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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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Dis Tyroler Forstfrage.

Ein Wiener Korrespondent des Journals des östcrr. Lloyd tritt in Ur. 108 und
109 gegen eine Stimme aus Tyrol in Ur. 22 der Grenzboten über die Tyroler Forst-
frage "auf Kosten lakonischer Kürze" mit Berichtigungen hervor, die, so offiziell der
Standpunkt und die Quellen des Correspondenten auch sein mögen, weder richtig beleh¬
ren, noch der Sache frommen, die er vertreten will.

Der Verfasser dieser Zeilen hat den berührten Artikel in den Grenzboten nicht
geschrieben, und fand kaum Gelegenheit, ihn flüchtig zu lesen. Wie ihm aber bei die¬
sem Ueberblick schien, wollte der Tyroler eben nur sagen: einige obligate Seelen, zumal
Beamte und Landstände, wären alle geneigt, jede günstige Entscheidung unserer Lan-
desangelegenheiten als einen bloßen Gnadenact der Regierung zu begrüßen, so daß end¬
lich alles Rechtsbewußtsein im Wolke gleich den Mährlein und Sagen der Vorzeit da¬
hinschwinde. Wenn auch die Behauptungen und Beweisgründe in dem gerügten Artikel
nicht allesammt durch das strenge Beiurtheil des Wiener Correspondenten für zulässig
gefunden wurden, so zweifeln wir doch Hierlands, wo die Forstfrage Jahrzehends lang
Köpfe und Federn, am Ende auch die Gemüther stark beschäftigte, nicht im Mindesten,
daß der Verfasser des Aufsatzes in den Grenzboten ein wahres und wichtiges Wort
gesprochen.

Als vor etwa 20 Jahren etliche italienische Handelsleute angefangen halten, das
überflüssige Bauholz oft an Orten, die fast unzugänglich schienen, unsern Landsleuten
um geringes, allmälig aber um höheres Geld abzukaufen und außer Landes zu flößen,
so berechnete ein stellen- und besoldungsgieriger Finanzbcamtcr (ein Tyroler), welche
Ehre und Verdienst er gewinnen könnte, gelänge ihm's, die allg. Hofkammcr glauben
zu machen, ihre Verordnung vom 17. August 1822 Ur. 9270, womit sie -- ziemlich
zum Besten des tyrolischen Landvolks -- die Forstdirectivm genehmigt hatte, dann ihre
im fiskalischen Verstände allzu liberal lautenden Grundsätze vom 22. Febr. 1825, wo¬
nach die Gültigkeit der alten Waldordnungen durch die allgemeinen Landesgesetze und
durch das bürgerliche Gesetzbuch als beschränkt erklärt worden, endlich die ganze mehr
als ein halbes Jahrhundert bestandene Praxis mit den Waldrcchten in Tyrol sei nichts
als eitel Irrung und Schädigung der landesherrlichen Kammer, welcher einzig und
allein aus der Fülle der Hoheit "die Wälder und Hölzer" sammt Alpen, Auen und
Weidetrift eigenthümlich zustehen. Welcher Anschein von Gewinn, welche Aussicht
auf Cassencinnahmcn! Die aufmerksame Emsigkeit des alle Archive und bestaubte Acten¬
bündel durchstöbernden Kammeralisten fand nachgerade die von Motten übrig gelassenen
Entwürfe aller Waldordnungcn und Mandate aus der feudalen Mittelzeit, wo der
Landesherr sich vorbehielt, was er den Schwächern nicht lassen wollte. Da steht denn
geschrieben, was der actentrcuc Berichterstatter aus Wien dem'Journal des österreichi¬
schen Lloyd überlieferte, z. B. die erbauliche Stelle aus der ältern Waldordnung von
IStI, deren Gültigkeit und Bestand einstweilen vorausgesetzt ward. "Welcher oder


Dis Tyroler Forstfrage.

Ein Wiener Korrespondent des Journals des östcrr. Lloyd tritt in Ur. 108 und
109 gegen eine Stimme aus Tyrol in Ur. 22 der Grenzboten über die Tyroler Forst-
frage „auf Kosten lakonischer Kürze" mit Berichtigungen hervor, die, so offiziell der
Standpunkt und die Quellen des Correspondenten auch sein mögen, weder richtig beleh¬
ren, noch der Sache frommen, die er vertreten will.

Der Verfasser dieser Zeilen hat den berührten Artikel in den Grenzboten nicht
geschrieben, und fand kaum Gelegenheit, ihn flüchtig zu lesen. Wie ihm aber bei die¬
sem Ueberblick schien, wollte der Tyroler eben nur sagen: einige obligate Seelen, zumal
Beamte und Landstände, wären alle geneigt, jede günstige Entscheidung unserer Lan-
desangelegenheiten als einen bloßen Gnadenact der Regierung zu begrüßen, so daß end¬
lich alles Rechtsbewußtsein im Wolke gleich den Mährlein und Sagen der Vorzeit da¬
hinschwinde. Wenn auch die Behauptungen und Beweisgründe in dem gerügten Artikel
nicht allesammt durch das strenge Beiurtheil des Wiener Correspondenten für zulässig
gefunden wurden, so zweifeln wir doch Hierlands, wo die Forstfrage Jahrzehends lang
Köpfe und Federn, am Ende auch die Gemüther stark beschäftigte, nicht im Mindesten,
daß der Verfasser des Aufsatzes in den Grenzboten ein wahres und wichtiges Wort
gesprochen.

Als vor etwa 20 Jahren etliche italienische Handelsleute angefangen halten, das
überflüssige Bauholz oft an Orten, die fast unzugänglich schienen, unsern Landsleuten
um geringes, allmälig aber um höheres Geld abzukaufen und außer Landes zu flößen,
so berechnete ein stellen- und besoldungsgieriger Finanzbcamtcr (ein Tyroler), welche
Ehre und Verdienst er gewinnen könnte, gelänge ihm's, die allg. Hofkammcr glauben
zu machen, ihre Verordnung vom 17. August 1822 Ur. 9270, womit sie — ziemlich
zum Besten des tyrolischen Landvolks — die Forstdirectivm genehmigt hatte, dann ihre
im fiskalischen Verstände allzu liberal lautenden Grundsätze vom 22. Febr. 1825, wo¬
nach die Gültigkeit der alten Waldordnungen durch die allgemeinen Landesgesetze und
durch das bürgerliche Gesetzbuch als beschränkt erklärt worden, endlich die ganze mehr
als ein halbes Jahrhundert bestandene Praxis mit den Waldrcchten in Tyrol sei nichts
als eitel Irrung und Schädigung der landesherrlichen Kammer, welcher einzig und
allein aus der Fülle der Hoheit „die Wälder und Hölzer" sammt Alpen, Auen und
Weidetrift eigenthümlich zustehen. Welcher Anschein von Gewinn, welche Aussicht
auf Cassencinnahmcn! Die aufmerksame Emsigkeit des alle Archive und bestaubte Acten¬
bündel durchstöbernden Kammeralisten fand nachgerade die von Motten übrig gelassenen
Entwürfe aller Waldordnungcn und Mandate aus der feudalen Mittelzeit, wo der
Landesherr sich vorbehielt, was er den Schwächern nicht lassen wollte. Da steht denn
geschrieben, was der actentrcuc Berichterstatter aus Wien dem'Journal des österreichi¬
schen Lloyd überlieferte, z. B. die erbauliche Stelle aus der ältern Waldordnung von
IStI, deren Gültigkeit und Bestand einstweilen vorausgesetzt ward. „Welcher oder


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[0247] Dis Tyroler Forstfrage. Ein Wiener Korrespondent des Journals des östcrr. Lloyd tritt in Ur. 108 und 109 gegen eine Stimme aus Tyrol in Ur. 22 der Grenzboten über die Tyroler Forst- frage „auf Kosten lakonischer Kürze" mit Berichtigungen hervor, die, so offiziell der Standpunkt und die Quellen des Correspondenten auch sein mögen, weder richtig beleh¬ ren, noch der Sache frommen, die er vertreten will. Der Verfasser dieser Zeilen hat den berührten Artikel in den Grenzboten nicht geschrieben, und fand kaum Gelegenheit, ihn flüchtig zu lesen. Wie ihm aber bei die¬ sem Ueberblick schien, wollte der Tyroler eben nur sagen: einige obligate Seelen, zumal Beamte und Landstände, wären alle geneigt, jede günstige Entscheidung unserer Lan- desangelegenheiten als einen bloßen Gnadenact der Regierung zu begrüßen, so daß end¬ lich alles Rechtsbewußtsein im Wolke gleich den Mährlein und Sagen der Vorzeit da¬ hinschwinde. Wenn auch die Behauptungen und Beweisgründe in dem gerügten Artikel nicht allesammt durch das strenge Beiurtheil des Wiener Correspondenten für zulässig gefunden wurden, so zweifeln wir doch Hierlands, wo die Forstfrage Jahrzehends lang Köpfe und Federn, am Ende auch die Gemüther stark beschäftigte, nicht im Mindesten, daß der Verfasser des Aufsatzes in den Grenzboten ein wahres und wichtiges Wort gesprochen. Als vor etwa 20 Jahren etliche italienische Handelsleute angefangen halten, das überflüssige Bauholz oft an Orten, die fast unzugänglich schienen, unsern Landsleuten um geringes, allmälig aber um höheres Geld abzukaufen und außer Landes zu flößen, so berechnete ein stellen- und besoldungsgieriger Finanzbcamtcr (ein Tyroler), welche Ehre und Verdienst er gewinnen könnte, gelänge ihm's, die allg. Hofkammcr glauben zu machen, ihre Verordnung vom 17. August 1822 Ur. 9270, womit sie — ziemlich zum Besten des tyrolischen Landvolks — die Forstdirectivm genehmigt hatte, dann ihre im fiskalischen Verstände allzu liberal lautenden Grundsätze vom 22. Febr. 1825, wo¬ nach die Gültigkeit der alten Waldordnungen durch die allgemeinen Landesgesetze und durch das bürgerliche Gesetzbuch als beschränkt erklärt worden, endlich die ganze mehr als ein halbes Jahrhundert bestandene Praxis mit den Waldrcchten in Tyrol sei nichts als eitel Irrung und Schädigung der landesherrlichen Kammer, welcher einzig und allein aus der Fülle der Hoheit „die Wälder und Hölzer" sammt Alpen, Auen und Weidetrift eigenthümlich zustehen. Welcher Anschein von Gewinn, welche Aussicht auf Cassencinnahmcn! Die aufmerksame Emsigkeit des alle Archive und bestaubte Acten¬ bündel durchstöbernden Kammeralisten fand nachgerade die von Motten übrig gelassenen Entwürfe aller Waldordnungcn und Mandate aus der feudalen Mittelzeit, wo der Landesherr sich vorbehielt, was er den Schwächern nicht lassen wollte. Da steht denn geschrieben, was der actentrcuc Berichterstatter aus Wien dem'Journal des österreichi¬ schen Lloyd überlieferte, z. B. die erbauliche Stelle aus der ältern Waldordnung von IStI, deren Gültigkeit und Bestand einstweilen vorausgesetzt ward. „Welcher oder

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/247>, abgerufen am 01.09.2024.