Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Gebrauchwerths ganz verlor. Eben so sollte es auch nur eine deutsche Seemacht
geben und an deren Spitze ein deutscher Reichsadmiral stehen. Der Landmacht
entspräche dann ein Kriegsministerium und ein Marineministerium
für ganz Deutschland; ebenso ein Ministerium, zur Besorgung der
anso artig en Ang elegenheiten.

Aus den erwähnten Ministerien beruht das völkerrechtliche Dasein einer Na¬
tion, -- beruht die Wirksamkeit einer Staatseinheit nach Außen hin. Hätte Deutsch¬
land diese Bundesministerien beisammen, so könnte es die übrigen'Angelegenheiten,
z. B. Justizsachen, Landpolizei, Cultus, Schulwesen, öffentliche Arbeiten, Ge-
werbswesen u. s. w. der Detailgesetzgebung und Vollziehungsgewalt jedes einzel¬
nen Staates überlassen.

Wenn man einwendet, daß die Fürsten ans diese Art zu bloßen politischen
Gouverneuren heruntergebracht würden, so erwidere ich, daß sie, wenn sie der
Wahrheit die Ehre geben wollen, gestehen müssen, schon jetzt nicht mehr als eben
solche zu sein; denn wenn sie sich eine Civilliste gefallen, und die Residenz vom
Militär räumen lassen mußten, so gibt dies ganz deutlich zu erkennen, daß sie
nichts als politische Oberhäupter ohne Militär- und Finanzgewalt sind insu
tanto nicht unbeschränkte Herrn im Hause. Für den Fortbestand ihrer zwar ge¬
schmälerten, aber noch immer ansehnlichen Civilmacht wäre ihnen der Schutz der
obenerwähnten Centralgewalt zu gewährleisten. Gerade das im westlichen Deutsch¬
land sich erhebende Geschrei nach einer deutschen Republik sollte die Fürsten Deutsch¬
lands bestimmen, ihre zerbröckelte souveräne Gewalt, welche sie ohnedies in die
Länge kaum behaupten können, auf die angedeutete Art zu concentriren, und so
doch dasjenige, was ihnen davon noch übrig bliebe, zu retten.

Die vier Minister von ganz Deutschland müßten vom Bundeshaupt ernannt
werden. Als cvnstitutionelles Bundeshanpt wurden die zwei Großmächte Oest¬
reich und Preußen in Vorschlag gebracht. Der jeweilige Fürst von Oestreich
führe den Titel eines Kaisers der Deutschen, der Fürst von Preußen den Titel
eines Königs der Deutschen -- der Fürst von Baiern, den eines Vicekönigs der
Deutschen.

Man stoße sich nicht an den Vorschlag, daß Deutschland zwei Häupter ha¬
ben solle. Die Natur der Sache bringt es mit sich, weil zwei Großmächte nun
einmal in Deutschland faktisch bestehen, keine der andern sich unterordnen würde,
und daher beide nebeneinander mit gleicher Berechtigung wirken müssen. Dieses
Bundeshaupt Deutschlands hätte die verantwortlichen Bundesminister zu ernennen,
und nicht selbst, sondern nur durch sie die ausübende Mach t Dentschlan dö
zu lenken. Würde der Fall eintreten, daß die 2 Personen sich in der Wahl der
Bundesminister nicht vereinigen könnten, so wäre der Vicekönig beizuziehen und
er hätte für die Meinung Einer der 2 Personen den Ausschlag zu geben. Das
Bündesministerium hätte in Dresden seinen Sitz auszuschlagen.


Gebrauchwerths ganz verlor. Eben so sollte es auch nur eine deutsche Seemacht
geben und an deren Spitze ein deutscher Reichsadmiral stehen. Der Landmacht
entspräche dann ein Kriegsministerium und ein Marineministerium
für ganz Deutschland; ebenso ein Ministerium, zur Besorgung der
anso artig en Ang elegenheiten.

Aus den erwähnten Ministerien beruht das völkerrechtliche Dasein einer Na¬
tion, — beruht die Wirksamkeit einer Staatseinheit nach Außen hin. Hätte Deutsch¬
land diese Bundesministerien beisammen, so könnte es die übrigen'Angelegenheiten,
z. B. Justizsachen, Landpolizei, Cultus, Schulwesen, öffentliche Arbeiten, Ge-
werbswesen u. s. w. der Detailgesetzgebung und Vollziehungsgewalt jedes einzel¬
nen Staates überlassen.

Wenn man einwendet, daß die Fürsten ans diese Art zu bloßen politischen
Gouverneuren heruntergebracht würden, so erwidere ich, daß sie, wenn sie der
Wahrheit die Ehre geben wollen, gestehen müssen, schon jetzt nicht mehr als eben
solche zu sein; denn wenn sie sich eine Civilliste gefallen, und die Residenz vom
Militär räumen lassen mußten, so gibt dies ganz deutlich zu erkennen, daß sie
nichts als politische Oberhäupter ohne Militär- und Finanzgewalt sind insu
tanto nicht unbeschränkte Herrn im Hause. Für den Fortbestand ihrer zwar ge¬
schmälerten, aber noch immer ansehnlichen Civilmacht wäre ihnen der Schutz der
obenerwähnten Centralgewalt zu gewährleisten. Gerade das im westlichen Deutsch¬
land sich erhebende Geschrei nach einer deutschen Republik sollte die Fürsten Deutsch¬
lands bestimmen, ihre zerbröckelte souveräne Gewalt, welche sie ohnedies in die
Länge kaum behaupten können, auf die angedeutete Art zu concentriren, und so
doch dasjenige, was ihnen davon noch übrig bliebe, zu retten.

Die vier Minister von ganz Deutschland müßten vom Bundeshaupt ernannt
werden. Als cvnstitutionelles Bundeshanpt wurden die zwei Großmächte Oest¬
reich und Preußen in Vorschlag gebracht. Der jeweilige Fürst von Oestreich
führe den Titel eines Kaisers der Deutschen, der Fürst von Preußen den Titel
eines Königs der Deutschen — der Fürst von Baiern, den eines Vicekönigs der
Deutschen.

Man stoße sich nicht an den Vorschlag, daß Deutschland zwei Häupter ha¬
ben solle. Die Natur der Sache bringt es mit sich, weil zwei Großmächte nun
einmal in Deutschland faktisch bestehen, keine der andern sich unterordnen würde,
und daher beide nebeneinander mit gleicher Berechtigung wirken müssen. Dieses
Bundeshaupt Deutschlands hätte die verantwortlichen Bundesminister zu ernennen,
und nicht selbst, sondern nur durch sie die ausübende Mach t Dentschlan dö
zu lenken. Würde der Fall eintreten, daß die 2 Personen sich in der Wahl der
Bundesminister nicht vereinigen könnten, so wäre der Vicekönig beizuziehen und
er hätte für die Meinung Einer der 2 Personen den Ausschlag zu geben. Das
Bündesministerium hätte in Dresden seinen Sitz auszuschlagen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0109" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/276865"/>
            <p xml:id="ID_307" prev="#ID_306"> Gebrauchwerths ganz verlor. Eben so sollte es auch nur eine deutsche Seemacht<lb/>
geben und an deren Spitze ein deutscher Reichsadmiral stehen. Der Landmacht<lb/>
entspräche dann ein Kriegsministerium und ein Marineministerium<lb/>
für ganz Deutschland; ebenso ein Ministerium, zur Besorgung der<lb/>
anso artig en Ang elegenheiten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_308"> Aus den erwähnten Ministerien beruht das völkerrechtliche Dasein einer Na¬<lb/>
tion, &#x2014; beruht die Wirksamkeit einer Staatseinheit nach Außen hin. Hätte Deutsch¬<lb/>
land diese Bundesministerien beisammen, so könnte es die übrigen'Angelegenheiten,<lb/>
z. B. Justizsachen, Landpolizei, Cultus, Schulwesen, öffentliche Arbeiten, Ge-<lb/>
werbswesen u. s. w. der Detailgesetzgebung und Vollziehungsgewalt jedes einzel¬<lb/>
nen Staates überlassen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_309"> Wenn man einwendet, daß die Fürsten ans diese Art zu bloßen politischen<lb/>
Gouverneuren heruntergebracht würden, so erwidere ich, daß sie, wenn sie der<lb/>
Wahrheit die Ehre geben wollen, gestehen müssen, schon jetzt nicht mehr als eben<lb/>
solche zu sein; denn wenn sie sich eine Civilliste gefallen, und die Residenz vom<lb/>
Militär räumen lassen mußten, so gibt dies ganz deutlich zu erkennen, daß sie<lb/>
nichts als politische Oberhäupter ohne Militär- und Finanzgewalt sind insu<lb/>
tanto nicht unbeschränkte Herrn im Hause. Für den Fortbestand ihrer zwar ge¬<lb/>
schmälerten, aber noch immer ansehnlichen Civilmacht wäre ihnen der Schutz der<lb/>
obenerwähnten Centralgewalt zu gewährleisten. Gerade das im westlichen Deutsch¬<lb/>
land sich erhebende Geschrei nach einer deutschen Republik sollte die Fürsten Deutsch¬<lb/>
lands bestimmen, ihre zerbröckelte souveräne Gewalt, welche sie ohnedies in die<lb/>
Länge kaum behaupten können, auf die angedeutete Art zu concentriren, und so<lb/>
doch dasjenige, was ihnen davon noch übrig bliebe, zu retten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_310"> Die vier Minister von ganz Deutschland müßten vom Bundeshaupt ernannt<lb/>
werden. Als cvnstitutionelles Bundeshanpt wurden die zwei Großmächte Oest¬<lb/>
reich und Preußen in Vorschlag gebracht. Der jeweilige Fürst von Oestreich<lb/>
führe den Titel eines Kaisers der Deutschen, der Fürst von Preußen den Titel<lb/>
eines Königs der Deutschen &#x2014; der Fürst von Baiern, den eines Vicekönigs der<lb/>
Deutschen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_311"> Man stoße sich nicht an den Vorschlag, daß Deutschland zwei Häupter ha¬<lb/>
ben solle. Die Natur der Sache bringt es mit sich, weil zwei Großmächte nun<lb/>
einmal in Deutschland faktisch bestehen, keine der andern sich unterordnen würde,<lb/>
und daher beide nebeneinander mit gleicher Berechtigung wirken müssen. Dieses<lb/>
Bundeshaupt Deutschlands hätte die verantwortlichen Bundesminister zu ernennen,<lb/>
und nicht selbst, sondern nur durch sie die ausübende Mach t Dentschlan dö<lb/>
zu lenken. Würde der Fall eintreten, daß die 2 Personen sich in der Wahl der<lb/>
Bundesminister nicht vereinigen könnten, so wäre der Vicekönig beizuziehen und<lb/>
er hätte für die Meinung Einer der 2 Personen den Ausschlag zu geben. Das<lb/>
Bündesministerium hätte in Dresden seinen Sitz auszuschlagen.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0109] Gebrauchwerths ganz verlor. Eben so sollte es auch nur eine deutsche Seemacht geben und an deren Spitze ein deutscher Reichsadmiral stehen. Der Landmacht entspräche dann ein Kriegsministerium und ein Marineministerium für ganz Deutschland; ebenso ein Ministerium, zur Besorgung der anso artig en Ang elegenheiten. Aus den erwähnten Ministerien beruht das völkerrechtliche Dasein einer Na¬ tion, — beruht die Wirksamkeit einer Staatseinheit nach Außen hin. Hätte Deutsch¬ land diese Bundesministerien beisammen, so könnte es die übrigen'Angelegenheiten, z. B. Justizsachen, Landpolizei, Cultus, Schulwesen, öffentliche Arbeiten, Ge- werbswesen u. s. w. der Detailgesetzgebung und Vollziehungsgewalt jedes einzel¬ nen Staates überlassen. Wenn man einwendet, daß die Fürsten ans diese Art zu bloßen politischen Gouverneuren heruntergebracht würden, so erwidere ich, daß sie, wenn sie der Wahrheit die Ehre geben wollen, gestehen müssen, schon jetzt nicht mehr als eben solche zu sein; denn wenn sie sich eine Civilliste gefallen, und die Residenz vom Militär räumen lassen mußten, so gibt dies ganz deutlich zu erkennen, daß sie nichts als politische Oberhäupter ohne Militär- und Finanzgewalt sind insu tanto nicht unbeschränkte Herrn im Hause. Für den Fortbestand ihrer zwar ge¬ schmälerten, aber noch immer ansehnlichen Civilmacht wäre ihnen der Schutz der obenerwähnten Centralgewalt zu gewährleisten. Gerade das im westlichen Deutsch¬ land sich erhebende Geschrei nach einer deutschen Republik sollte die Fürsten Deutsch¬ lands bestimmen, ihre zerbröckelte souveräne Gewalt, welche sie ohnedies in die Länge kaum behaupten können, auf die angedeutete Art zu concentriren, und so doch dasjenige, was ihnen davon noch übrig bliebe, zu retten. Die vier Minister von ganz Deutschland müßten vom Bundeshaupt ernannt werden. Als cvnstitutionelles Bundeshanpt wurden die zwei Großmächte Oest¬ reich und Preußen in Vorschlag gebracht. Der jeweilige Fürst von Oestreich führe den Titel eines Kaisers der Deutschen, der Fürst von Preußen den Titel eines Königs der Deutschen — der Fürst von Baiern, den eines Vicekönigs der Deutschen. Man stoße sich nicht an den Vorschlag, daß Deutschland zwei Häupter ha¬ ben solle. Die Natur der Sache bringt es mit sich, weil zwei Großmächte nun einmal in Deutschland faktisch bestehen, keine der andern sich unterordnen würde, und daher beide nebeneinander mit gleicher Berechtigung wirken müssen. Dieses Bundeshaupt Deutschlands hätte die verantwortlichen Bundesminister zu ernennen, und nicht selbst, sondern nur durch sie die ausübende Mach t Dentschlan dö zu lenken. Würde der Fall eintreten, daß die 2 Personen sich in der Wahl der Bundesminister nicht vereinigen könnten, so wäre der Vicekönig beizuziehen und er hätte für die Meinung Einer der 2 Personen den Ausschlag zu geben. Das Bündesministerium hätte in Dresden seinen Sitz auszuschlagen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/109
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276755/109>, abgerufen am 26.12.2024.