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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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saftige Grün der herrlichen, nahgelegenen Buchenwälder erhöht den Farben-
wechsel der schönen Landschaft, und von den Bergen schauen trauernd die
Trümmer der Bodenlanbe und der Trimburg in das Thal hernieder, die alten
Thürme scheinen starr zu sein vor Verwunderung über das bunte Gewühl
von Menschen, ans allen Ständen, allen Nationen, das unter im Thale
herrscht. Das hätten die alten Burgherren und ihre ehrsamen Hausfrauen sich
nicht träumen lassen, daß das Wasser der Säuerlinge im Thale, mit dem
sie ihren Wein mischten, einst solche Berühmtheit erlangen würde, und die
Salzquellen, die sie wohl in hohen Sommertagen auch einmal benutzten,
um sich Kühlung zu verschaffe" und sich zu stärken, in späteren Tagen Ge¬
nesung Suchende aus allen Ländern um sich scheu würden. Ueber dieser
schönen Gegend, in der jene Heilquellen entspringen, ruht eine fast immer
gleiche Temperatur, und eine Luft weht in dem Thale, heilsam und er¬
quickend für je.den Leidenden. Das fühlt Niemand besser als die zahlrei¬
chen Kurgäste aus Berlin und den Sand-ebenen der Mark. Welch' ein
Unterschied zwischen dieser Alles belebenden Morgenluft, welche der frische
Waldgeruch der mit Laubholz bedeckten Höhen würzt, und der staubgefüllten,
trockenen Atmosphäre jener Gegenden. Am Besten wirkt Kissingens Luft auf
Nervenkranke, da mau in dem Saalthale die Leidenden so feindliche Trocken¬
heit der Lust während der Sommermonate nicht kennt.

Ueber Kissingens Heilquellen in chemischer und therapeutischer Bezie¬
hung ist fast zu viel geschrieben worden; wir wollen dieses den Herren
Aerzten und Chemikern überlassen, und führen blos an, daß die chemische
Analyse der Quellen von Hofrath Kastner in Erlangen bis jetzt die beste
ist und die ärztlichen Schriften von Wendt und Eisenmann: "über Kissin¬
gens Heilquellen," wohl am meisten deu Anforderungen der Wissenschaft
entsprechen. Auch über die geognostischen Verhältnisse von Kissingens Um¬
gebung wollen wir uns nicht weiter auslassen, wir begnügen uns damit,
zu erwähnen, daß die nächstgelegenen Anhöhen aus Muschelkalk und bunten
Sandsteine bestehen, in denen man außer fossilen Muscheln, wenig andere
Petrefacten findet.

Wir schlagen jetzt einen andern Weg ein, gehen die Saale aufwärts
nach Aschach und gelangen von da zu dem lieblichen Bocktet, das wir mit
den Worten des Dichters begrüßen:

Einsames Bädchen, wie geht dir'S?
Sprich, haben die Damen dich immer noch lieb?
Wie viel Helden entsprangen, holde Najade,
Deiner stählernen Quelle?

saftige Grün der herrlichen, nahgelegenen Buchenwälder erhöht den Farben-
wechsel der schönen Landschaft, und von den Bergen schauen trauernd die
Trümmer der Bodenlanbe und der Trimburg in das Thal hernieder, die alten
Thürme scheinen starr zu sein vor Verwunderung über das bunte Gewühl
von Menschen, ans allen Ständen, allen Nationen, das unter im Thale
herrscht. Das hätten die alten Burgherren und ihre ehrsamen Hausfrauen sich
nicht träumen lassen, daß das Wasser der Säuerlinge im Thale, mit dem
sie ihren Wein mischten, einst solche Berühmtheit erlangen würde, und die
Salzquellen, die sie wohl in hohen Sommertagen auch einmal benutzten,
um sich Kühlung zu verschaffe» und sich zu stärken, in späteren Tagen Ge¬
nesung Suchende aus allen Ländern um sich scheu würden. Ueber dieser
schönen Gegend, in der jene Heilquellen entspringen, ruht eine fast immer
gleiche Temperatur, und eine Luft weht in dem Thale, heilsam und er¬
quickend für je.den Leidenden. Das fühlt Niemand besser als die zahlrei¬
chen Kurgäste aus Berlin und den Sand-ebenen der Mark. Welch' ein
Unterschied zwischen dieser Alles belebenden Morgenluft, welche der frische
Waldgeruch der mit Laubholz bedeckten Höhen würzt, und der staubgefüllten,
trockenen Atmosphäre jener Gegenden. Am Besten wirkt Kissingens Luft auf
Nervenkranke, da mau in dem Saalthale die Leidenden so feindliche Trocken¬
heit der Lust während der Sommermonate nicht kennt.

Ueber Kissingens Heilquellen in chemischer und therapeutischer Bezie¬
hung ist fast zu viel geschrieben worden; wir wollen dieses den Herren
Aerzten und Chemikern überlassen, und führen blos an, daß die chemische
Analyse der Quellen von Hofrath Kastner in Erlangen bis jetzt die beste
ist und die ärztlichen Schriften von Wendt und Eisenmann: „über Kissin¬
gens Heilquellen," wohl am meisten deu Anforderungen der Wissenschaft
entsprechen. Auch über die geognostischen Verhältnisse von Kissingens Um¬
gebung wollen wir uns nicht weiter auslassen, wir begnügen uns damit,
zu erwähnen, daß die nächstgelegenen Anhöhen aus Muschelkalk und bunten
Sandsteine bestehen, in denen man außer fossilen Muscheln, wenig andere
Petrefacten findet.

Wir schlagen jetzt einen andern Weg ein, gehen die Saale aufwärts
nach Aschach und gelangen von da zu dem lieblichen Bocktet, das wir mit
den Worten des Dichters begrüßen:

Einsames Bädchen, wie geht dir'S?
Sprich, haben die Damen dich immer noch lieb?
Wie viel Helden entsprangen, holde Najade,
Deiner stählernen Quelle?

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[0233] saftige Grün der herrlichen, nahgelegenen Buchenwälder erhöht den Farben- wechsel der schönen Landschaft, und von den Bergen schauen trauernd die Trümmer der Bodenlanbe und der Trimburg in das Thal hernieder, die alten Thürme scheinen starr zu sein vor Verwunderung über das bunte Gewühl von Menschen, ans allen Ständen, allen Nationen, das unter im Thale herrscht. Das hätten die alten Burgherren und ihre ehrsamen Hausfrauen sich nicht träumen lassen, daß das Wasser der Säuerlinge im Thale, mit dem sie ihren Wein mischten, einst solche Berühmtheit erlangen würde, und die Salzquellen, die sie wohl in hohen Sommertagen auch einmal benutzten, um sich Kühlung zu verschaffe» und sich zu stärken, in späteren Tagen Ge¬ nesung Suchende aus allen Ländern um sich scheu würden. Ueber dieser schönen Gegend, in der jene Heilquellen entspringen, ruht eine fast immer gleiche Temperatur, und eine Luft weht in dem Thale, heilsam und er¬ quickend für je.den Leidenden. Das fühlt Niemand besser als die zahlrei¬ chen Kurgäste aus Berlin und den Sand-ebenen der Mark. Welch' ein Unterschied zwischen dieser Alles belebenden Morgenluft, welche der frische Waldgeruch der mit Laubholz bedeckten Höhen würzt, und der staubgefüllten, trockenen Atmosphäre jener Gegenden. Am Besten wirkt Kissingens Luft auf Nervenkranke, da mau in dem Saalthale die Leidenden so feindliche Trocken¬ heit der Lust während der Sommermonate nicht kennt. Ueber Kissingens Heilquellen in chemischer und therapeutischer Bezie¬ hung ist fast zu viel geschrieben worden; wir wollen dieses den Herren Aerzten und Chemikern überlassen, und führen blos an, daß die chemische Analyse der Quellen von Hofrath Kastner in Erlangen bis jetzt die beste ist und die ärztlichen Schriften von Wendt und Eisenmann: „über Kissin¬ gens Heilquellen," wohl am meisten deu Anforderungen der Wissenschaft entsprechen. Auch über die geognostischen Verhältnisse von Kissingens Um¬ gebung wollen wir uns nicht weiter auslassen, wir begnügen uns damit, zu erwähnen, daß die nächstgelegenen Anhöhen aus Muschelkalk und bunten Sandsteine bestehen, in denen man außer fossilen Muscheln, wenig andere Petrefacten findet. Wir schlagen jetzt einen andern Weg ein, gehen die Saale aufwärts nach Aschach und gelangen von da zu dem lieblichen Bocktet, das wir mit den Worten des Dichters begrüßen: Einsames Bädchen, wie geht dir'S? Sprich, haben die Damen dich immer noch lieb? Wie viel Helden entsprangen, holde Najade, Deiner stählernen Quelle?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/233>, abgerufen am 01.09.2024.