, lesen Sie es
dort nach.

Daß es für die Entwickelung unseres deutschen Staatswesens nur vortheilhaft
sein konnte, wenn wir uus die östreichische Provinz fern hielten, haben Sie so
gut eingesehen als ich. Aber Sie haben es nicht laut ausgesprochen. Vielleicht
sind Sie jetzt anderer Meinung; vielleicht läßt gerade die chaotische Währung
Oestreichs es Ihnen wünschenswert!) erscheinen, Dentschland mit Oestreich in einen
Topf zu werfen. Wenn man wenigstens Ihr Treiben in Berlin ansieht, könnte
man auf den Glauben gerathen, daß schon die Gährung an sich, ohne weiteres
Resultat Ihnen genügt. --

Eine schwerere Anklage trifft Sie in der polnischen Sache. Hier mußte Ihr
Princip rein hervortreten, Sie mußten die Polen, welche in der träumerischen
Hoffnung ans Wiedereinsetzung des alten Jagellonenreichs der unmittelbaren politi¬
schen Entwickelung, die ihnen angetragen ward, sich entzogen, verdammen. Aber
in concreten Fragen hält Ihr Princip nicht Stand. Die Polen standen überall
auf den Barrikaden, sie hatten eine liebenswürdige Tournüre, "honette" Gesichter,--
und die Frage war gelöst. Sie gaben Sich dazu her, nicht nur den Anwalt der
Nativnalitätsschnurre, sondern den Anwalt der kirchlichen Freiheit, die Sie doch in
in den Urcantonen so heftig angriffen, ja den Anwalt des abstracten historischen
Rechts zu macheu. Denn mit alten Pergamenten, mit historischen Reminiscenzen
sind die Polen der Geschichte gegenüber getreten, und Sie, der Apostel der Demokratie,
traten für die Schatten der Vergangenheit in die Schranken; Sie gaben Sich zu
dem eitlen Unternehmen her, das Rad der Geschichte zurückzuwenden.

In der Schleswig-Hvlsteinschen Frage blieben Sie Anfangs Ihrem Principe
treu. Als aber Preußen seine Uebereilung einsah, und den für das Gedeihen seiner
Cultur nothwendigen Waffenstillstand abschloß, changirten Sie plötzlich und ver¬
banden Sich mit Ihren Feinden, den Männern der zottigen Hvchbrnst; Sie singen
an für Deutschlands Ehre zu schwärmen, nur um deu blinden Haß des süddeutschen
Pöbels gegen Preußen noch weiter zu schüren. Sie und Ihres gleichen stachelten die
Wuth, welche zu den schändlichen Mordthaten führte, die Sie dann in der Reform
als einen Ausbruch edler Gemüther beschönigten.


alters wieder herzustellen, ist nicht unser Beruf. Glaubt ihr aber im Stande zu
sein, durch eine entschiedene Trennung der Reichsprovinzen von den Nebenländern
die erster» organisch in die Reichseinheit aufnehmen zu können, so bedenkt dreierlei.
Einmal, ob Böhmen, mit Gewalt einem ihm verhaßten Reich einverleibt, nicht ein
fortdauernder Krebsschaden für dasselbe sein wird, wie Posen im preußischen Staat;
sodann, ob ihr eure deutschen Brüder in Ungarn der Willkür der Magyaren über¬
lassen wollt; endlich, ob die Verwickelung der materiellen Fragen — Zoll- und
Schuldverhältnisse — eine einfache Trennung möglich macht." — In meinem
Sendschreiben an Knranda habe ich das Weitere auseinandergesetzt, lesen Sie es
dort nach.

Daß es für die Entwickelung unseres deutschen Staatswesens nur vortheilhaft
sein konnte, wenn wir uus die östreichische Provinz fern hielten, haben Sie so
gut eingesehen als ich. Aber Sie haben es nicht laut ausgesprochen. Vielleicht
sind Sie jetzt anderer Meinung; vielleicht läßt gerade die chaotische Währung
Oestreichs es Ihnen wünschenswert!) erscheinen, Dentschland mit Oestreich in einen
Topf zu werfen. Wenn man wenigstens Ihr Treiben in Berlin ansieht, könnte
man auf den Glauben gerathen, daß schon die Gährung an sich, ohne weiteres
Resultat Ihnen genügt. —

Eine schwerere Anklage trifft Sie in der polnischen Sache. Hier mußte Ihr
Princip rein hervortreten, Sie mußten die Polen, welche in der träumerischen
Hoffnung ans Wiedereinsetzung des alten Jagellonenreichs der unmittelbaren politi¬
schen Entwickelung, die ihnen angetragen ward, sich entzogen, verdammen. Aber
in concreten Fragen hält Ihr Princip nicht Stand. Die Polen standen überall
auf den Barrikaden, sie hatten eine liebenswürdige Tournüre, „honette" Gesichter,—
und die Frage war gelöst. Sie gaben Sich dazu her, nicht nur den Anwalt der
Nativnalitätsschnurre, sondern den Anwalt der kirchlichen Freiheit, die Sie doch in
in den Urcantonen so heftig angriffen, ja den Anwalt des abstracten historischen
Rechts zu macheu. Denn mit alten Pergamenten, mit historischen Reminiscenzen
sind die Polen der Geschichte gegenüber getreten, und Sie, der Apostel der Demokratie,
traten für die Schatten der Vergangenheit in die Schranken; Sie gaben Sich zu
dem eitlen Unternehmen her, das Rad der Geschichte zurückzuwenden.

In der Schleswig-Hvlsteinschen Frage blieben Sie Anfangs Ihrem Principe
treu. Als aber Preußen seine Uebereilung einsah, und den für das Gedeihen seiner
Cultur nothwendigen Waffenstillstand abschloß, changirten Sie plötzlich und ver¬
banden Sich mit Ihren Feinden, den Männern der zottigen Hvchbrnst; Sie singen
an für Deutschlands Ehre zu schwärmen, nur um deu blinden Haß des süddeutschen
Pöbels gegen Preußen noch weiter zu schüren. Sie und Ihres gleichen stachelten die
Wuth, welche zu den schändlichen Mordthaten führte, die Sie dann in der Reform
als einen Ausbruch edler Gemüther beschönigten.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/164>, abgerufen am 27.12.2024.