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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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Macht wie eine "Blase," die nicht in sich selbst, sondern nur in den Verhältnissen
ihre Existenz hatte. -- Das Stück wurde hier zum ersten Male gegeben, und man
amüsirte sich herzlich über die wohlbekannten politischen Schlagwörter. -- DaS
weibliche Personal der. Hofbühne, außer Frl. Bayer (und Frl. Berg) scheint nnter
dein Niveau der Mittelmäßigkeit zu stehn, und überhaupt dürfte das Schauspiel
im Ganzen mit dem Berliner nicht zu vergleichen sein, wo doch eine Reihe aus¬
gezeichneter komischer Darsteller, von Döring an bis auf Gern, den vereinzelten
Bemühungen den Dresdnern entgegenzuhalten sind.

In Gesellschaften hörte ich viel und heftig über Gutzkow klagen, von dem
man beim Antritt seiner neuen Stellung große Erwartungen hegte und der auch
nicht die geringsten erfüllt habe" soll. Mau behauptet, er verdränge die classi¬
schen Stücke, er habe die Aufführung einiger neuern verspätet und in der Vor¬
führung einiger Gäste große Mißgriffe und Ungeschicklichkeiten begangen. Ich bin
kein Bewunderer Gutzkow's, aber ich kauu uicht glauben, daß ein Manu vou Geist
so handgreifliche Betisen sich zu Schulden kommen lassen wird. Man müßte ihn
selber hören, um ein uupartheuscheS Urtheil fällen zu können. Ich fand die allge¬
meine Meinung über ihn zu leidenschaftlich, um ihr Unparteilichkeit zugestehen zu
können. Die Correspondenzen über das Dresdner Theater in der deutschen allge¬
meinen Zeitung sollen aus seiner Feder herrühren. Ich sehe nichts Arges darin.
Wenn in Frankreich und England Minister und Staatsmänner in den öffentlichen
Organen ihre Verwaltungsweise vertheidigen, warum son ein Schriftsteller, dessen
natürliche Waffe die Feder ist, uicht das Wort für sich nehmen dürfen? Daß es
anonym geschieht, thut hier nichts zur Sache, da es sich blos um die Idee und
nicht um einen Namen handelt. Ilebrigens scheint es, daß Gujzkow seine Drama¬
turgenstelle nicht lange mehr behaupten und zu behaupte" Lust haben wird. ---
In meinem nächsten Briefe ein Mehreres. --




Macht wie eine „Blase," die nicht in sich selbst, sondern nur in den Verhältnissen
ihre Existenz hatte. — Das Stück wurde hier zum ersten Male gegeben, und man
amüsirte sich herzlich über die wohlbekannten politischen Schlagwörter. — DaS
weibliche Personal der. Hofbühne, außer Frl. Bayer (und Frl. Berg) scheint nnter
dein Niveau der Mittelmäßigkeit zu stehn, und überhaupt dürfte das Schauspiel
im Ganzen mit dem Berliner nicht zu vergleichen sein, wo doch eine Reihe aus¬
gezeichneter komischer Darsteller, von Döring an bis auf Gern, den vereinzelten
Bemühungen den Dresdnern entgegenzuhalten sind.

In Gesellschaften hörte ich viel und heftig über Gutzkow klagen, von dem
man beim Antritt seiner neuen Stellung große Erwartungen hegte und der auch
nicht die geringsten erfüllt habe» soll. Mau behauptet, er verdränge die classi¬
schen Stücke, er habe die Aufführung einiger neuern verspätet und in der Vor¬
führung einiger Gäste große Mißgriffe und Ungeschicklichkeiten begangen. Ich bin
kein Bewunderer Gutzkow's, aber ich kauu uicht glauben, daß ein Manu vou Geist
so handgreifliche Betisen sich zu Schulden kommen lassen wird. Man müßte ihn
selber hören, um ein uupartheuscheS Urtheil fällen zu können. Ich fand die allge¬
meine Meinung über ihn zu leidenschaftlich, um ihr Unparteilichkeit zugestehen zu
können. Die Correspondenzen über das Dresdner Theater in der deutschen allge¬
meinen Zeitung sollen aus seiner Feder herrühren. Ich sehe nichts Arges darin.
Wenn in Frankreich und England Minister und Staatsmänner in den öffentlichen
Organen ihre Verwaltungsweise vertheidigen, warum son ein Schriftsteller, dessen
natürliche Waffe die Feder ist, uicht das Wort für sich nehmen dürfen? Daß es
anonym geschieht, thut hier nichts zur Sache, da es sich blos um die Idee und
nicht um einen Namen handelt. Ilebrigens scheint es, daß Gujzkow seine Drama¬
turgenstelle nicht lange mehr behaupten und zu behaupte« Lust haben wird. —-
In meinem nächsten Briefe ein Mehreres. —




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[0528] Macht wie eine „Blase," die nicht in sich selbst, sondern nur in den Verhältnissen ihre Existenz hatte. — Das Stück wurde hier zum ersten Male gegeben, und man amüsirte sich herzlich über die wohlbekannten politischen Schlagwörter. — DaS weibliche Personal der. Hofbühne, außer Frl. Bayer (und Frl. Berg) scheint nnter dein Niveau der Mittelmäßigkeit zu stehn, und überhaupt dürfte das Schauspiel im Ganzen mit dem Berliner nicht zu vergleichen sein, wo doch eine Reihe aus¬ gezeichneter komischer Darsteller, von Döring an bis auf Gern, den vereinzelten Bemühungen den Dresdnern entgegenzuhalten sind. In Gesellschaften hörte ich viel und heftig über Gutzkow klagen, von dem man beim Antritt seiner neuen Stellung große Erwartungen hegte und der auch nicht die geringsten erfüllt habe» soll. Mau behauptet, er verdränge die classi¬ schen Stücke, er habe die Aufführung einiger neuern verspätet und in der Vor¬ führung einiger Gäste große Mißgriffe und Ungeschicklichkeiten begangen. Ich bin kein Bewunderer Gutzkow's, aber ich kauu uicht glauben, daß ein Manu vou Geist so handgreifliche Betisen sich zu Schulden kommen lassen wird. Man müßte ihn selber hören, um ein uupartheuscheS Urtheil fällen zu können. Ich fand die allge¬ meine Meinung über ihn zu leidenschaftlich, um ihr Unparteilichkeit zugestehen zu können. Die Correspondenzen über das Dresdner Theater in der deutschen allge¬ meinen Zeitung sollen aus seiner Feder herrühren. Ich sehe nichts Arges darin. Wenn in Frankreich und England Minister und Staatsmänner in den öffentlichen Organen ihre Verwaltungsweise vertheidigen, warum son ein Schriftsteller, dessen natürliche Waffe die Feder ist, uicht das Wort für sich nehmen dürfen? Daß es anonym geschieht, thut hier nichts zur Sache, da es sich blos um die Idee und nicht um einen Namen handelt. Ilebrigens scheint es, daß Gujzkow seine Drama¬ turgenstelle nicht lange mehr behaupten und zu behaupte« Lust haben wird. —- In meinem nächsten Briefe ein Mehreres. —

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/528>, abgerufen am 01.09.2024.