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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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zudrehen und der großen Mehrheit der Denksäulen und Jochverliebten die
Rückseite als die Vorderseite hinzuhalten und Flink- und Stückwerk als die
schönste Stickerei zu verkaufen." Aber von den Habsburger" geht es wieder
auf die Babenberger, ja auf die Hohenstaufen, von den ständischen Ueber¬
griffen auf genealogische Spielereien. Ein Lob der hormayr'schen Schriften
und Aehnliches wird eingeflochten. Eine Charakteristik Sonnenfels' gibt
schätzbare Beiträge für die Kenntniß dieses für Oesterreich so wichtigen Po^
litikerö. Die Wirksamkeit der Regierung für das Unterrichtswesen, die
Schattenseiten derselben, die Tendenzen zu einer Academie werden ausführlich
besprochen, die verschiedenen Zweige der österreichischen Gelehrsamkeit -- oft
freilich nur in einer Nomenclatur -- aufgezählt.

Die XI. Abhandlung beschäftigt sich mit der bairischen Geschichte, wo
im Gegensatz zu Oesterreich alles Licht ist, Ehre und Rechtschaffenheit. Die
Parteilichkeit des Verfassers erstreckt sich sogar auf die Rechtsansprüche der
beiden Dynastien, auf die Schilderung von mittelalterlichen Persönlichkeiten.
Fortwährende scheele Seitenblicke ans Oesterreich zeigen wenigstens deutlich
genug die Sympathien, mit welchen der Verf. an seine Arbeit ging, und
daß diese auf die Darstellung unendlich influiren, wird wohl auch der
uicht leugnen, welcher eine wissentliche Tendenz in diesem Sinne bei
Hormayr (denn daß er der Verfasser der Anemonen ist, darf ich wohl als
allgemein bekannt voraussetzen), uicht finden will. Die Arrondationsvcrsuche
des österreichischen Hauses -- so natürlich in jener Zeit macchiavellistischer
Politik -- werden als Majestätsbeleidigungen gegen das ewige Prinzip der
Gerechtigkeit proclamirt. Neben Baiern wird auch Würtemberg in diesen
Kreis der österreichischen Usurpationen hineingezogen. Im bairischen Erb-
folgekrieg und bei der Bildung des Fürstenbundes wird daher Friedrich der
Große als Heros des Rechts gepriesen. Auch jener kleine Krieg, so wie
die Verhandlungen mit Nußland werden ausführlich und urkundlich darge¬
stellt. "Die Ergebnisse des Teschner Friedens waren unstreitig ruhmvoll
für Preußen, ehrenvoll und glücklich für das deutsche Gesammtvaterlaud
(!Als ob dieses irgendwie bei jenen dynastischen Streitigkeiten betheiligt ge¬
wesen wäre!): -- diesem, dem armen Reiche (d. h. den großen Landesfürsten),
hatte diesmal Gefahr des Besitzstandes und der Verfassung von der Seite
gedroht, die zu dessen Schutz und Schirm verpflichtet gewesen wäre." Eine
zweite, wohlverdiente Lobrede ans Maria Theresia macht einen erfreulichem
Eindruck. --

Auch dieser Band ist von einer großen Sammlung genealogischer Ta¬
bellen begleitet, die man anderwärts eben so findet.


zudrehen und der großen Mehrheit der Denksäulen und Jochverliebten die
Rückseite als die Vorderseite hinzuhalten und Flink- und Stückwerk als die
schönste Stickerei zu verkaufen." Aber von den Habsburger» geht es wieder
auf die Babenberger, ja auf die Hohenstaufen, von den ständischen Ueber¬
griffen auf genealogische Spielereien. Ein Lob der hormayr'schen Schriften
und Aehnliches wird eingeflochten. Eine Charakteristik Sonnenfels' gibt
schätzbare Beiträge für die Kenntniß dieses für Oesterreich so wichtigen Po^
litikerö. Die Wirksamkeit der Regierung für das Unterrichtswesen, die
Schattenseiten derselben, die Tendenzen zu einer Academie werden ausführlich
besprochen, die verschiedenen Zweige der österreichischen Gelehrsamkeit — oft
freilich nur in einer Nomenclatur — aufgezählt.

Die XI. Abhandlung beschäftigt sich mit der bairischen Geschichte, wo
im Gegensatz zu Oesterreich alles Licht ist, Ehre und Rechtschaffenheit. Die
Parteilichkeit des Verfassers erstreckt sich sogar auf die Rechtsansprüche der
beiden Dynastien, auf die Schilderung von mittelalterlichen Persönlichkeiten.
Fortwährende scheele Seitenblicke ans Oesterreich zeigen wenigstens deutlich
genug die Sympathien, mit welchen der Verf. an seine Arbeit ging, und
daß diese auf die Darstellung unendlich influiren, wird wohl auch der
uicht leugnen, welcher eine wissentliche Tendenz in diesem Sinne bei
Hormayr (denn daß er der Verfasser der Anemonen ist, darf ich wohl als
allgemein bekannt voraussetzen), uicht finden will. Die Arrondationsvcrsuche
des österreichischen Hauses — so natürlich in jener Zeit macchiavellistischer
Politik — werden als Majestätsbeleidigungen gegen das ewige Prinzip der
Gerechtigkeit proclamirt. Neben Baiern wird auch Würtemberg in diesen
Kreis der österreichischen Usurpationen hineingezogen. Im bairischen Erb-
folgekrieg und bei der Bildung des Fürstenbundes wird daher Friedrich der
Große als Heros des Rechts gepriesen. Auch jener kleine Krieg, so wie
die Verhandlungen mit Nußland werden ausführlich und urkundlich darge¬
stellt. „Die Ergebnisse des Teschner Friedens waren unstreitig ruhmvoll
für Preußen, ehrenvoll und glücklich für das deutsche Gesammtvaterlaud
(!Als ob dieses irgendwie bei jenen dynastischen Streitigkeiten betheiligt ge¬
wesen wäre!): — diesem, dem armen Reiche (d. h. den großen Landesfürsten),
hatte diesmal Gefahr des Besitzstandes und der Verfassung von der Seite
gedroht, die zu dessen Schutz und Schirm verpflichtet gewesen wäre." Eine
zweite, wohlverdiente Lobrede ans Maria Theresia macht einen erfreulichem
Eindruck. —

Auch dieser Band ist von einer großen Sammlung genealogischer Ta¬
bellen begleitet, die man anderwärts eben so findet.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/83>, abgerufen am 27.07.2024.