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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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willigt haben. Leider fand -die Sache bei Hof keine gute Aufnahme. Man sah es
scheel an, daß die ständischen Beamten systemisirte Theuerungsbciträgc erhielten, wäh¬
rend den Staatsbeamten blos Unterstützungsbeträgc gereicht wurden. Die Auszahlung
dieser Zuschüsse wurde von Wien aus scharf gerügt, indeß behielt sie für das Jahr
1846 ihren ungestörten Fortgang. Runmehr aber hörr man Zweifel äußern ob. die
Stände für 1847 diese Zuschüsse bewilligen würden ; allein bei Eavalicren, deren Reichthum
europäischen Ruf hat, unterliegt es keinem Zweifel, daß sie dieselben, für das Jahr 1847
um so zuversichtlicher anweisen werden als es für sie zur Ehrensache wurde und sie
zuverlässig die Konsequenz beibehalten werden, da sie in ihrem vorigen LandtagSbcschluß
ausdrücklich bestimmten, diese Beiträge auf die ganze Dauer der Theuerung zu bewilligen.

Und daß die Theuerung aller Lebensmittel und in Folge davon aller übrigen Le¬
bensbedürfnisse bedeutend großer ist als im Jahre I.84l> braucht reiner Beweise, da sie
jeder in seinem Haushalte genugsam erfährt. Es bleibt immerhin ein Räthsel, wie eine
Beamtenfamilie mit einem Gehalte unter 800 si. eristiren rönne. Sie muß entweder
lediglich Brot und Erdäpfel essen, aber auch diese sind theuer, oder sie muß Schulden,
machen, die sie nie bezahlen kann. Die Folgen werden und können nicht ausbleiben
und es werden Veruntreuungen und Unterschleife zum Vorschein kommen, die den Ruin
der Familie herbeiführen müssen. Eine traurige Thatsache, wenn dem Beamten als Lohn
für seine Leistungen, zu deren treuer und emsiger Erfüllung er mit den heiligsten Eiden
gebunden ist, Noth und Entbehrungen auferlegt werden ! Offenbare Jmmoralität, die auf
geradem Wege zum Meineid führt.

Die Besoldungen der Beamten sind unter den gegenwärtigen Uniständen zur Be¬
streitung der einfachsten Bedürfnisse nicht mehr ausreichend, denn die Bemessung dersel¬
ben rührt aus einer glücklicheren Zeitperiode der Regierung Maria Theresia's her, wo
die Lebensbedürfnisse und selbst Gegenstände des Luxus dergestalt wohlfeil waren, daß
die große Kaiserin in der Bestallung für einen k. k. Fähnrich sagt: ich verleihe ihm
deshalb eine monatliche Gage von 19 si., damit er anständig und sorgenfrei leben und
zu seiner Bequemlichkeit eine Equipage halten könne. O Zeiten wo seid ihr hin? und
wann kehret ihr wieder?




willigt haben. Leider fand -die Sache bei Hof keine gute Aufnahme. Man sah es
scheel an, daß die ständischen Beamten systemisirte Theuerungsbciträgc erhielten, wäh¬
rend den Staatsbeamten blos Unterstützungsbeträgc gereicht wurden. Die Auszahlung
dieser Zuschüsse wurde von Wien aus scharf gerügt, indeß behielt sie für das Jahr
1846 ihren ungestörten Fortgang. Runmehr aber hörr man Zweifel äußern ob. die
Stände für 1847 diese Zuschüsse bewilligen würden ; allein bei Eavalicren, deren Reichthum
europäischen Ruf hat, unterliegt es keinem Zweifel, daß sie dieselben, für das Jahr 1847
um so zuversichtlicher anweisen werden als es für sie zur Ehrensache wurde und sie
zuverlässig die Konsequenz beibehalten werden, da sie in ihrem vorigen LandtagSbcschluß
ausdrücklich bestimmten, diese Beiträge auf die ganze Dauer der Theuerung zu bewilligen.

Und daß die Theuerung aller Lebensmittel und in Folge davon aller übrigen Le¬
bensbedürfnisse bedeutend großer ist als im Jahre I.84l> braucht reiner Beweise, da sie
jeder in seinem Haushalte genugsam erfährt. Es bleibt immerhin ein Räthsel, wie eine
Beamtenfamilie mit einem Gehalte unter 800 si. eristiren rönne. Sie muß entweder
lediglich Brot und Erdäpfel essen, aber auch diese sind theuer, oder sie muß Schulden,
machen, die sie nie bezahlen kann. Die Folgen werden und können nicht ausbleiben
und es werden Veruntreuungen und Unterschleife zum Vorschein kommen, die den Ruin
der Familie herbeiführen müssen. Eine traurige Thatsache, wenn dem Beamten als Lohn
für seine Leistungen, zu deren treuer und emsiger Erfüllung er mit den heiligsten Eiden
gebunden ist, Noth und Entbehrungen auferlegt werden ! Offenbare Jmmoralität, die auf
geradem Wege zum Meineid führt.

Die Besoldungen der Beamten sind unter den gegenwärtigen Uniständen zur Be¬
streitung der einfachsten Bedürfnisse nicht mehr ausreichend, denn die Bemessung dersel¬
ben rührt aus einer glücklicheren Zeitperiode der Regierung Maria Theresia's her, wo
die Lebensbedürfnisse und selbst Gegenstände des Luxus dergestalt wohlfeil waren, daß
die große Kaiserin in der Bestallung für einen k. k. Fähnrich sagt: ich verleihe ihm
deshalb eine monatliche Gage von 19 si., damit er anständig und sorgenfrei leben und
zu seiner Bequemlichkeit eine Equipage halten könne. O Zeiten wo seid ihr hin? und
wann kehret ihr wieder?




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[0084] willigt haben. Leider fand -die Sache bei Hof keine gute Aufnahme. Man sah es scheel an, daß die ständischen Beamten systemisirte Theuerungsbciträgc erhielten, wäh¬ rend den Staatsbeamten blos Unterstützungsbeträgc gereicht wurden. Die Auszahlung dieser Zuschüsse wurde von Wien aus scharf gerügt, indeß behielt sie für das Jahr 1846 ihren ungestörten Fortgang. Runmehr aber hörr man Zweifel äußern ob. die Stände für 1847 diese Zuschüsse bewilligen würden ; allein bei Eavalicren, deren Reichthum europäischen Ruf hat, unterliegt es keinem Zweifel, daß sie dieselben, für das Jahr 1847 um so zuversichtlicher anweisen werden als es für sie zur Ehrensache wurde und sie zuverlässig die Konsequenz beibehalten werden, da sie in ihrem vorigen LandtagSbcschluß ausdrücklich bestimmten, diese Beiträge auf die ganze Dauer der Theuerung zu bewilligen. Und daß die Theuerung aller Lebensmittel und in Folge davon aller übrigen Le¬ bensbedürfnisse bedeutend großer ist als im Jahre I.84l> braucht reiner Beweise, da sie jeder in seinem Haushalte genugsam erfährt. Es bleibt immerhin ein Räthsel, wie eine Beamtenfamilie mit einem Gehalte unter 800 si. eristiren rönne. Sie muß entweder lediglich Brot und Erdäpfel essen, aber auch diese sind theuer, oder sie muß Schulden, machen, die sie nie bezahlen kann. Die Folgen werden und können nicht ausbleiben und es werden Veruntreuungen und Unterschleife zum Vorschein kommen, die den Ruin der Familie herbeiführen müssen. Eine traurige Thatsache, wenn dem Beamten als Lohn für seine Leistungen, zu deren treuer und emsiger Erfüllung er mit den heiligsten Eiden gebunden ist, Noth und Entbehrungen auferlegt werden ! Offenbare Jmmoralität, die auf geradem Wege zum Meineid führt. Die Besoldungen der Beamten sind unter den gegenwärtigen Uniständen zur Be¬ streitung der einfachsten Bedürfnisse nicht mehr ausreichend, denn die Bemessung dersel¬ ben rührt aus einer glücklicheren Zeitperiode der Regierung Maria Theresia's her, wo die Lebensbedürfnisse und selbst Gegenstände des Luxus dergestalt wohlfeil waren, daß die große Kaiserin in der Bestallung für einen k. k. Fähnrich sagt: ich verleihe ihm deshalb eine monatliche Gage von 19 si., damit er anständig und sorgenfrei leben und zu seiner Bequemlichkeit eine Equipage halten könne. O Zeiten wo seid ihr hin? und wann kehret ihr wieder?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/84>, abgerufen am 01.07.2024.