Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.Aus Graz. Der Magistrat und seine Wirthschaft. -- Der fünfzehnte März, -- Zwei Petitionen. -- Ist kein Cicerua- chio da? -- Die Nationalversammlungen im Redoutcnsaal und Graf Wickenlmrg. -- Geschrei nach Waf¬ fen. -- Die Jesuiten in Gefahr. -- Der fnnsundzwaiiziaste März. -- Ein fchlgcschlagener VerhaftnngS- plan. -- Gelinde Anarchie. Leider mußten in Graz die so folgenreichen Ereignisse Wiens von einer Aufregung Aus Graz. Der Magistrat und seine Wirthschaft. — Der fünfzehnte März, — Zwei Petitionen. — Ist kein Cicerua- chio da? — Die Nationalversammlungen im Redoutcnsaal und Graf Wickenlmrg. — Geschrei nach Waf¬ fen. — Die Jesuiten in Gefahr. — Der fnnsundzwaiiziaste März. — Ein fchlgcschlagener VerhaftnngS- plan. — Gelinde Anarchie. Leider mußten in Graz die so folgenreichen Ereignisse Wiens von einer Aufregung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0065" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/276271"/> </div> <div n="1"> <head> Aus Graz.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="argument"> Der Magistrat und seine Wirthschaft. — Der fünfzehnte März, — Zwei Petitionen. — Ist kein Cicerua-<lb/> chio da? — Die Nationalversammlungen im Redoutcnsaal und Graf Wickenlmrg. — Geschrei nach Waf¬<lb/> fen. — Die Jesuiten in Gefahr. — Der fnnsundzwaiiziaste März. — Ein fchlgcschlagener VerhaftnngS-<lb/> plan. — Gelinde Anarchie.</note><lb/> <p xml:id="ID_205" next="#ID_206"> Leider mußten in Graz die so folgenreichen Ereignisse Wiens von einer Aufregung<lb/> und von Erscheinungen begleitet sein, welche die Freude über das Errungene verbitter¬<lb/> ten. — Bevormundung und Bcamtenallmacht hatten nirgends so traurige Früchte ge¬<lb/> tragen als in Graz. Der von der Regierung ernannte Magistrat in dem in seiner<lb/> vorigen Abhängigkeit ganz natürlichen Wunsche, höheren Orts gefällig zu sein, und<lb/> von einer ans diesem Wunsche erklärbaren Stadtverschönernngsmanie besessen, ökonomisirte<lb/> mit den Einkünften der Stadt im modernen Style, d. h. er arbeitete unter der väter¬<lb/> lichen Kuratel des Guberniums darauf hin, daß die Gemeindeanlagen sich von Jahr<lb/> zu Jahr vermehrten. Sie stiegen zuletzt auf die Summe von 190,000 Fi., eine<lb/> Summe, die beinahe zu unerschwinglich war sür eine Stadt mit cire-t 3000 Häusern,<lb/> deren Population im großen Durchschnitt wenigstens nicht wohlhabend ist; wo sich außer<lb/> einer Zucker-Raffinerie kein großartiges Etablissement befindet, wo daher Gelegenheit<lb/> zu reichlichem Erwerb nicht zu finden ist. Dennoch zeigte sich für das Verwaltungs¬<lb/> jahr 1848 ein Defizit von 30,000 Fi. C.-M. Unter den Mitteln, die vorgeschlagen<lb/> wurden, dem Uebelstande abzuhelfen, ergriff die Hofstelle nnter Verwerfung der in<lb/> Antrag gebrachten Hund- und Pflastcrsteucr gerade dasjenige, welches wegen seiner<lb/> Rückwirkung auf die zahlreiche Klasse der Armen die Gemüther am meisten erbittern<lb/> und voraussichtlich die Unzufriedenheit in den untersten Schichten verbreiten mußte.<lb/> Es wurde nämlich beliebt eine Miethsteuer pro. 2 Thlr. vom Gülden einzuführen,<lb/> welche, da Niemand, also auch nicht der Arme, ausgenommen schien, um so mehr die<lb/> tiefste Indignation erregen mußte, als der Arme dnrch ein schmähliches Stcmpelpatent<lb/> und durch die Verzehrungssteuer, deren Tarif die unentbehrlichen Lebensmittel viel<lb/> zu hoch besteuerte, ohnehin auf mehr als unbillige Weise zu den Staats- und Gemein¬<lb/> debedürfnissen beitragen mußte. Die neue Auslage hatte aber auch noch eine gefähr¬<lb/> lichere Wirkung, denn da die Bewohner durch die Art, wie mit dem Gemeindevermögen<lb/> gebährt wurde, auf das Empfindlichste gereizt wurden, so drohten viele ihre Beiträge<lb/> zum Armen-Verein einzustellen, und da dieser bisher die Commune in Versorgung<lb/> der Armen kräftig unterstützte, so war das Budget der Stadt in der Rubrik: „Armen-<lb/> betheilung" von einer die früheren Jahre übersteigenden Ausgabe, bedroht. Die Er¬<lb/> bitterung stieg von Tag zu Tag, und eine Veröffentlichung des Magistrats, worin nn¬<lb/> ter Darstellung des Standes der Einkünfte der Stadt und der zu bestreitenden Aus¬<lb/> lagen die Nothwendigkeit der neuen Auflage nachgewiesen wurde, machte, da sie xost</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0065]
Aus Graz.
Der Magistrat und seine Wirthschaft. — Der fünfzehnte März, — Zwei Petitionen. — Ist kein Cicerua-
chio da? — Die Nationalversammlungen im Redoutcnsaal und Graf Wickenlmrg. — Geschrei nach Waf¬
fen. — Die Jesuiten in Gefahr. — Der fnnsundzwaiiziaste März. — Ein fchlgcschlagener VerhaftnngS-
plan. — Gelinde Anarchie.
Leider mußten in Graz die so folgenreichen Ereignisse Wiens von einer Aufregung
und von Erscheinungen begleitet sein, welche die Freude über das Errungene verbitter¬
ten. — Bevormundung und Bcamtenallmacht hatten nirgends so traurige Früchte ge¬
tragen als in Graz. Der von der Regierung ernannte Magistrat in dem in seiner
vorigen Abhängigkeit ganz natürlichen Wunsche, höheren Orts gefällig zu sein, und
von einer ans diesem Wunsche erklärbaren Stadtverschönernngsmanie besessen, ökonomisirte
mit den Einkünften der Stadt im modernen Style, d. h. er arbeitete unter der väter¬
lichen Kuratel des Guberniums darauf hin, daß die Gemeindeanlagen sich von Jahr
zu Jahr vermehrten. Sie stiegen zuletzt auf die Summe von 190,000 Fi., eine
Summe, die beinahe zu unerschwinglich war sür eine Stadt mit cire-t 3000 Häusern,
deren Population im großen Durchschnitt wenigstens nicht wohlhabend ist; wo sich außer
einer Zucker-Raffinerie kein großartiges Etablissement befindet, wo daher Gelegenheit
zu reichlichem Erwerb nicht zu finden ist. Dennoch zeigte sich für das Verwaltungs¬
jahr 1848 ein Defizit von 30,000 Fi. C.-M. Unter den Mitteln, die vorgeschlagen
wurden, dem Uebelstande abzuhelfen, ergriff die Hofstelle nnter Verwerfung der in
Antrag gebrachten Hund- und Pflastcrsteucr gerade dasjenige, welches wegen seiner
Rückwirkung auf die zahlreiche Klasse der Armen die Gemüther am meisten erbittern
und voraussichtlich die Unzufriedenheit in den untersten Schichten verbreiten mußte.
Es wurde nämlich beliebt eine Miethsteuer pro. 2 Thlr. vom Gülden einzuführen,
welche, da Niemand, also auch nicht der Arme, ausgenommen schien, um so mehr die
tiefste Indignation erregen mußte, als der Arme dnrch ein schmähliches Stcmpelpatent
und durch die Verzehrungssteuer, deren Tarif die unentbehrlichen Lebensmittel viel
zu hoch besteuerte, ohnehin auf mehr als unbillige Weise zu den Staats- und Gemein¬
debedürfnissen beitragen mußte. Die neue Auslage hatte aber auch noch eine gefähr¬
lichere Wirkung, denn da die Bewohner durch die Art, wie mit dem Gemeindevermögen
gebährt wurde, auf das Empfindlichste gereizt wurden, so drohten viele ihre Beiträge
zum Armen-Verein einzustellen, und da dieser bisher die Commune in Versorgung
der Armen kräftig unterstützte, so war das Budget der Stadt in der Rubrik: „Armen-
betheilung" von einer die früheren Jahre übersteigenden Ausgabe, bedroht. Die Er¬
bitterung stieg von Tag zu Tag, und eine Veröffentlichung des Magistrats, worin nn¬
ter Darstellung des Standes der Einkünfte der Stadt und der zu bestreitenden Aus¬
lagen die Nothwendigkeit der neuen Auflage nachgewiesen wurde, machte, da sie xost
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