Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.sahen "ach allen Seiten um und fluchten mörderlich, daß ihnen der "Spitz¬ Der Paschhampel dachte an sein Weib und seine Kinder -- da wurde 14* .
sahen »ach allen Seiten um und fluchten mörderlich, daß ihnen der „Spitz¬ Der Paschhampel dachte an sein Weib und seine Kinder — da wurde 14* .
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0113" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184273"/> <p xml:id="ID_331" prev="#ID_330"> sahen »ach allen Seiten um und fluchten mörderlich, daß ihnen der „Spitz¬<lb/> bube" entkommen sei. Da sie von der Verfolgung sehr ermüdet waren, blie¬<lb/> ben sie einige Minuten stehen und gingen dann am Saume fort nach Mar-<lb/> schendors zu. Der Paschhampcl hob, nachdem auch ihre Schritte verhallt<lb/> waren, den Kopf in die Hohe, wagte aber nicht, auf den Kamm hincmszu-<lb/> brecheu, weil er fürchtete, die Jäger könnten irgendwo im Dunkel stehen ge¬<lb/> blieben sein. Er schob daher wie ein Hirsch beim Absetzen den Berg wieder<lb/> hinab und blieb im Schoppen des Hauses sitzen, wo er seine Hucke versteckt<lb/> hatte, und wollte warten, bis es Tag wurde. Die zweimalige Verfolgung<lb/> hatte ihn höchst verdrießlich gemacht. „Es ist doch ein Hundeleben", brummte<lb/> er vor sich hin, „und die Knochen thun es auch nicht mehr. Hätten mich<lb/> die Kerle noch eine Viertelstunde gejagt, ich hätt' mich geben müssen! Was<lb/> hat der Kaiser davon, daß er uus armen Leuten das Leben so sauer macht<lb/> — das war niemals im Gebirge, daß so aufgepaßt wurde und daß es hier<lb/> so viel Aufseher gab! Wenn man nnr schon seinen Lappen im Trockenen<lb/> hätte! es ist — Gott verzeih' mir die Sünde — ein verfluchtes Leben heut'<lb/> zu Tage!"</p><lb/> <p xml:id="ID_332"> Der Paschhampel dachte an sein Weib und seine Kinder — da wurde<lb/> ihm so unerklärlich bang, als wäre zu Hause ein großes Unglück geschehen.<lb/> Er stand auf und schüttelte sich, als wollte er die trüben Gedanken abwer¬<lb/> fen, aber es ging nicht und wurde ihm nur immer banger und trauriger.<lb/> Da hielt er's nicht mehr aus und pochte wieder an's Fenster. Der Bauer<lb/> sprang nun aus dem Bett, während das zerzauste Gesicht seiner Ehehälfte<lb/> hinter dem Vorhang sichtbar wurde und fragte: „Na Sakerment! was ist<lb/> denu schon wieder?" Er kam an's Fenster — der Paschhampcl gab sich zu<lb/> erkennen — der Bauer ließ ihn zur Thüre ein: „Wo kommst deun Du her?"<lb/> — „Heb' mir die Hucke auf, Krause! ich hol' sie heut Abends wieder ab,<lb/> — die Jäger haben mich zwei Mal vorgehabt!" — „S'ist gut Hampel, s'ist<lb/> gut! wo willst Du deun hin?" — „Ich muß uach Haus — sollt' ich heut<lb/> Abends nicht kommen, Krause! so schick' zum Seidclbaner in der jungen<lb/> Buche — aber ne! es ist doch besser, ich komme selber! Sldjes Krause!<lb/> Adjes Krausin! nichts für ungut, daß ich Sie aufgeweckt hab'." — „I<lb/> Herr je, Hampel", antwortete das Weib, „wenn er nur glücklich ausgewischt<lb/> ist! Was macht denn die seinige?" — „Alleweile war's gut, Krause»! schö¬<lb/> nen Dank für die Nachfrag'! — Na Adjes." Er ging und der Krause<lb/> machte die Thüre hinter ihm zu, und bevor er und sein Weib wieder ein¬<lb/> schliefen, schimpften sie erst »och eine gute Weile auf die Jäger, die den ar¬<lb/> men Leuten ihr Bischen Erwerb Schmälerten und „ihre Sache" wegnahmen.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 14* .</fw><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0113]
sahen »ach allen Seiten um und fluchten mörderlich, daß ihnen der „Spitz¬
bube" entkommen sei. Da sie von der Verfolgung sehr ermüdet waren, blie¬
ben sie einige Minuten stehen und gingen dann am Saume fort nach Mar-
schendors zu. Der Paschhampcl hob, nachdem auch ihre Schritte verhallt
waren, den Kopf in die Hohe, wagte aber nicht, auf den Kamm hincmszu-
brecheu, weil er fürchtete, die Jäger könnten irgendwo im Dunkel stehen ge¬
blieben sein. Er schob daher wie ein Hirsch beim Absetzen den Berg wieder
hinab und blieb im Schoppen des Hauses sitzen, wo er seine Hucke versteckt
hatte, und wollte warten, bis es Tag wurde. Die zweimalige Verfolgung
hatte ihn höchst verdrießlich gemacht. „Es ist doch ein Hundeleben", brummte
er vor sich hin, „und die Knochen thun es auch nicht mehr. Hätten mich
die Kerle noch eine Viertelstunde gejagt, ich hätt' mich geben müssen! Was
hat der Kaiser davon, daß er uus armen Leuten das Leben so sauer macht
— das war niemals im Gebirge, daß so aufgepaßt wurde und daß es hier
so viel Aufseher gab! Wenn man nnr schon seinen Lappen im Trockenen
hätte! es ist — Gott verzeih' mir die Sünde — ein verfluchtes Leben heut'
zu Tage!"
Der Paschhampel dachte an sein Weib und seine Kinder — da wurde
ihm so unerklärlich bang, als wäre zu Hause ein großes Unglück geschehen.
Er stand auf und schüttelte sich, als wollte er die trüben Gedanken abwer¬
fen, aber es ging nicht und wurde ihm nur immer banger und trauriger.
Da hielt er's nicht mehr aus und pochte wieder an's Fenster. Der Bauer
sprang nun aus dem Bett, während das zerzauste Gesicht seiner Ehehälfte
hinter dem Vorhang sichtbar wurde und fragte: „Na Sakerment! was ist
denu schon wieder?" Er kam an's Fenster — der Paschhampcl gab sich zu
erkennen — der Bauer ließ ihn zur Thüre ein: „Wo kommst deun Du her?"
— „Heb' mir die Hucke auf, Krause! ich hol' sie heut Abends wieder ab,
— die Jäger haben mich zwei Mal vorgehabt!" — „S'ist gut Hampel, s'ist
gut! wo willst Du deun hin?" — „Ich muß uach Haus — sollt' ich heut
Abends nicht kommen, Krause! so schick' zum Seidclbaner in der jungen
Buche — aber ne! es ist doch besser, ich komme selber! Sldjes Krause!
Adjes Krausin! nichts für ungut, daß ich Sie aufgeweckt hab'." — „I
Herr je, Hampel", antwortete das Weib, „wenn er nur glücklich ausgewischt
ist! Was macht denn die seinige?" — „Alleweile war's gut, Krause»! schö¬
nen Dank für die Nachfrag'! — Na Adjes." Er ging und der Krause
machte die Thüre hinter ihm zu, und bevor er und sein Weib wieder ein¬
schliefen, schimpften sie erst »och eine gute Weile auf die Jäger, die den ar¬
men Leuten ihr Bischen Erwerb Schmälerten und „ihre Sache" wegnahmen.
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