Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Punkte der Konstitution sollen erst dem Parlament, für welches noch keine kon¬
stitutionelle Wahlordnung besteht, zur Berathung überlassen werden: man ersteht
daraus, daß der Guß der östreichischen Konstitution noch nicht vollendet ist; noch
fehlt der Verfassung die vollendete Ausprägung.

Die Oeffentlichkeit der Parlamentssitzungen ist beschränkt. Auf den Antrag
von zehn Mitgliedern oder des Präsidenten wird die Kammer entscheiden, ob von
der Oeffentlichkeit der Verhandlungen eine Ausnahme gemacht werden soll. * Das
Reglement in Bezug aus die Geschäftsordnung werden sich die Kammern selbst
geben; bis dahin werden sie sich an ein Provisorium halten.

Vor der Proklamirung der Verfassung erhoben sich Stimmen in Oestreich gegen
das Zweikammersystem. Sie waren vereinzelt und fanden keine Berücksichtigung.
Oestreich will ein großes Kaiserreich bleiben, es will sich der Meinung, daß von
nun an blos die großen Nationen Großmächte sein werden, nicht anschließen,
es will in seiner exceptionellen Stellung bleiben: das Zweikammersystem in seiner
jetzigen Zusammenstellung kann ihm dies möglich machen. Die Partei in Oestreich,
welche noch die Vereinigung mit Deutschland, die Einheit Deutschlands auf ihr
Programm setzt, wird von jetzt an eine revolutionäre sein. Die Konstitution
läßt den Begriff der Kirche ganz unberücksichtigt und weist derselben keine be¬
stimmte Stellung an. Im Widerspruch damit scheinen die Gesetzespunkte hinsicht¬
lich der nichtkatholischen Konfessionen zu stehen. Voraussetzungen in Betreff der
katholischen Kirche kommen nirgends vor.


'Acinrich Schindler.


Punkte der Konstitution sollen erst dem Parlament, für welches noch keine kon¬
stitutionelle Wahlordnung besteht, zur Berathung überlassen werden: man ersteht
daraus, daß der Guß der östreichischen Konstitution noch nicht vollendet ist; noch
fehlt der Verfassung die vollendete Ausprägung.

Die Oeffentlichkeit der Parlamentssitzungen ist beschränkt. Auf den Antrag
von zehn Mitgliedern oder des Präsidenten wird die Kammer entscheiden, ob von
der Oeffentlichkeit der Verhandlungen eine Ausnahme gemacht werden soll. * Das
Reglement in Bezug aus die Geschäftsordnung werden sich die Kammern selbst
geben; bis dahin werden sie sich an ein Provisorium halten.

Vor der Proklamirung der Verfassung erhoben sich Stimmen in Oestreich gegen
das Zweikammersystem. Sie waren vereinzelt und fanden keine Berücksichtigung.
Oestreich will ein großes Kaiserreich bleiben, es will sich der Meinung, daß von
nun an blos die großen Nationen Großmächte sein werden, nicht anschließen,
es will in seiner exceptionellen Stellung bleiben: das Zweikammersystem in seiner
jetzigen Zusammenstellung kann ihm dies möglich machen. Die Partei in Oestreich,
welche noch die Vereinigung mit Deutschland, die Einheit Deutschlands auf ihr
Programm setzt, wird von jetzt an eine revolutionäre sein. Die Konstitution
läßt den Begriff der Kirche ganz unberücksichtigt und weist derselben keine be¬
stimmte Stellung an. Im Widerspruch damit scheinen die Gesetzespunkte hinsicht¬
lich der nichtkatholischen Konfessionen zu stehen. Voraussetzungen in Betreff der
katholischen Kirche kommen nirgends vor.


'Acinrich Schindler.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0188" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/276394"/>
          <p xml:id="ID_630" prev="#ID_629"> Punkte der Konstitution sollen erst dem Parlament, für welches noch keine kon¬<lb/>
stitutionelle Wahlordnung besteht, zur Berathung überlassen werden: man ersteht<lb/>
daraus, daß der Guß der östreichischen Konstitution noch nicht vollendet ist; noch<lb/>
fehlt der Verfassung die vollendete Ausprägung.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_631"> Die Oeffentlichkeit der Parlamentssitzungen ist beschränkt. Auf den Antrag<lb/>
von zehn Mitgliedern oder des Präsidenten wird die Kammer entscheiden, ob von<lb/>
der Oeffentlichkeit der Verhandlungen eine Ausnahme gemacht werden soll. * Das<lb/>
Reglement in Bezug aus die Geschäftsordnung werden sich die Kammern selbst<lb/>
geben; bis dahin werden sie sich an ein Provisorium halten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_632"> Vor der Proklamirung der Verfassung erhoben sich Stimmen in Oestreich gegen<lb/>
das Zweikammersystem. Sie waren vereinzelt und fanden keine Berücksichtigung.<lb/>
Oestreich will ein großes Kaiserreich bleiben, es will sich der Meinung, daß von<lb/>
nun an blos die großen Nationen Großmächte sein werden, nicht anschließen,<lb/>
es will in seiner exceptionellen Stellung bleiben: das Zweikammersystem in seiner<lb/>
jetzigen Zusammenstellung kann ihm dies möglich machen. Die Partei in Oestreich,<lb/>
welche noch die Vereinigung mit Deutschland, die Einheit Deutschlands auf ihr<lb/>
Programm setzt, wird von jetzt an eine revolutionäre sein. Die Konstitution<lb/>
läßt den Begriff der Kirche ganz unberücksichtigt und weist derselben keine be¬<lb/>
stimmte Stellung an. Im Widerspruch damit scheinen die Gesetzespunkte hinsicht¬<lb/>
lich der nichtkatholischen Konfessionen zu stehen. Voraussetzungen in Betreff der<lb/>
katholischen Kirche kommen nirgends vor.</p><lb/>
          <note type="byline"> 'Acinrich Schindler.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0188] Punkte der Konstitution sollen erst dem Parlament, für welches noch keine kon¬ stitutionelle Wahlordnung besteht, zur Berathung überlassen werden: man ersteht daraus, daß der Guß der östreichischen Konstitution noch nicht vollendet ist; noch fehlt der Verfassung die vollendete Ausprägung. Die Oeffentlichkeit der Parlamentssitzungen ist beschränkt. Auf den Antrag von zehn Mitgliedern oder des Präsidenten wird die Kammer entscheiden, ob von der Oeffentlichkeit der Verhandlungen eine Ausnahme gemacht werden soll. * Das Reglement in Bezug aus die Geschäftsordnung werden sich die Kammern selbst geben; bis dahin werden sie sich an ein Provisorium halten. Vor der Proklamirung der Verfassung erhoben sich Stimmen in Oestreich gegen das Zweikammersystem. Sie waren vereinzelt und fanden keine Berücksichtigung. Oestreich will ein großes Kaiserreich bleiben, es will sich der Meinung, daß von nun an blos die großen Nationen Großmächte sein werden, nicht anschließen, es will in seiner exceptionellen Stellung bleiben: das Zweikammersystem in seiner jetzigen Zusammenstellung kann ihm dies möglich machen. Die Partei in Oestreich, welche noch die Vereinigung mit Deutschland, die Einheit Deutschlands auf ihr Programm setzt, wird von jetzt an eine revolutionäre sein. Die Konstitution läßt den Begriff der Kirche ganz unberücksichtigt und weist derselben keine be¬ stimmte Stellung an. Im Widerspruch damit scheinen die Gesetzespunkte hinsicht¬ lich der nichtkatholischen Konfessionen zu stehen. Voraussetzungen in Betreff der katholischen Kirche kommen nirgends vor. 'Acinrich Schindler.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/188
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_276205/188>, abgerufen am 29.06.2024.