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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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Außer dem Lcmdtagsdirectvr waren 26 Votanten erschiene", und unter diesen
drei Prälaten, so wie die vier (k. k.) Beamten des (k. k.) Prager Magistrates als
Repräsentanten von Böhmens freiem Bürgerstand.

Der Schlußantrag der Stände war bereits, wie gewöhnlich, vom Kanzlei-
directvr, als Landtagssecretär, nach Angabe und nach Rücksprache mit dem Land-
tagsdirectvr entworfen und ebenfalls, wie gewöhnlich, mit vielem Talente verfaßt,
dessen ungeachtet aber nicht im Stande, das gewünschte Ziel zu erreichen.

Dieser Entwurf schilderte in seinem Eingange, wie die Stände bei ihrer
früheren Weigerung uicht nur nach ihrem vollen Rechte, soudern auch nach ihrer
Pflicht gehandelt hätten, schloß aber merkwürdigerweise damit, daß sie (ob "des¬
halb" oder "dessenungeachtet" war nicht berührt,) den Willen Sr. Maj.
zur Kenntniß nehmend die ganze Postulatssnmme treuwillfährigst übernehmen wür¬
den, sich aber über das, was Se. Maj. als unstatthaft erklärt habe, ent¬
schuldigen müßten.

Hierauf erhoben sich nun nacheinander eilf Redner, von welchen der zweite
(ein Landesoffizier), der zehnte (ein Mitglied des Herrcnstaudes) und der eilfte (der
Prager Bürgermeister) für die Steuerüberuahme, die anderen acht gegen dieselbe
sprachen.

Die Rede des Landesvfsiziers war ein Seitenstück zu dem erwähnten Ent¬
Wurfe deö Kauzleidirectors, nur im Eingange, so wie im Schlüsse noch emphati¬
scher, demnach im Ganzen auch sich selbst um so widersprechender. Diese Wider¬
sprüche wurden im Laufe der Debatte klar aufgedeckt und der Herr Landesoffizier
deshalb hart mitgenommen.

Das Mitglied der Herrencurie, welches diesmal für die Steuerüberuahme, so
wie bei allen anderen Gelegenheiten für alle Negierungsanfordernngen vorkämpft
(jedoch erst seit kurzem), hatte wenig Glück, und auch der pathetische Anruf an
die Loyalität der Stände gegen den König scheiterte an der nüchternen Gegen¬
erklärung, man habe eine viel zu hohe Meinung vou der Gerechtigkeitsliebe des
Monarchen, um je zugeben zu können, daß dieser, in einem den Steuerpflichtigen
von den Ständen zugefügten Unrecht, eiuen Akt der Loyalität gegen seine Person
finden könne.

Auch dem Prager Bürgermeister") ward kein besseres Loos. Er übersah



Lande für dos Verwaltungsjahr 1848 geforderten Steucrsumme zu beharren finden. Insofern
aber die Stände hinsichtlich der Art der Rcpartitivn jener Kosten Einwendungen zu machen
haben, habt Ihr sie auf unsere allerhöchste Entschließung vom 8. Juli 1845 zu verweisen, in
Folge welcher es ihnen zugestanden wäre und noch zusteht, die ihrer Meinung nach ent¬
sprechenden Bertheilungsmodalitätcn, jedoch abgesondert von der Postulatenerklä-
rung, in Antrag zu bringen, wobei wir uns vorsehen, daß die Stände nun ohne allem wei¬
teren Verzug zur bereitwilligen Annahme des geforderten Stcucrpostulatcs, so wie zur Revar-
tition der Steuerquote, somit auch zu dem Schluß des Landtags schreiten werden."
*) Bei dieser Gelegenheit muß ich Ihnen bemerken, daß Herr Ritter von Müller sich qu"

Außer dem Lcmdtagsdirectvr waren 26 Votanten erschiene«, und unter diesen
drei Prälaten, so wie die vier (k. k.) Beamten des (k. k.) Prager Magistrates als
Repräsentanten von Böhmens freiem Bürgerstand.

Der Schlußantrag der Stände war bereits, wie gewöhnlich, vom Kanzlei-
directvr, als Landtagssecretär, nach Angabe und nach Rücksprache mit dem Land-
tagsdirectvr entworfen und ebenfalls, wie gewöhnlich, mit vielem Talente verfaßt,
dessen ungeachtet aber nicht im Stande, das gewünschte Ziel zu erreichen.

Dieser Entwurf schilderte in seinem Eingange, wie die Stände bei ihrer
früheren Weigerung uicht nur nach ihrem vollen Rechte, soudern auch nach ihrer
Pflicht gehandelt hätten, schloß aber merkwürdigerweise damit, daß sie (ob „des¬
halb" oder „dessenungeachtet" war nicht berührt,) den Willen Sr. Maj.
zur Kenntniß nehmend die ganze Postulatssnmme treuwillfährigst übernehmen wür¬
den, sich aber über das, was Se. Maj. als unstatthaft erklärt habe, ent¬
schuldigen müßten.

Hierauf erhoben sich nun nacheinander eilf Redner, von welchen der zweite
(ein Landesoffizier), der zehnte (ein Mitglied des Herrcnstaudes) und der eilfte (der
Prager Bürgermeister) für die Steuerüberuahme, die anderen acht gegen dieselbe
sprachen.

Die Rede des Landesvfsiziers war ein Seitenstück zu dem erwähnten Ent¬
Wurfe deö Kauzleidirectors, nur im Eingange, so wie im Schlüsse noch emphati¬
scher, demnach im Ganzen auch sich selbst um so widersprechender. Diese Wider¬
sprüche wurden im Laufe der Debatte klar aufgedeckt und der Herr Landesoffizier
deshalb hart mitgenommen.

Das Mitglied der Herrencurie, welches diesmal für die Steuerüberuahme, so
wie bei allen anderen Gelegenheiten für alle Negierungsanfordernngen vorkämpft
(jedoch erst seit kurzem), hatte wenig Glück, und auch der pathetische Anruf an
die Loyalität der Stände gegen den König scheiterte an der nüchternen Gegen¬
erklärung, man habe eine viel zu hohe Meinung vou der Gerechtigkeitsliebe des
Monarchen, um je zugeben zu können, daß dieser, in einem den Steuerpflichtigen
von den Ständen zugefügten Unrecht, eiuen Akt der Loyalität gegen seine Person
finden könne.

Auch dem Prager Bürgermeister") ward kein besseres Loos. Er übersah



Lande für dos Verwaltungsjahr 1848 geforderten Steucrsumme zu beharren finden. Insofern
aber die Stände hinsichtlich der Art der Rcpartitivn jener Kosten Einwendungen zu machen
haben, habt Ihr sie auf unsere allerhöchste Entschließung vom 8. Juli 1845 zu verweisen, in
Folge welcher es ihnen zugestanden wäre und noch zusteht, die ihrer Meinung nach ent¬
sprechenden Bertheilungsmodalitätcn, jedoch abgesondert von der Postulatenerklä-
rung, in Antrag zu bringen, wobei wir uns vorsehen, daß die Stände nun ohne allem wei¬
teren Verzug zur bereitwilligen Annahme des geforderten Stcucrpostulatcs, so wie zur Revar-
tition der Steuerquote, somit auch zu dem Schluß des Landtags schreiten werden."
*) Bei dieser Gelegenheit muß ich Ihnen bemerken, daß Herr Ritter von Müller sich qu»
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[0457] Außer dem Lcmdtagsdirectvr waren 26 Votanten erschiene«, und unter diesen drei Prälaten, so wie die vier (k. k.) Beamten des (k. k.) Prager Magistrates als Repräsentanten von Böhmens freiem Bürgerstand. Der Schlußantrag der Stände war bereits, wie gewöhnlich, vom Kanzlei- directvr, als Landtagssecretär, nach Angabe und nach Rücksprache mit dem Land- tagsdirectvr entworfen und ebenfalls, wie gewöhnlich, mit vielem Talente verfaßt, dessen ungeachtet aber nicht im Stande, das gewünschte Ziel zu erreichen. Dieser Entwurf schilderte in seinem Eingange, wie die Stände bei ihrer früheren Weigerung uicht nur nach ihrem vollen Rechte, soudern auch nach ihrer Pflicht gehandelt hätten, schloß aber merkwürdigerweise damit, daß sie (ob „des¬ halb" oder „dessenungeachtet" war nicht berührt,) den Willen Sr. Maj. zur Kenntniß nehmend die ganze Postulatssnmme treuwillfährigst übernehmen wür¬ den, sich aber über das, was Se. Maj. als unstatthaft erklärt habe, ent¬ schuldigen müßten. Hierauf erhoben sich nun nacheinander eilf Redner, von welchen der zweite (ein Landesoffizier), der zehnte (ein Mitglied des Herrcnstaudes) und der eilfte (der Prager Bürgermeister) für die Steuerüberuahme, die anderen acht gegen dieselbe sprachen. Die Rede des Landesvfsiziers war ein Seitenstück zu dem erwähnten Ent¬ Wurfe deö Kauzleidirectors, nur im Eingange, so wie im Schlüsse noch emphati¬ scher, demnach im Ganzen auch sich selbst um so widersprechender. Diese Wider¬ sprüche wurden im Laufe der Debatte klar aufgedeckt und der Herr Landesoffizier deshalb hart mitgenommen. Das Mitglied der Herrencurie, welches diesmal für die Steuerüberuahme, so wie bei allen anderen Gelegenheiten für alle Negierungsanfordernngen vorkämpft (jedoch erst seit kurzem), hatte wenig Glück, und auch der pathetische Anruf an die Loyalität der Stände gegen den König scheiterte an der nüchternen Gegen¬ erklärung, man habe eine viel zu hohe Meinung vou der Gerechtigkeitsliebe des Monarchen, um je zugeben zu können, daß dieser, in einem den Steuerpflichtigen von den Ständen zugefügten Unrecht, eiuen Akt der Loyalität gegen seine Person finden könne. Auch dem Prager Bürgermeister") ward kein besseres Loos. Er übersah Lande für dos Verwaltungsjahr 1848 geforderten Steucrsumme zu beharren finden. Insofern aber die Stände hinsichtlich der Art der Rcpartitivn jener Kosten Einwendungen zu machen haben, habt Ihr sie auf unsere allerhöchste Entschließung vom 8. Juli 1845 zu verweisen, in Folge welcher es ihnen zugestanden wäre und noch zusteht, die ihrer Meinung nach ent¬ sprechenden Bertheilungsmodalitätcn, jedoch abgesondert von der Postulatenerklä- rung, in Antrag zu bringen, wobei wir uns vorsehen, daß die Stände nun ohne allem wei¬ teren Verzug zur bereitwilligen Annahme des geforderten Stcucrpostulatcs, so wie zur Revar- tition der Steuerquote, somit auch zu dem Schluß des Landtags schreiten werden." *) Bei dieser Gelegenheit muß ich Ihnen bemerken, daß Herr Ritter von Müller sich qu»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/457>, abgerufen am 01.09.2024.