Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.brach die Baronin abermals das prosaische Gespräch. - "O bitte untertä¬ Jaromirchen hatte mittlerweile Brvdkugeln gedreht, jetzt fing er an zu "Gute Nacht allerseits" -- "Karl! leuchten!" -- "Geruhsame Nacht! Das freiherrliche Paar und der Pfarrer' gingen nach verschiedenen Sei¬ Theodor mußte, nachdem er zu müde war, um seinem Zögling noch eine *) Violoncello. 8*
brach die Baronin abermals das prosaische Gespräch. - „O bitte untertä¬ Jaromirchen hatte mittlerweile Brvdkugeln gedreht, jetzt fing er an zu „Gute Nacht allerseits" — „Karl! leuchten!" — „Geruhsame Nacht! Das freiherrliche Paar und der Pfarrer' gingen nach verschiedenen Sei¬ Theodor mußte, nachdem er zu müde war, um seinem Zögling noch eine *) Violoncello. 8*
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brach die Baronin abermals das prosaische Gespräch. - „O bitte untertä¬
nigst, das kann ich selber —". — „Spielen Sie auch Orgel?" - - „Ja,
hochwürdiger Herr!" — „Und Geige auch?" — „Auch, hochwürdiger Herr!"
— »Da können Sie gleich Sonntag in der .Arche mitspielen, was Sie
wollen, Orgel oder Violin, wir haben recht gute Musikanten hier, der Schul-
lehrer hat einen Mordbaß -- und der Janda von Komar war Trompeter
bei Kaiser Kürassier, den müssen Sie bei'der Auferstehung hören'. Der Ge¬
hülfe spielt Bassettel*) und singt Tenor — und die älteste Tochter vom Schul¬
meister könnte alle Tage auf dem Theater singen!" — „Wenn sie nur nicht
solche Gesichter machte," warf die Baronin ein — Jaromir aber ahmte gleich
die arme Sängerin nach, verdrehte die Augen und kreischte „Gloria, Gloria!"
in den höchsten Tönen — „So macht's die Schulmeisterpepka, Herr Ne-
stiisny!" — „Jaromir! Du wirst gleich schlafen gehen, ungezogener Junge
Du!" — „Der Herr Nest-i,fry wird ihm das schon vertreiben," ergänzte der
Freiherr und brachte das Gespräch, das ihm zu poetisch wurde, auf seine Brau¬
nen. — „Haben die Pferde ordentlich gefressen, Nestasny?" — „Aufzuwar-
teu, freiherrlichen Gnaden! von ein Uhr bis vier Uhr." — „Sie singen ja
auch, Herr Nestusny?" fragte die Baronin. - „Unterthänigst aufzuwarten,
ja! ich habe beim Chor im böhmischen Theater mitgesungen!"
Jaromirchen hatte mittlerweile Brvdkugeln gedreht, jetzt fing er an zu
gähnen und legte den Kopf auf den Tisch — die Uhr schlug zehn, der Pfar¬
rer steckte die Dose ein und brummte „>>nri>, t.iuw»lei>,"!
„Gute Nacht allerseits" — „Karl! leuchten!" — „Geruhsame Nacht!
Küsse die Hand Euer Gnaden!" — „Wohl zu schlafen, Herr Pfarrer!"
Das freiherrliche Paar und der Pfarrer' gingen nach verschiedenen Sei¬
ten ab, Theodor und Jaromir warteten noch auf Karl, der mit Stiefeln
und Kleidern über dem Arme erst nach langer Weile wiederkam und ohne
ein Wort zu sprechen den Hofmeister und seinen Eleven in ihr Zimmer lei¬
tete. Hier stellte er ihnen Wasser und Handtücher zurecht, und empfahl sich
mit einem unverständlichen Brummen. Theodor, der in seinem Leben Nie¬
mand aus oder angezogen hatte, fand das ganz in der Ordnung, nicht aber
Jaromirchen, der sich auf einen Stuhl setzte und rief „Wer wird mich denn
ausziehen?" — „Das müssen Sie selbst lernen!" sagte Theodor! — „Das
soll der Karl machen, der zieht auch den Papa aus!"
Theodor mußte, nachdem er zu müde war, um seinem Zögling noch eine
Anleitung über die Vortheile und Handgriffe dieser nachadamitischcn Erfiu-
*) Violoncello.
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