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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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Almanachen versehen, höchstens daß hier und da eine zierliche Cot-
ta'sche Miniatur-Ausgabe einer unserer beliebtesten Dichter darunter zu finden
ist. "I^i"""!l-"z U<nu8w," "lüuilleul', I'-Ment', (?oidonnier als t'fils" steht
man fast an allen Schildern. Anders in Heidelberg; man spürt schon der äußern
Ausstattung der Läden an, daß sie größteutheils für Studenten berechnet sind.
Bunde Korpsmützen in alle" Farben des Regenbogens, weite faltige Pantalons,
blos mit einer Schnur zum Umgürten, blitzende Rappiere, zierlich gemalte
Pfeifen mit großmächtigen Wappen, lange Wcichselröhre, kurz ähnliche Sachen
findet man fast ein Hans um das andere. Modewaarenlager und ähnliche
Laden hingegen sind sehr spärlich zerstreut und haben, besonders was den Damen¬
putz anbelangt, lange nicht die Auswahl wie die zu Baden-Baden. In den Buch¬
handlungen, die in großer Zahl vorhanden sind, findet man Wangerow's Pandek-
ten, Mittermaier's Kriminalrecht, kurz streng wissenschaftliche Bücher aller Art in
starker Ueberzahl.

Ebenso ist auch das Leben und Treiben auf den Gassen selbst verschieden. --
In Baden sieht mau- im Winter fast Niemanden oder doch nnr einzelne Bürger,
während im Sommer elegante Damen aller Nationen, zierlich nach der neuesten
Mode gekleidete Dandy's, oder auch zahlreiche Dienerschaft in allen möglichen
geschmackvollen Livreen, sie anfüllen. In Heidelberg dagegen sind außer der Fe¬
rienzeit die meisten Leute auf den Straßen Studenten.

Die kleine farbige Mütze auf dem Kopf, der Anzug so leicht und bequem
wie möglich, ohne dabei gerade viel die Herrschaft der Mode anzuerkennen, die
brennende Pfeife oder Cigarre im Munde, wandeln sie oft in langen Reihen müs¬
sig umher. Sie sind die Herrscher der Gassen, der Bürger weicht ihnen beschei¬
den aus dein Wege, die Dame macht lieber eiuen weiten Bogen, als daß sie so
einem großen Trupp derselben begegnet. Doch ist Heidelberg auch im Sommer
sonst uoch von durchreisenden Fremden aller Nationen stark besucht und eben so
wie in Baden kann man alle Zungen der Welt dort hören, die Repräsentanten
der verschiedensten Nationen erblicken.

Was die Stadt selbst betrifft, so ist Heidelberg fast doppelt so groß als
Baden und hat ein viel großstädtischeres Aeußeres wie jenes. Baden besitzt viele
ansehnliche Hütels von solcher Räumlichkeit und dabei geschmackvoller Bauart, wie
mau sie uur in irgend einer europäischen Hauptstadt finden wird, und mehrere ge¬
schmackvolle Villa's in und um den Ort, ist sonst aber nur eine ziemlich unan¬
sehnliche Bergstadt mit größteutheils engen krummen Gassen, die bergauf und
bergab gehen und niedern, häßlichen Häusern. Heidelberg ist aber eine ganz hübsche
Stadt, dessen Hauptstraße und Markt besonders ein stattliches Ansehen haben und
sehr an viel bedeutendere Orte erinnern. Dazu hat Heidelberg etwas Handel,
besonders auf dem Neckar, und hie und da säugt auch einige, wenn auch unbe¬
deutende Fabrikthätigkeit an sich zu regen, was Alles Baden gänzlich abgeht, denn


Almanachen versehen, höchstens daß hier und da eine zierliche Cot-
ta'sche Miniatur-Ausgabe einer unserer beliebtesten Dichter darunter zu finden
ist. „I^i»»«!l-«z U<nu8w," „lüuilleul', I'-Ment', (?oidonnier als t'fils" steht
man fast an allen Schildern. Anders in Heidelberg; man spürt schon der äußern
Ausstattung der Läden an, daß sie größteutheils für Studenten berechnet sind.
Bunde Korpsmützen in alle» Farben des Regenbogens, weite faltige Pantalons,
blos mit einer Schnur zum Umgürten, blitzende Rappiere, zierlich gemalte
Pfeifen mit großmächtigen Wappen, lange Wcichselröhre, kurz ähnliche Sachen
findet man fast ein Hans um das andere. Modewaarenlager und ähnliche
Laden hingegen sind sehr spärlich zerstreut und haben, besonders was den Damen¬
putz anbelangt, lange nicht die Auswahl wie die zu Baden-Baden. In den Buch¬
handlungen, die in großer Zahl vorhanden sind, findet man Wangerow's Pandek-
ten, Mittermaier's Kriminalrecht, kurz streng wissenschaftliche Bücher aller Art in
starker Ueberzahl.

Ebenso ist auch das Leben und Treiben auf den Gassen selbst verschieden. —
In Baden sieht mau- im Winter fast Niemanden oder doch nnr einzelne Bürger,
während im Sommer elegante Damen aller Nationen, zierlich nach der neuesten
Mode gekleidete Dandy's, oder auch zahlreiche Dienerschaft in allen möglichen
geschmackvollen Livreen, sie anfüllen. In Heidelberg dagegen sind außer der Fe¬
rienzeit die meisten Leute auf den Straßen Studenten.

Die kleine farbige Mütze auf dem Kopf, der Anzug so leicht und bequem
wie möglich, ohne dabei gerade viel die Herrschaft der Mode anzuerkennen, die
brennende Pfeife oder Cigarre im Munde, wandeln sie oft in langen Reihen müs¬
sig umher. Sie sind die Herrscher der Gassen, der Bürger weicht ihnen beschei¬
den aus dein Wege, die Dame macht lieber eiuen weiten Bogen, als daß sie so
einem großen Trupp derselben begegnet. Doch ist Heidelberg auch im Sommer
sonst uoch von durchreisenden Fremden aller Nationen stark besucht und eben so
wie in Baden kann man alle Zungen der Welt dort hören, die Repräsentanten
der verschiedensten Nationen erblicken.

Was die Stadt selbst betrifft, so ist Heidelberg fast doppelt so groß als
Baden und hat ein viel großstädtischeres Aeußeres wie jenes. Baden besitzt viele
ansehnliche Hütels von solcher Räumlichkeit und dabei geschmackvoller Bauart, wie
mau sie uur in irgend einer europäischen Hauptstadt finden wird, und mehrere ge¬
schmackvolle Villa's in und um den Ort, ist sonst aber nur eine ziemlich unan¬
sehnliche Bergstadt mit größteutheils engen krummen Gassen, die bergauf und
bergab gehen und niedern, häßlichen Häusern. Heidelberg ist aber eine ganz hübsche
Stadt, dessen Hauptstraße und Markt besonders ein stattliches Ansehen haben und
sehr an viel bedeutendere Orte erinnern. Dazu hat Heidelberg etwas Handel,
besonders auf dem Neckar, und hie und da säugt auch einige, wenn auch unbe¬
deutende Fabrikthätigkeit an sich zu regen, was Alles Baden gänzlich abgeht, denn


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[0480] Almanachen versehen, höchstens daß hier und da eine zierliche Cot- ta'sche Miniatur-Ausgabe einer unserer beliebtesten Dichter darunter zu finden ist. „I^i»»«!l-«z U<nu8w," „lüuilleul', I'-Ment', (?oidonnier als t'fils" steht man fast an allen Schildern. Anders in Heidelberg; man spürt schon der äußern Ausstattung der Läden an, daß sie größteutheils für Studenten berechnet sind. Bunde Korpsmützen in alle» Farben des Regenbogens, weite faltige Pantalons, blos mit einer Schnur zum Umgürten, blitzende Rappiere, zierlich gemalte Pfeifen mit großmächtigen Wappen, lange Wcichselröhre, kurz ähnliche Sachen findet man fast ein Hans um das andere. Modewaarenlager und ähnliche Laden hingegen sind sehr spärlich zerstreut und haben, besonders was den Damen¬ putz anbelangt, lange nicht die Auswahl wie die zu Baden-Baden. In den Buch¬ handlungen, die in großer Zahl vorhanden sind, findet man Wangerow's Pandek- ten, Mittermaier's Kriminalrecht, kurz streng wissenschaftliche Bücher aller Art in starker Ueberzahl. Ebenso ist auch das Leben und Treiben auf den Gassen selbst verschieden. — In Baden sieht mau- im Winter fast Niemanden oder doch nnr einzelne Bürger, während im Sommer elegante Damen aller Nationen, zierlich nach der neuesten Mode gekleidete Dandy's, oder auch zahlreiche Dienerschaft in allen möglichen geschmackvollen Livreen, sie anfüllen. In Heidelberg dagegen sind außer der Fe¬ rienzeit die meisten Leute auf den Straßen Studenten. Die kleine farbige Mütze auf dem Kopf, der Anzug so leicht und bequem wie möglich, ohne dabei gerade viel die Herrschaft der Mode anzuerkennen, die brennende Pfeife oder Cigarre im Munde, wandeln sie oft in langen Reihen müs¬ sig umher. Sie sind die Herrscher der Gassen, der Bürger weicht ihnen beschei¬ den aus dein Wege, die Dame macht lieber eiuen weiten Bogen, als daß sie so einem großen Trupp derselben begegnet. Doch ist Heidelberg auch im Sommer sonst uoch von durchreisenden Fremden aller Nationen stark besucht und eben so wie in Baden kann man alle Zungen der Welt dort hören, die Repräsentanten der verschiedensten Nationen erblicken. Was die Stadt selbst betrifft, so ist Heidelberg fast doppelt so groß als Baden und hat ein viel großstädtischeres Aeußeres wie jenes. Baden besitzt viele ansehnliche Hütels von solcher Räumlichkeit und dabei geschmackvoller Bauart, wie mau sie uur in irgend einer europäischen Hauptstadt finden wird, und mehrere ge¬ schmackvolle Villa's in und um den Ort, ist sonst aber nur eine ziemlich unan¬ sehnliche Bergstadt mit größteutheils engen krummen Gassen, die bergauf und bergab gehen und niedern, häßlichen Häusern. Heidelberg ist aber eine ganz hübsche Stadt, dessen Hauptstraße und Markt besonders ein stattliches Ansehen haben und sehr an viel bedeutendere Orte erinnern. Dazu hat Heidelberg etwas Handel, besonders auf dem Neckar, und hie und da säugt auch einige, wenn auch unbe¬ deutende Fabrikthätigkeit an sich zu regen, was Alles Baden gänzlich abgeht, denn

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/480>, abgerufen am 28.07.2024.